Samstag, 15. März 2025

 

Über ein vergessenes oder in seiner Bedeutsamkeit verdrängtes Sakrament – ein Beitrag zum Niedergang der Kirche



Nun hatten wir noch eine große Bedenklichkeit und Sorge auf dem Herzen.Daß wir an der lieben Ertrunkenen Stelle die Gefundne behalten und aufziehen wollten,war freilich sehr bald ausgemacht;aber wer konnte nun wissen,ob das Kind getauft sei,oder nicht?Sie selber wußte darüber keine Auskunft zu geben.Daß sie eine Kreatur sei1,zu Gottes Preis und Freude geschaffen, wisse sie wohl,antwortete sie“.So lesen wir es in der wunderbaren Erzählung des Romantikers: Friederich de la Motte Fouque: Undine, 2.Kapitel2.

Ist für einen heutigen Leser diese Sorge dieser Pflegeeltern noch nachvolziehbar oder erscheint es ihm nur als ein Element der Märchenwelt, in die der dies Werk Lesende eintaucht, wenn er denn noch einen fiktiven Text lesen kann und er nicht sich selbst aus dem Lesen herausruft durch den Einwand, daß das Erzählte doch nur etwas rein Erphantasiertes sei. Welche Vorstellungen, heute selbst in der Kirche lebendig, verhindern denn nun ein sachgemäßes Verständnis des Taufsakramentes? Die vulgärste ist wohl die, daß durch die Taufe der Zutaufende in die Kirche aufgenommen würde sodaß die Anfrage, warum das Kind denn schon als Baby und nicht erst als selbst über seine Kirchenmitgliedschaft entscheiden Könnender getauft wird, unbeantwortbar bleibt. Etwas niveauvoller ist dann schon die Vorstellung, daß, weil Gott jeden Menschen liebe, als ein Zeichen dieses Geliebtwerdens seitens Gottes es getauft würde. Die Taufhandlung zeigt somit die Liebe Gottes zu diesem Kinde an, die ihm völlig unanhängig von der Spendung des Taufsakramentes gälte und deswegen genau genommen überflüssig ist.Es darf aber vermutet werden, daß die Taufe bei solch einem Taufverständnis mehr als eine Feier der elterlichen Liebe zu ihrem eigenen Kinde empfunden wird als daß hierbei Gottes Liebe zu dem Täufling in dem Vordergrunde stünde.

Daß durch den Vollzug der Taufe Gottes Verhältnis zu dem Getauften sich ändert, das Zentrum der Lehre vom Taufsakrament, das ist eben heutzutage völlig in Vergessenheit geraten. Der reformierte Theologe Karl Barth schlug deshalb eine völlige Neudeutung dieses Sakramentes in seiner Dogmatik vor, daß sie eine Antworthandlung auf Gottes ihm geltende Liebe sei als das Fundament der Ethik. Deswegen könne auch nur die Taufe an Mündige und nicht an Kleinkinder als angemessene kirchliche Praxis angesehen werden. Von diesem rabiaten Angriff auf die Taufe blieb aber in der reformierten Praxis nur übrig, daß es den Eltern völlig freigestellt wird, ob sie ihr Kind als Baby oder später als Selbstentscheidenkönnender taufen lassen wollen. Damit wird aber nun bestätigt, daß die Taufe nichts Gutes bewirkt, denn bewirkte sie etwas Gutes für den Zutaufenden, würden die Eltern dies Gute ihrem Kinde nicht vorenthalten wollen.

Was ist nun die Sorge der Pflegeeltern der Undine? Auch wenn diese romantische Erzählung eine nach der Aufklärung ist, setzt diese Sorge noch die Sorge um das Seelenheil voraus, daß man tatsächlich Jesus recht gibt, wenn dieser göttliche Lehrer dem Schüler Nikodemus in einem Nachtgespräch darin unterweist, daß der Empfang des Taufsakramentes heilsnotwendig ist. Wer nicht von Neuem geboren wird durch die Taufe, kann nicht in das ewige Leben eingehen, so lehrt es Jesus Christus selbst in Joh 3,1-7.

Es ist wirklich ein Nachtgespräch, nicht nur im zeitlichen Sinne. Hier werden dunkle Seiten des Lebens angesprochen, die das Licht der Aufklärung wegleuchten möchten, daß Gott in seinem Endgericht auch „Nein“ sagen kann zu Menschen, daß sie so nicht eingehen werden in das Reich Gottes, daß er sein „Nein“ sagt, weil wir Menschen Sünder sind und nichts Unreines in sein Reich eingehen kann! Ja, die Praxis der Babytaufe erklärt sich in ihrer Wahrheit allein aus der Erbsündenlehre, daß wir Menschen von Anfang an so sehr von der Sünde Bestimmte sind, daß wir der Reinigung durch dieses Sakramentes bedürfen, um erst wieder Kinder der Liebe Gottes zu werden. In der Taufe treten wir eben auch in diese Nachtseite des Lebens ein, die bestimmt ist von dem Glauben an Gottes Zorn über uns Sünder, daß es Gott wirklich ernst ist mit seiner Gerechtigkeit, die den Sünder strafen will. Ja sie mutet uns gar zu, unser schicksalhaftes Bestimmtsein durch die Ursünde Adams und Evas anzuerkennen, statt in jedem Neugeborenen nur die pure Unschuld zu sehen, daß jeder erst im Laufe seines Lebens durch seine freien Entscheidungen sich zu einem bestimmten Menschen entwickelt, eben eventuell auch zu einem bösen.

Aber das Neugeborne, das ist die pure Unschuld, ist eben auch gesund, so erhoffen es ihre Eltern wenigstens und bedarf so als Kind sehr viel an elterlicher Liebe nur eines gewiß nicht, das Sakrament der Taufe zur Vergebung seiner Sünden. Indem so nun die Nachtseite des Taufsakramentes völlig weggekärt wird, verschwindet aber ebenso die Lichtseite dieses Sakramentes: Wie sollte auch einem völlig Gesunden eine von einem Arzt verschriebene Medizin etwas bedeuten können, wenn er sich der allerbesten Gesundheit erfreut? Ohne die dunkle Nacht kann es auch keinen lichten Tag geben – auch das könnte von der aufklärungskritischen Romantik gelernt werden. Dabei ist die Romantik nun nicht eine einfache Rückkehr zu einem voraufklärerischen Denken, in eine sgechlichte Naivität sondern ihre Aufhebung in eine sachgemäßere Erkenntnis des Lebens.

Zum Schluß etwas Erfreuliches: Fouque zu lesen ist ein einzigartiges Lesevergnügen!


(Die Fußnoten sind verrutscht und wollen nicht höher klettern, sind aber "unten".








































1.Daß sie eine Kreatur sei, aber daß Undine kein Mensch ist, dieses Wesentliche dieser Erzählung Fouques, bleibt hier unberücksichtigt, auch wenn die Interpretation Arno Schmidts, daß eine unglückliche Liebe des Autors zu einer Frau den biographischen Hintergrund dieser Erzählung bilde, als der Erzählung nicht gerecht werdend, abzulehnen ist. Es sei aber auf die gar nicht genug zu bewundernde Neuinterpretation der „Undine“ in dem Film „Undine“ Film von Petzold verwiesen, die gerade dem nichtmenschlichen Charakter Undines gerecht wird als einem Wasserwesen.

2Es sei die Ausgabe in der „Bibliothek der Erstausgaben“ von „dtv“ hier empfohlen, da durch die sonst übliche Modernisiererrei der Text entstellt wird, als wenn die Orthographie eines Textes für den Gehalt des Textes völlig gleichgültig wäre. Das ist ein doketistisches Textverständnis, es gleicht der Meinung, daß für den Sohn Gottes sein menschlicher angenommener Körper gleichgültig sei.

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