Ein rechter Kampfbegriff, der nicht überzeugen kann
Begriffe können Realitäten so verdunkeln, daß sie als mehr als problematisch zu beurteilen sind. Zu diesen Begriffen gehört auch dieser. Dieser Begriff soll einen Bruch in der Geschichte des Marxismus markieren: wie sich der Marxismus gewandelt hat nach dem Zusammenbruch des Real existierenden Sozialismus 1989f. Vordergründig sind damit die sich am sowjetischen Marxismus orientiert habenden kommunistischen Parteien gemeint, aber diese Umformung umfasse auch andere marxistische Strömungen. Einen guten Überblick dieses Umformungsprozesses bietet Vladimir: „Die Löwen kommen. Warum Europa und Amerika auf eine neue Tyrannei zusteuern?“ Zu diskutieren ist aber,ob dieser von Vladimir beschriebene Bruch es erlaubt, die umgeformte Gestalt des Marxismus noch als marxistisch zu begreifen.
Auch bei nur einer oberflächlichen Zurkenntnisnahme des Marxismus ist eines nicht überlesbar, daß der Ökonomie, der gesellschaftlich organisierten Arbeit, den Produktionskräften und den Produktionsverhältnissen der Primat zugeschrieben wird. Einfach gesagt: Die Ökonomie ist das Schicksal des Menschen. So lassen sich alle bedeutsamen Veränderungen in der Geschichte letztendlich auf die Entwickelung der Produktivkräfte in ihrem jeweiligen Verhältnis zur gesellschaftlichen Verfaßtheit der Produktionskräfte zurückführen. 4
Der Raum der Kultur ist so immer nur ein Epiphänomen der ökonomischen Basis. Wahre Revolutionen sind so nur solche, die diese Basis revolutionieren, wie die bolschewistische, wohingegen der Nationalsozialismus 1933 nur eine Revolution simulierte, da die kapitalistische Grundstruktur er nach seiner Machtübernahme unverändert ließ.
Nun gab es im Marxismus sicher Versuche, der Kultur eine größere Bedeutung zuzuschreiben, man kann hier Gramskis Konzeption der „Hegemonie“ oder Althussers Arbeiten zum „ideologischen Staatsapparat“ herangezogen werden, aber der Marxismus blieb materialistisch: Die Basis der Gesellschaft, die Ökonomie ist das Bestimmende. Das heißt, daß unsere heutige Zeit nur durch eine Analyse des Kapitalismus begriffen werden kann und daß das Subjekt einer wahren Revolution nur die Arbeiterklasse unter der Führung einer kommunistischen Partei sein kann, wie es Lenin dann theoretisch fundierte und praktisch realisierte.
All dies haben die einst kommunistischen Parteien 1989ff abgelegt. (Vgl: Vladimir). Stattdessen tritt ihr Engagement gegen die bürgerliche Kultur! Die Ordnung der Ehe und der Familie, die Unterdrückung der Frau im feministischen Sinne und die Ordnung des Volkes, den Nationalstaat stehen nun ganz oben in der Agenda der „Kulturmarxisten“. Dieweil wurde die Kapitalismuskritik ersetzt durch das sozialdemokratische Konzept des Sozialstaates, der den Kapitalismus sozial zu gestalten habe. Im Vordergrund steht jetzt so der Kampf gegen die bürgerliche Ordnung, während das Fundament dieser Ordnung, der Kapitalismus nur noch sozial gestaltet werden soll durch den Staat.
Als Subjekte möglicher Kulturrevolutionen werden nun in und durch die bürgerliche Ordnung Marginalisierte angesehen, also Homosexuelle, Lesben, ethnische Minderheiten, irgendwie sich ausgegrenzt Fühlende und natürlich die im Bürgerlichen unterdrückte Frau. Und was soll nun erreicht werden: Ein Kapitalismus, staatlich domestiziert und eine nicht mehr bürgerliche Kultur. Als Überwindung wird nun aber keine „Arbeiterkultur“ propagiert, sondern eine links-alternative.Nüchtern betrachtet ist dieses Gesamtkonzept eher ein linksliberales: Um der Freiheit des Einzelnen willen soll die bürgerliche Normierung des Lebens beseitigt werden, die nur noch als freiheitshemmend wahrgenommen wird, isb die Ordnung der Ehe, der Familie und des Volkes. Links ist dann das sozialliberale Moment der etatistischen Auffassung des Staates, der so die Frau von der „Last“ der Kindererziehung befreien soll durch Kindertagesstätten und Kindergärten, oder noch rabiater durch das Erlauben des Kindestötung im Mutterleibe.
Abstrakter formuliert: Die bürgerliche Kultur bindet den Menschen noch zu sehr ein in Ordnungen, die der Weiterentwickelung des Kapitalismus behindern, weil er so nicht gänzlich der Ökonomie zur Verfügung steht, wenn etwa Frauen, statt voll berufstätig zu sein, lieber ihren Kindern die Mutter sein wollen. Die Kultur, gerade die bürgerliche ist so selbst zumindest teilweise zum Hindernis der Fortentwickelung des Kapitalismus geworden. Man denke nur an die Sparsamkeitskultur, das Ideal der Selbstbeherrschung, während die Massenkonsumgesellschaft den Carpe diem Menschen verlangt, der immer mehr jetzt augenblicklich will und keine Grenzen akzeptiert. So fungieren die heutigen „Kulturmarxisten“ als Modernisierer des Kapitalismus! Der Mensch soll reduziert werden auf eine Funktion der Ökonomie: produzieren und konsumieren, das allein soll sein Leben ausmachen. Seine Freiheit ist die des unlimitierten Konsumierens, also ganz liberal vorgestellt.
Könnte es sein, daß Alexander Dugin mit seiner These, daß es nach 1989 nur noch die Ideologie des Liberalismus gibt, so recht haben, daß auch die „Kulturmarxisten“ nur noch verkappte Linksliberale sind?
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