Dienstag, 29. Dezember 2015

Evangelisieren und Proselytenmacherei / Papst Franziskus dazu

"Der Proselytenmacher will überzeugen; er macht Druck, spielt auf den Ängsten, den Gefühlen, den Interessen der Menschen Klavier." Kath net verblüfft uns am 28. 12. unter der Überschrift:" Lasst euch nicht einschüchtern", mit dieser Charakterisierung der Prosyletenmacherei.Evangelisation sei dagegen etwas ganz anderes: Teilhaben lassen an der Freude am Evangelium. Im Hintergrund steht die Praxis, jede Art von Mission unter Andersgläubigen als Prosyletenmacherei zu diffamieren. Dabei wird auf die urchristliche Kritik der jüdischen Mission unter Heiden rekurriert. Jesus Christus urteilt so: " Wehe euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler! Ihr zieht über Land und Meer, um einen einzigen Menschen für euren Glauben zu gewinnen ; und wenn er gewonnen ist, dann macht ihr ihn zu einem Sohn der Hölle, der doppelt so schlimm ist wie ihr selbst." (Mt 23, 15) Der Lehrer der Wahrheit urteilt hier hart, indem er der jüdischen Mission unter Heiden vorwirft, sie machten die Bekehrten zu Söhnen der Hölle. Mit Hölle ist hier selbstredend der Ort der ewigen Verdammnis gemeint: Weil sie den jüdischen Glauben annehmen, schließen sich die Bekehrten vom ewigen Heil aus. Nicht gibt es irgendeinen Hinweis darauf, daß die Schriftgelehrten und Pharisäer mit unlauteren Mitteln missionierten, etwa im Stile einer "Drückerkolonne", die etwa mit allen Mitteln Zeitschriftenabos an den Haustüren verkaufen wollen. Der Vorwurf der Heuchelei bezieht sich allein auf die Differenz, was sie dem Heiden verheißen, wenn er den jüdischen Glauben annimmt und was er als jüdisch Gläubiger wirklich erlangen wird, nicht das ewige Leben sondern den ewigen Tod. Der Vorwurf der Proselytenmacherei ist also der, daß zu einer falschen Religion bekehrt wird und daß das das Verwerfliche dieser Praxis ist in den Augen Jesu Christi!
Aber von dem will man selbstredend nichts mehr wissen in den Zeiten des interreligiösen Dialoges. Es findet nun eine Verschiebung statt: daß Unangemessene der Proselytenmacherei sei das Wie der Missionierung, daß die Gefühle und Ängste der Menschen angesprochen werden, daß Angst gemacht würde und- und das ist nun etwas Neues, wenn man "überzeugen" will! Gleichgültig ist dagegen, ob für die wahre oder für eine falsche Religion missioniert wird.
Wer missioniert, darf also den Adressaten nicht überzeugen wollen! Was dann? Es soll dem Adressaten Anteil gegeben werden an der Freude des Evangeliums! Wenn der Mensch, insofern er denkt, Ansprechpartner für überzeugende Argumente ist,wenn er als Fühlender Adressat der Teilhabe am Sichfreuen über etwas ist, dann meint das: Evangelisation hat die Adressaten primär gefühlsmäßig anzusprechen und nicht cognitiv. Das ist sicher eine Strategie, die in antiintellektualistischen Zeiten gut ankommt, widerspricht aber vollkommen dem Wesen der christlichen Religion als Religion der offenbarten und offenbaren Wahrheit.Gefühl soll nun alles sein!
Aber nicht jedes: nur das der Freude! Überzeugen dagegen bedeutete, vom Ernst der Lage des Menschen zu reden, daß er Sünder ist und der Erlösung bedarf und wie er sie erreichen kann und daß es ein Verfehlen und auch ein endgültiges Scheitern geben kann. Aber all das soll nun nur noch der Vergangenheit angehören: jetzt soll es nur noch fröhliche Christen geben, die mit ihrer Fröhlichkeit andere anstecken! 
So weit so gut, aber Papst Franziskus sieht das eben ganz anders. Laut Wikipedia (Proselytismus)
sagte er: 

„Proselytismus ist eine Riesendummheit, er hat gar keinen Sinn. Man muss sich kennenlernen, sich zuhören und das Wissen um die Welt um uns vermehren… Die Welt ist durchzogen von Straßen, die uns voneinander entfernen oder die uns näher zusammenbringen, aber das Entscheidende ist, dass sie uns zum Guten hinführen… Jeder von uns hat seine Sicht des Guten und auch des Bösen. Wir müssen ihn dazu anregen, sich auf das zuzubewegen, was er als das Gute erkannt hat… Das würde schon genügen, um die Welt zu verbessern… Die Liebe zum Anderen, die unser Herr gepredigt hat, ist kein Proselytismus, sondern Liebe. Liebe zum Nächsten, ein Sauerteig, der auch dem Gemeinwohl dient.“
Papst Franziskus: Interview mit Eugenio Scalfari, La Repubblica, 1. Oktober 2013.

In dieser päpstlichen Aussage wird die wahre Religion, zu der zu missionieren ist, ersetzt durch die Vorstellung vom moralisch Guten! Aber jeder habe seine eigene Vorstellung von dem, was gut sei. (Gemeint ist dabei wohl nicht ein simpler Individualismus im Sinne von jedem Einzelnen, sondern: jede Religion, jede Weltanschauung, jede Kultur hat ihre eigene Vorstellung von Gut und Böse.) Es soll nicht mehr missioniert werden, daß alle sich zu dem Wahren und Guten bekehren, daß in der christlichen Religion offenbar ist, sondern die Gläubigen der anderen Religionen sollen ermuntert werden, das zu realisieren, was in ihrer Religion als das Gute gilt. Was die andere Religion als das Gute erkannt hat, das sollen ihre Gläubigen leben- einfacher gesagt: Die Aufgabe der Kirche ist es, zu helfen, daß Juden gute Juden. Mohammedaner gute Mohammedaner und Wotangläubige gute Wotangläubige werden. Der Papst präsumiert wohl, daß in jeder Religion es eine Erkenntnis von Gut und Böse gibt, eine wahre und daß diese Erkenntnis ausreichend ist, sodaß sie nicht auf die offenbarte Wahrheit von Gut und Böse angewiesen sind! Wozu reicht die Erkenntnis von Gut und Böse in allen Religionen aus? Auch hier antwortet der Papst eindeutig: um die Welt zu verbessern. Nicht das ewige Heil, die Frage nach dem Einlaß in das Reich Gottes bewegt hier die Frage nach der christlichen Mission- mitnichten. Dem Papst geht es um das Projekt der Humanisierung der Welt. Um dieses Zieles willen ist die kirchliche Mission einzustellen, damit alle, so verschieden sie auch glauben mögen, gemeinsam die Welt verbessern!          
 
                            

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