Mittwoch, 5. Dezember 2018

Der neue Mensch- eine christliche oder sozialistische Hoffnung- und ihr Ende

"Kennern der jahrtausendealten Texte der Bibel erschließt sich vor allem eines: Die Menschen ändern sich ihrer Natur nach nicht, auch nicht über sehr viele Generationen."Der Titel: "Der Rückfall Europas in den sozialistischen Totalitarismus des 20.Jahrhunderts" Freie Welt am 3.12.2018  suggeriert nun, daß die biblische Einsicht in die Unveränderbarkeit des Menschen das Bollwerk gegen den sozialistischen Totalitarismus sei, wohl in dem Sinne, daß jede sozialistische Utopie des neuen und besseren Menschen zum Scheitern verurteilt sei, weil nun der Mensch nicht zur Veränderung zum Guten in der Lage sei, weil er immer so bleibt, wie er ist. Gerade auch der Name des Zentralorgans der SED: "Neues Deutschland" ist ja in diesem Sinne gemeint, daß nun in der DDR das neue, das ist das bessere Deutschland hervorgebracht werden soll. Dies "Neue Deutschland" ist dann selbstredend auch das der besseren Menschen, da diese die Entfremdung des Menschen aufhebe und so erst den wahren, den guten Menschen entwickele. Das "neu" synonym mit besser verstanden wird, beruht dabei auf der geschichtsphilosophischen Konstruktion der Geschichte als eines fortwährenden Progressierens, daß alles immer besser wird, daß eben die Autos, die jetzt fabriziert werden besser sind als die vor 50 Jahren. Etwas komplizierter, aber doch ähnlich würde sich auch die Verbesserung des Menschen gestalten. Deutlich wird damit, wie sehr die sozialistische und insbesondere der Marxismus selbst im aufklärerischen Humanismus verwurzelt sind in dem Glauben, daß der Mensch noch nicht das sei, was er sein könnte, daß er für sich eine Aufgabe ist: "Werde Mensch!" 

Nun kommt aber das Problem! Die urchristliche Botschaft heißt ja gerade, daß der alte Adam durch Christus, im Glauben an ihn, durch das Sakrament der Taufe überwunden wird, daß der Gläubige der neue Mensch ist. Die christliche Hoffnung ist nicht reduzierbar auf das Hoffen auf das ewige Leben im Jenseits, schon auf Erden soll der Christ der neue Mensch sein in der Spannung von, daß das Neusein eine Gabe Gottes ist und daß es für den Christen aber auch eine Aufgabe ist. Daß der alte Adam, als der zum Sündigen Geneigte nicht aus sich heraus sich davon befreien kann, sagt eben mitnichten, daß er nicht zum  Guten verbesserbar sei, nur daß das primär das Werk der göttlichen Gnade und sekundär dann auch des Christen Aufgabe ist. Daß Menschen immer Menschen bleiben, das ist nun eine Trivialität, auch der von Nietzsche ersehnte "Übermensch" ist eine menschliche Möglichkeit, wie auch die des "letzten Menschen", aber das Menschsein kann different ausfallen. Gerade die heilige Schrift kennt nun das Hoffen auf den neuen Menschen, der den alten Adam auszieht und den neuen anzieht. 

Es ist so eine eigentümliche Lesart der Bibel, wenn man aus ihr herausliest, daß der Mensch immer so bleiben wird, wie er durch seinen Sündefall geworden ist. Aus sich heraus kann er sich nicht aus der Sünde befreien, aber Gott befreit ihn zu einem neuen Menschsein in Jesus Christus.

Nur, einen Einwand muß diese Aussage evozieren: Nun gibt es schon 2000 Jahre lang die Kirche, durch die Menschen getauft werden, so von der Erbsünde befreit werden, in der die anderen Sakramente zum Heil gespendet werden und die den Menschen die christliche Moral lehrt, und: Wo  ist in diesen 2000 Jahren etwas von dem Leben des "neuen Menschen" erkennbar geworden? Sicher, ein paar Heilige, vielleicht auch ein paar mehr anonym gebliebene Heilige...aber die Masse der getauften Christen?  

Der Gedanke liegt so nicht ferne, daß die sozialistische wie gerade auch  der Marxismus nur entstehen konnte, weil es den Glauben an den "neuen Menschen" gab, daß er aber nun säkularisiert wurde und so zur der Aufgabe des Menschen wurde: Der "neue Mensch" soll nun das Werk des Menschen sein. Wie das zu realisieren sei, darin unterschieden sich die Humanisten (durch Bildung) und die Sozialisten und Marxisten (durch die Überwindung des Kapitalismus), aber beide bauten auf den Glauben an den  "neuen Menschen" auf in religionskritischer Intention, daß das was die christliche Religion nicht geschafft hat, sie habe stattdessen den 30 jährigen Religionskrieg hervorgebracht, nun der Mensch selbst zu vollbringen habe.

Wir können sagen, daß dieser Glaube an den neuen Menschen endgültig erst nach der Implosion des real existierenden Sozialismus 1989f sich aufgelöst hat. Die sozialistische wie die marxistische Linke (wenn es die überhaupt noch als relevante Kraft gibt) hat sich nach 1989völlig neu konzipiert: Sie will "nur" noch die Revolutionierung der Kultur (marxistisch gesprochen des Überbaues), während sie den Kapitalismus bejaht und ihn nur noch sozialstaatlich humanisieren will. Der "neue Mensch" ist so ad acta gelegt, stattdessen soll der Mensch entbürgerlicht, entkultiviert werden, umso für den sich globalisierenden Kapitalismus marktgerecht gestaltet zu werden. Der neue Totalitarismus ist so wirklich nicht eine Neuauflage des sozialistischen, in der Menschen zu sozialistischen Menschen umerzogen werden sollten durch eine faktische Erziehungsdiktatur, im Stile eines Stalins oder Maos.Ein politisch korrekter Linke würde ja auch nie sich für ein Neues Deutschland einsetzen, denn seine Parole heißt; Nie wieder Deutschland! Deutschland verrecke! 

Die neue Ideologie der politischen Korrektheit ist die Ideologie des sich globalisierenden Kapitalismus, die als öffentliche Religion das Christentum als der öffentlichen Religion Europas ablösen soll. Sie ist damit, um es mit Ernst Niekisch zu sagen eine Umformungsprodukt des klassischen Liberalismus, daß der Mensch eine Funktion der Ökonomie ist (das ist auch der Grund der Popularität der Rede vom Tode des Menschen etwa bei Michel Foucault) und so zum homo oeconomicus umzuformen ist. Er soll nur noch das sein, dem alles andere, seine Identität, seine geschlechtliche, ethnische, religiöse wie auch kulturelle nur ein frei konsumierbares Angebot auf dem freien Markt sein soll: Ich darf alles frei wählen, was ich sein will, weil ich durch nichts limitiert werde als durch meine Kaufkraft. 

Und die christliche Religion? Sie hat in der Postmoderne die Rede vom "neuen Menschen in Jesus Christus" völlig aufgegeben, um anstattdessen die Liebe Gottes zu verkünden, die den Menschen so bejaht, wie er ist, aufdaß er auch so bleibe, wie er ist. Zur höchsten Tugend wird nun die Anerkennung aller, so wie sie sind. Verwerflich sind dann nur die, die dazu nicht bereit seien und das sind dann die politisch nicht Korrekten, die so zu bekämpfen sind.    

   

 

 

 


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