"Wenn nichts fehlt, wo Gott fehlt". Zur Lage der christlichen Religion in Deutschland, in der Moderne überhaupt
Jan Loffeld fordert in seinem Buch:"Wenn nichts fehlt, wo Gott fehlt" die Christen von heute auf: "Erkennen wir an, dass Menschen ohne Religion ein sinnvolles und glückliches Leben führen können. Machen wir uns oder anderen nichts vor, dass wir wichtig und unentbehrlich sind, dass wir ein Monopol auf ein erfülltes Leben haben. Wir sind nur eines der Angebote, die wir heute ansprechen und wahrscheinlich auch in Zukunft an eine Minderheit richten werden." 1
In dem Aufsatz: „Religiöser Indifferentismus als Herausforderung“ wird der Hintergrund des Buches von Herrn Loffeld erläutert, daß als eine Kritik der Säkularisierungsthese, daß in den modernen Gesellschaften ganz selbstverständlich die Religionen verschwinden würden behauptet wurde, daß nicht die Religionen verschwänden, sondern daß sie nur einem Gestaltwandel unterlägen:
„Die Individualisierungsthese macht geltend, dass die Erosion der kirchlichen Institution mit dem Aufblühen privatisierter Formen von Religion einhergehen kann, die jenseits der Kirchen oft unsichtbar ihren Ausdruck findet. Auch die Pluralisierungsthese hebt darauf ab, dass es in modernen Gesellschaften eine Vielfalt von Weltbildern und Lebensformen gibt, die sich abseits der verfassten Religionsgemeinschaften artikulieren und zu einer "Verbuntung" (Paul M. Zulehner) der religiösen Landschaft beitragen. Im Hintergrund steht die Annahme, dass bei allem gesellschaftlichen Wandel Religion ein konstanter Faktor bleibe.“2
Dies erwiese nun das Buch Jan Loffelds als eine trügerische Ilusion: Der moderne Mensch könne gut ohne jede Religion leben, er bedürfe auch keiner Religionssurrogte. Das müsse die Theologie und Kirche als die unhintergehbare Wirklichkeit anerkennen. Nur wenige könne so die Kirche mit ihren Angeboten erreichen! Es existiert eben keine anthropologisch feststellbare Geneigtheit des Menschen zur Religion, daß er eben von seiner Natur aus ein religiöses Wesen sei.
Daß der Mensch von Gott her als ein auf ein Gemeinschaftsleben mit Gott hin geschaffenes Wesen ist, wird dann einfach durch den empirischen Befund des weitestgehenden Desinteresses an der Religion und dann auch an bestimmten Religionen erwiesen. ( Betrachte ich daraufhin meinen Bekanntenkreis, muß ich erstmal diesem Befund zustimmen: Nicht einmal ein Gespräch über ein religiöses Thema kommt noch zustande ob des völligen Desinteresses an allem Religiösen.)
Man könnte aber einwenden, daß Religionssurrogate an die Stelle der Religion getreten sind, die tatsächlich für deren Anhänger vollständig die menschlichen Bedürfnisse befriedigen, für die sonst die Religion zuständig wäre. Meinem Eindruck nach wird dabei eine biologistisch-naturalistische Weltsicht bevorzugt,der Glaube an die gute Natur, ihr Gutsein und der Wille zu einem natürlichen Leben, wobei dann alle Übel der Welt aus dem Beherrschenwollen der Natur, das zu ihrer Zerstörung führe, entspringen würden. Solch eine Natürgläubigkeit könnte als das meistverbreitete Surrogat für die christliche Religion zumindest in der „Westlichen Welt“ angesehen werden. Aber das ist nur mein Eindruck und keine verifizierte Tatsachenfeststellung.
Aber wesentlicher ist dies, daß eine Zentralaussage Jesu Christi genau zu dieser Causa völlig in Vergessenheit geraten ist: „Die Straße zur Hölle ist breit und ihre Tür steht für die vielen weit offen, die sich für den bequemen Weg entscheiden. Das Tor zum Leben dagegen ist eng und der Weg dorthin ist schmal, deshalb finden ihn nur wenige.“ Mt 17,13f. Früge man die vielen auf dem breiten Wege wandelnden, ob sie mit ihrem Leben zufrieden seien, wer zweifelte daran, daß sie mit einem „Ja“ antworten würden. Ja, dieser breite Weg ist gerade der uns Menschen gefallende, den intellektuell Anspruchsvollere dann als einen sinnerfüllten Lebensweg bezeichnen, die meisten aber urteilen: „Da geht es mir gut!“ Der bequeme Weg ist eben der wohlgefälligere, den stets die Mehrheit der Menschen folgen wird. So urteilt nun aber nicht irgendein Kulturpessimist sondern Jesus Christus selbst.
Thomas Halik urteilt so: „Sowohl die "Kulturkriege" als auch die Anpassung an den "Zeitgeist" werden den Säkularisierungsprozess nicht aufhalten. "Konservative" und "Progressive" täuschen sich über die Ursachen der Säkularisierung. Das Vorwort zur tschechischen Ausgabe von "Wenn nichts fehlt, wo Gott fehlt".3 Unter dem Kulturkrieg wird hier verstanden, daß die christliche Religion sich antimodernistisch inszeniert und die ebenso wenig erfolgsverheißende Alternative wäre dann die Modernisierung der Kirche, das in Deutschland vorherrschend praktizierte Konzept.
Kritikwürdig ist aber die Prämisse dieses Buches: „Wenn nichts fehlt, wo Gott fehlt“, daß die christliche Religion nichts anderes sei als eine Ware des freien Marktes, von der nun sein Verkäufer feststellen müsse, daß kaum noch eine Nachfrage nach ihr bestünde, sodaß nun eine kritische Überprüfung der Warenqualität anstünde: Ist sie noch verkaufbar? Entspricht sie noch den Konsumwünschen des modernen Menschen, oder habe man sich damit abzufinden, nur noch ein Nischenprogramm anzubieten mit sehr geringen Einschaltquoten? Die Prämisse dieser Vorstellung ist die, daß ein Mensch zu seinem Glauben kommt, so wie er auch in einem Buchgeschäft das ihm zusagende Buch erwirbt. Nun stellt der theologische Verkaufsberater Loffeld fest, daß die christliche Religion ein Ladenhüter sei und auch alle Modernisierungsversuche, die Bibel in zeitgemäßer Sprache zu übersetzen, sie nicht mehr zu einem Bestzellerroman werden läßt.
1Zitiert nach „Communioartikel“ vom 21.3.2025: „Ich habe mir Illusionen gemacht“.
2Zitiert nach dem „Communioartikel“ vom 21.3.2025: „Religiöser Indifferentismus als Herausforderung““
3Zitiert nach dem „Communioartikel; „Ich habe mir Illusionen gemacht“ vom 21,3,2015
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