Samstag, 6. Mai 2017

Über das entmündigte Volk

"Die Bundesregierung will der Türkei untersagen, ein Referendum über die Wiedereinführung der Todesstrafe in Deutschland abzuhalten. Das sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag in Berlin",berichtet der Tagesspiegel am 5.5. 2017. Der Staatsführer Erdogan ist sicher kein Musterdemokrat; im Bilde eines neuen Sultans eines wiederzubelebenden Osmanischen Reiches sieht er sich sicher besser getroffen. Nur, die Kritik der demokratischen Parteien an dem Demokratieabbau der Türkei ist nicht ganz frei von Heuchelei, sehen doch die Parteien in den unkontrollierten sozialen Medien ihren Hauptfeind und versuchen nun sie unter ihre Herrschaft zu bringen. Facebook ist ja geradezu zu dem Feind der Demokratie avanciert.Die Bundesregierung sucht ja nun, diesen Mißbrauch der Meinungsfreiheit energisch zu bekämpfen. Eine Privatstasi wurde gar ins Leben gerufen, um der Kontrolle der Medien willen. 
Aber nun ereignet sich etwas sehr Befremdliches. Erdogan will das türkische Volk über eine mögliche Wiedereinführung der Todesstrafe selbst entscheiden lassen. Das ist wirklich eine demokratische Entscheidung. In einer so wichtigen Frage sollte der Souverän, das Volk entscheiden. Es ist auch eine Frage, wo dem Volke die Sachkompetenz nicht abgesprochen werden kann, gerade weil es primär eine moralische Entscheidung ist.
Aber wie reagieren nun die deutschen Musterdemokraten? Einhellig proklamieren sie: Darüber darf kein Volk selbstständig entscheiden! Es sei das Privileg der Parlamentarier, solche gewichtigen Entscheidungen treffen zu dürfen, denn, (und hier muß man die unausgesprochene Meinung nun mithören), dem Volke fehlt die sittliche Reife für so eine gewichtige moralische Entscheidung. Wären unsere Musterdemokraten sich sicher, daß die überwältigende Mehrheit der Türken gegen die Wiedereinführung der Todsstrafe stimmen würde, hätte man natürlich nichts gegen dies Referendum einzwenden.Da das aber nicht sicher ist, wird dieser demokratische Volksentscheid verteufelt. 
Merke: Aus Sicht der Eurokraten sind nur dann Volksabstimmungen legitim, wenn von vornherein feststeht, daß ein politisch korrektes Ergebnis herauskommen wird. Ist das nicht der Fall, dürfen sie nicht stattfinden.
Nun gehen unsere Musterdemokraten noch einen Schritt weiter: Sie wollen es verhindern, daß türkische Staatsbürger ihr Recht, an diesem Referendum teilzunehmen, wahrnehmen können! Damit werden die in Deutschland lebenden Türken durch die Bundesregierung gehindert, ihre Staatsbürgerrechte auszuüben. Es ist eben für diese Bundesregierung ein Skandal erster Klasse , daß eine Regierung wichtige Fragen durch das eigene Volk entscheiden lassen will!  
Das Volk hat gefälligst aus den demokratischen Blockparteien die ihm genehmste auszuwählen, um dann das Regieren dem so gewählten Parlament zu überlassen. Demokratie ist eben, wenn die etablierten Parteien regieren und das Volk sich regieren läßt. So entmündigt das Parlament das Volk, das, wenn die Politiker regieren, nichts mehr zu melden hat. Und schon gar nicht darf das Volk wichtige Eintscheidungen treffen! 
Es ist wirklich erstaunlich, daß der Staatsmann Erdogan hier sich als Musterdemokrat erweist, indem er das Volk über diese Frage entscheiden lassen will, während die Bundesregierung klar sich auf den Standpunkt stellt, daß das Volk zu unmündig für wirklich relevante Entscheidungen ist!  Das ist der Antipopularismus der Regierungsparteien, die es als ihre Aufgabe ansehen, das unmündige Volk wie eine Gouvernante zu erziehen und auf keinen Fall auf das Volk zu hören.

Zusatz: Siehe die Internetseite: Compact: J. Elsässer auf Facebook gespert! So viel politische  Zensur in Folge des Druckes der Bundesregierung auf Facebook!

Corollarium 1
Ein Staat, der auf sein Recht zur Todesstrafe verzichtet, gleicht einem Priester, der mit der Begründung, nur Gott könne Sünden vergeben, darauf verzichtet, in der Beichte von den Sünden loszusprechen. Das Recht zur Lossprechung von den Sünden, ein Recht, das nur Gott zukommt, hat Gott dem Priesterstand übertragen, wie er dem Staat das Recht zur Todesstrafe übertragen hat, das ursprünglich auch nur Gott zukommt.

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