So äußert sich ein unter dem Pseudonym „Clark Darlton“ bekannter deutscher Schriftsteller, Walter Ernsting über den Schriftsteller Karl May: Karl May habe ja gut in die nationalsozialistische Zeit gepaßt, denn: „Es war immer sehr deutsch.Grauenhaft. Denn jeder Gute war ein Deutscher.“ Walter Ernstings frühe Einflüsse, Perry Rhodan report 150 in: Uwe Anton, Die Seele des Schulterreiters, Perry Rhodan Nr. 3068. Daß Karl May schon verstorben war, lang bevor es die NSDAP gab, interessiert hier nicht, es reicht schon, daß seine Romane deutsch waren, um sie jetzt zu Naziliteratur abzustempeln. Das Deutsche als solches sei schon grauenhaft. Und daß jeder Gute ein Deutscher sei in seinen Romanen, eine Aussage, die natürlich nicht stimmt, ist doch einer der bekanntesten Helden Mays, Winnetou ein Indianer und somit kein Deutscher, zeigt uns dann an, wie abscheulich dieser Autor sei.
Kann man sich vorstellen, daß die Tatsache, daß die Protagonisten der Romane Sartres und Camus m.W alle Franzosen sind, je diesen zum Vorwurf gemacht würde, oder daß in Dostojewskijs Werken die Hauptpersonen alle Russen sind? Nur in Deutschland ist es möglich, Romane zu verurteilen, weil da die Hauptpersonen,die Helden, weil es nun mal Abenteuerromane sind, deutsch sind. Und in Mays Heimatromanen treten selbstverständlich hauptsächlich Deutsche auf, weil sie nun mal in Deutschland spielen.
Nur die nach 1945 praktizierte Gleichsetzung von Deutsch=Nazi erklärt einen solche uns Deutschen jetzt eigene Selbstverachtung. Alles Deutsche ist, weil es einfach nur deutsch ist, schlecht. Seltsamerweise gibt man damit nachträglich Hitler sogar recht, denn der verstand sich ja selbst als einen deutschen Politiker, der alles, was er unternahm, nur für Deutschland tat- nur daß dies: „Alles für Deutschland“ jetzt als das Grauenhafte des Nationalsozialismus zu gelten habe.
Ohne diesen Nationalmasochismus ist aber das heutige Deutschland nicht zu verstehen. Diese Selbstablehnung bestimmt unsere Gegenwart. Wie kann aber ein Volk überleben, das sich selbst ablehnt?
Karl May gehört sicher zu den meist verkannten Schriftstellern Deutschlands. Was tun? Das beste: ihn lesen, aber bitte nur in der historisch-kritischen Ausgabe von Wiedenroth, die handelsüblichen sind leider alle redaktionell verschlimmbessert worden. So finden sich gerade seine großen Heimatromane, in denen er mehr als in den bekannteren Abenteuerromanen sein Erzähl- und Kompositionstalent erweist nur zerstückelt in den üblichen Ausgaben wieder, etwa: „Waldröschen“, „Die Liebe der Ulanen“, „Der verlorene Sohn“ und „Der Weg zum Glück“- Meisterwerke der Erzählkunst.
(Die wirklich große deutsche Literatur, etwa Thomas Manns „Der Zauberberg“, „Doktor Faustus“ oder Robert Musils „Der Mann ohne Eigenschaften“ und das geniale Werk Thomas Bernhards würde ich nicht mehr unter dem Begriff der Erzählkunst subsumieren, hier wird nicht mehr einfach erzählt- aber was sind das dann für literarische Werke, oszillierend zwischen Roman und Essay? Müssen wir die nun alle auch verachten, weil diese Werke so ganz und gar deutsche Werke sind?)
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