Montag, 21. Dezember 2015

Gott und die Meinungsfreiheit

Wer auch nur oberflächlichst den gegenwärtigen politischen Diskurs wahrnimmt, kann eine Tendenz nicht überlesen, daß in vielfältigsten Variationen ein Zuviel an Meinungsfreiheit in Deutschen Landen beklagt wird. Ob die Junge Freiheit mit der Begründung der Niveaulosigkeit vieler zugesandter Kommentare zu ihren Artikeln erwägt,die Kommentarfunktion zu schließen, wobei Niveaulosigkeit wohl als Tarnbegriff für ein Zuviel an Kritik an der Generallinie der JF fungiert, ob in Dresden erwogen wird, die PEGIDA-Demonstrationen zu verbieten, ob das Sonntagsblatt zu Passau jubelt, weil nun Meinungsäußerungen auf Facebook, die eben derb bayrisch formuliert ihr Nein zur Asylpolitk der Regierung kritisiert haben  vor Gericht behandelt werden, oder ob eine Publikation des Verlages: Pro fide catholica, die kritisch sich zur jüdischen Religion äußert, als jugendgefährdend eingestuft wird, sodaß sie nicht mehr beworben werden darf  und ob man nicht mehr sicher sein kann, wegen der Meinungsäußerung, praktizierte Homosexualität sei Sünde, anzeigbar sich macht- in solchen Zeiten der eingeschränkten Meinungfreiheit ist es eben auch eine Anfrage an die Theologie, wie sie denn zu der Causa der Meinungsfreiheit steht. 
Eines kann sofort gesagt werden, daß der adamitische Mensch, und in jedem von uns steckt ein adamitisches Erbe,unter der Meinungsfreiheit versteht, daß er selbst seine Meinung frei äußern darf, ohne mit Diskriminierungen oder gar einer staatlichen Verfolgung rechnen zu müssen, daß er es aber schon als einen Mißbrauch der Freiheit ansieht, wenn Andersdenkende auch ihr Meinen öffentlich zum Ausdruck bringen wollen.Selbstredend ist dieser egozentrische Standpunkt auch theoretisch legitimierbar: Meine Meinung  zu etwas ist die Wahrheit und es gibt kein Recht zur Veröffentlichung von Unwahrheiten, zumal die dann auch, weil unwahr schädigend sich auswirkten, ließe man ihre Veröffentlichung zu. So gibt es in der Kirche eine lange Tradition, die Verbreitung von unwahren theologischen Aussagen zu verhindern, unter Strafe stellen zu lassen, um Menschen vor den Gefahren von Häresien zu bewahren. Damit der Mensch sich durch Unwahres nicht verführen läßt zu einem sündigen Tuen, ist die Veröffentlichung von Unwahrem zu verbieten- so sollte es wenigstens in einem gut regierenden Staat sein. Von diesem Standpunkt wich dann die Kirche erst ab, als sie selbst Opfer staatlicher Einschränkungen ihrer Publikationen wurde, als Staaten im Namen ihrer Ideologie die Wahrheit der Kirche verbieten wollten.  
Diese Lust auf ein Weniger an Meinungsfreiheit könnte nun rein politisch analysiert werden, sodaß die Analyse auf eine Krise der Hegmonie der politisch Linken stieße als Grund dafür, die Freiheit einzuschränken, um die eigene Vorherrschaft im kulturellen Raume zu erhalten. (Anbei: diese Hegemonie der Linken ist noch so dominant, daß selbst eine C-Bundeskanzlerin faktisch linke Politik betreibt, weil auch sie sich dieser Macht unterwirft.  In der Katholischen Kirche ist die Praxis der Unterwerfung schon so alltäglich, daß sie in Deutschen Landen gar nicht mehr auffällt.) 
Aber es ist doch zu fragen, ob es auch eine wirklich theologische Antwort auf das Problem der Meinungsfreiheit gibt, insofern darunter verstanden wird, daß eben auch nicht nur unwahre Meinungen sondern auch das Miteinander der Menschen gefährdende Meinungen vertreten werden. 
Als Probe aufs Exempel wird nun der extremste Fall eines "Mißbrauches" der Meinungfreiheit in Erinnerung gerufen. Der Fall ist uns allen bekannt, aber wohl nicht unter dieser Fragestellung: Warum ließ Gott es zu, daß der Teufel in der Tarngestalt der Schlange Eva und Adam zum Sündigen verführte? Hätte er nicht als fürsorglicher göttlicher Vater Adam und Eva vor der Schlangenlist bewahren müssen? Warum gewährte er stattdessen der Schlange ein Rederecht im Paradiese? Schlimm genug, daß der Teufel im Paradiese war, aber seine Stimme zu erheben, und so so großes Unheil anzurichten, dem hätte der göttlicher Vater doch wehren müssen. In seiner Allwissenheit wußte Gott voraus, wie und wozu die Schlange die ihr zugestandene Redefreiheit gebrauchen würde und er wußte voraus, daß Adam und Eva sich durch den Teufel versuchen lassen werden, daß sie fallen werden. Wäre es nicht ein Gebot der Liebe zu seinen Geschöpfen gewesen, sie vor einer solchen Versuchung zu bewahren und die Schlange zum Schweigen zu zwingen, indem er ihr das Rederecht entzog?  Ein Aspekt wird dabei aber überlesen: daß Adam und Eva sich freiwillig versuchen ließen, denn sie hätten der Versuchung widerstehen können. Der Ausruf, die Schlange verführte mich, muß so die selbstkritische Aussage folgen: Und ich ließ mich verführen! Gott gab dem Menschen so sehr die Freiheit, daß er ihren Mißbrauch, sich vom Teufel verführen zu lassen, nicht ausschloß! Warum? Weil eine gewährte Freiheit, die den Mißbrauch der gewährten Freiheit ausschlösse, keine Freiheit wäre. Ein Mensch, den Gott so geschaffen hätte, daß er notwendig immer nur das Gute wollte und täte, wäre kein Mensch, weil er so ein unfreies Wesen wäre. Er gliche mehr einem Roboter, mit künstlicher Intelligenz ausgestattet als denn einem Menschen. 
Wäre das oberste Ziel des Menschen, daß er immer richtig handelte, im Sinne der Gebote Gottes, Gott hätte ihm keinen freien Willen gegeben und dann hätte der Mensch perfekt funktioniert wie eben eine gut konstruierte Maschine, ein Roboter. Nur, als Roboter hätte er nie moralisch wollen und handeln können, weil er nur gemäß seiner Programmierung funktionierte oder bei Defekten nicht funktionierte. Eine Handlung, die moralisch qualifizierbar ist, als gutes Werk oder als Sünde setzt denknotwendig ein Subjekt voraus, das freiwillig entweder das Gute oder das Böse tuen kann. Denn das Gute ist nur dann gut gewollt und gut getan, wenn das Handlungssubjekt auch die Möglichkeit besitzt, nicht gut zu wollen und zu handeln. Nähme Gott ihm diese Freiheit, könnte der Mensch nicht mehr moralisch handeln- Gott schüfe eine Welt, in der es keine Moral und keine Tugenden geben könnte, weil die von ihm geschaffenen Wesen dann notwendig gut handelten, jetzt aber im Sinne von: gut funktionieren. 
Gott wolle so sehr die Freiheit des Menschen, damit er moralisch handeln kann, daß er um der Freiheit willen selbst und gerade dem Teufel das Rederecht im Paradiese gewährte.Damit ist noch etwas mitgesetzt: daß das Leben der Freiheit eines ist, daß immer im Kampfe gegen die Versuchung zum Bösen existiert, solange der Mensch noch nicht im Reich Gottes lebt. Gott nimmt den Menschen diese Freiheit nicht, aber- und das gehört nun zum Wesen der Freiheit- er macht ihn für sein Tuen und Unterlassen verantwortlich, denn Gott ist es nicht gleichgültig, wie wir unsere Freiheit leben. 
Angesichts der Geschichte der Mißbräuche dieser uns gewährten Freiheit ist es nur verständlich, sie einschränken zu wollen. Aber Gott regiert hier anders: Er beläßt den Menschen seine Freiheit und macht ihn dann auch verantwortlich für den Mißbrauch. Die Redefreiheit für den Teufel, gerade diese läßt Gott zu, damit der Mensch sich in den Versuchungen und Prüfungen dann bewähren kann. Denn wie sollte man auch einen Menschen als tugendhaft ansehen, hätte er nie Versuchugen zum Bösen erlitten und wäre in ihnen nicht gefallen. So gesehen gibt es keinen größeren Befürworter uneingeschränkter Rede- und Meinungsfreiheit als Gott selbst!                                                     

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