"Und doch lässt uns der Humanist und Christ Albert Schweitzer (1875-1965)
Folgendes bedenken: „Gebete verändern die Welt nicht, Gebete verändern
den Beter, und Beter verändern die Welt.“
Frau Marx, Christ in der Gegenwart: Anfragen zu Beten und Bitten, 28. Mai 2017, zitiert den Urwaldtheologen Schweitzer zustimmend. Gebete sollen wen oder etwas verändern,insbesondere wenn sie Bittgebete um etwas sind. Schweitzer stellt damit erstmal klar, wen sie nicht verändern können: Gott, den Adressaten jedes religiösen Betens. (Lassen wir hier die Sonderform der Anrufung der Heiligen mal außer Acht.)
Gott kann keine Gebete erhören!, ist geradezu eine Lieblingsparole modernistischer Theologen. (Vgl dazu ausführlich mein Buch: Uwe C. Lay, Der zensierte Gott). Schweitzer ist dann konsequent: Das Gebet kann nur den Betenden selbst verändern und darum ist das Beten eine Praxis, die nur den Betenden selbst als Adressaten hat. Daß in der heutigen Liturgie alle gottesdienstlichen Gebete zum Volke hin gesprochen werden, nimmt zumindest Rücksicht auf dies modernistische Verständnis, daß der eigentliche Adressat des Betens die Hörergemeinde ist. Augenfällig wird dies insbesondere, wenn der Priester mit dem Rücken zum ausgesetzten Allerheiligsten gewandt zur Gemeinde hin seine Gebete spricht.
Frau Marx bietet nun für dies ihr eigene modernistische Gebetsverständnis diese recht originelle Begründung: "Der christliche Glaube geht davon aus, dass jeder Mensch eine
unverlierbare Würde hat als Gottes Geschöpf. Ich frage mich, was unsere
Würde ausmacht. Denn begnadet mit dieser Würde der Ebenbildlichkeit,
sollen wir uns, folgt man diesem Bittgebet, vor diesem Gott jedoch wie
leere, unwürdige Hülsen vorkommen, die pausenlos um den Segen flehen
müssen. Wir können als Kinder Gottes, als seine Söhne und Töchter, an
den uns geschenkten Segen in Fülle glauben, damit wir unsere Kraft zum
Handeln entdecken."
Also, der Würde des Menschen entspricht es nicht, Gott um etwas zu bitten! Gott habe uns als sein Geschöpf schon so gut ausgestattet, daß wir des Bittens um etwas gar nicht mehr bedürften. Nein, statt zu beten, ist es unsere eigenste Aufgabe, zu handeln. Ob Frau Marx wohl die von Karl Marx inspirierte Kommunistische Internationale im Ohr hat, in der es ja heißt, daß kein höheres Wesen, kein Gott uns erlöse, sondern daß dies allein unsere menschliche Aufgabe sei? Handeln statt Beten, ist nun wirklich die Parole eines antireligiösen Humanitarismus, dem das religiöse Gebet ein sinnlose Praxis ist, weil es entweder gar keinen Gott gibt, oder nur einen, der Gebete nicht erhören kann. Für Frau Marx widerspricht das Gebet auch noch der Würde des Menschen. Darunter versteht sie wohl das Selbstbewußsein des Menschen, daß er alles, was von Nöten und wichtig ist, selbst vollbringen kann und deshalb dazu keinen Gott gebraucht. War einst Gott als allmächtig gedacht, so glaubt diese Frau eben an den (fast)allmächtigen Menschen, der so keinen Gott zum Helfer und Erlöser bedarf. Es ist ein rein deistisches Gottesverständnis, daß eben Gott, nachdem er die Welt geschaffen hatte, sich aus ihr zuückzog, um sie ganz den Menschen zu überlassen, der für das Regieren der Welt eben hinreichend gut von Gott disponiert worden ist. Und so hat der Mensch eben ohne Gott, ohne Gottes Beistand und Hilfe und darum auch ohne Gebet auf Erden zu leben.
Für diesen praktischen Atheismus wirbt nun Frau Marx in der Zeitschrift: Christ in der Gegenwart. Was könnte besser den Niedergang der christlichen Religion dokumentieren, als dieser Artikel. Man ist fast geneigt zu fragen, ob hier nicht der Name der Autorin fast schon ihr Programm ist!
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