Eine der schönsten und auch frömmsten Illusionen ist wohl die einer friedlich in sich harmonisch lebenden Kirche, die ganz ein Herz und eine Seele ist. Seit dem der Begriff der „ecclesia militans“ ganz aus dem Vokabular der Kirche gestrichen und ersetzt worden ist durch die Vorstellung einer Picknickkirche, die fröhlich durch die Welt wandelt. Daß aber die „kämpfende Kirche“ immer auch eine ist, in der um die Wahrheit gekämpft wird, daß es eben nicht nur den Feind außerhalb der schützenden Mauern der Kirche gibt, das ist ein Faktum, das den Begriff der kämpfenden Kirche erst seine ganze Brisanz gibt. Aber es muß festgehalten werden, daß Jesus Christus- gegen eine vulgäre Vorstellung daimonischer Verführungen- nicht zu einer Prostituierten sagen mußte: „Weiche von, Du satanische Verführung!“ sondern zu dem Sprecher der 12, der Apostel, zu Petrus, den er später zum ersten Papst weihte, indem er ihn beauftragte: „Regiere Du meine Kirche!“
Das Lebenselexier der Kirche ist so auch ihr innerlicher Kampf, in dem immer wieder die Wahrheit der Kirche angegriffen und in Kämpfen sich zu bewähren hatte. Veranschaulichen wir uns das an dem „Trienter Konzil“. Hätte die Kirche in den vielen Fragen, die dies Konzil bearbeitete, so viel Klarheit finden können ohne die Negativtheologie Luthers?
Der Kampf wider die Mariologie gehört nun zu den Herzensanliegen der feministischen Theologie. Ein nicht mehr aktuelles Dokument dieses Kampfes präsentiert Frau Halkes in dem Beitrag: „Maria/Mariologie aus der Sicht feministischer Theologie“ (Neues Handbuch theologischer Grundbegriffe Bd 3, Herausgeber P. Eicher, 1985, S.62-70) Dies Kampfdokument ist aber in seiner Authenzität, wie feministisch gegen die kirchliche Mariologie gekämpft wird, immer noch bedeutsam.
Gleich dierste Satz offenbart die Kriteriologie dieser Kritik der Mariologie:
„Maria als die neue Eva. Es gibt zwei Gründe für die schädliche Wirkung dieser Metapher.“ (S.62).Es wird nicht gefragt, ob diese theologische Aussage, daß Maria die neue Eva sei, wahr ist oder vielleicht unwahr, sondern es wird sich allein kapriziert auf die Frage der Nützlichkeit dieser (und man darf hier schon auch „jeder“ mitlesen) Aussage, denn die Nützlichkeit ist die „Wahrheit“ einer theologischen Aussage. Nur „nützlich“ für was? „Einerseits wurde Eva dadurch als die typische Verführerin dargestellt, als femme fatale, die ihre Männer zur Sünde verleitet; andererseits wurde so Maria zu ihrem Gegenpol, zur vollkommenen, idealisierten Frau. Beide Typen wurden immer auf Kosten der Frau gegeneinander ausgespielt.“ (S.62). Diese beiden Frauenbilder behinderten Frauen, ihre „eigene Identität“ zu finden. Das normative Kriterium ist also das Ideal einer eigenen Identität, sodaß nur wahr sein kann, was dieser Norm dienlich ist. Was denn nun diese Identität der Frau ausmache, das wiederum zu bestimmen, ist die Aufgabe des feministischen Diskurses, der so die Norm des theologischen bildet.
„Maria, die jungfräuliche Mutter Gottes“ (S.63)Diese Vorstellung zeitigte auch für Frauen schädliche Auswirkungen. Diese Vorstellung führe zur Verherrlichung des Mutterseins, die die Frau zu einem Leben für den Ehemann und ihre Kinder ansporne. Oder sie würde zur Hure, wenn sie nicht sexuell enthaltsam lebe.Der Kampf gegen die Mariologie ist so primär ein Kampf gegen die Mutterschaft, wie schon die feministische Philosophin Beauvoir es lehrte, daß das Muttersein die Versklavung der Frau sei. Stattdessen gelte es, die Frau zu einem Sexualleben zu befreien, ohne eine Fixierung auf das Kinderkriegen, ist also die Quintessenz dieser Kritik der Mariologie. Es ist wohl kein Fehlschluß, daß diese Überwindung des Ideales der Mutterschaft der Emergenzpunkt für die feministische Vorliebe für die lesbische Liebe ist.
„Maria , die geringe Magd“ (S.63) ist dann natürlich inakzeptabel, weil so sie und somit die Frau „immer im Schatten ihres göttlichen Sohnes“ verbleibt. Die frauliche Identität muß also eine sein, die die Frau ohne einen Bezug zum Mann oder zu Kindern bestimmt als einfach etwas Selbstständiges.
„Maria als Ersatz für das Weibliche“ (S.63) Dies ist ein Produkt der Verdrängung des Weiblichen des zölibatären Lebens. Frauen dürften so nur Jungfrauen oder Mütter sein. Das ist natürlich für Feministin inakzeptabel. So kann der Feminismus mit der kirchlichen Mariologie nichts anfangen, sie muß ganz umgeschrieben werden, bis aus Maria eine Maria 2.0 wird, der Idealtyp einer emanzipierten Frau.
Wozu bedarf es eigentlich einer feministischen Mariologie, wenn diese doch nur das wiederholen soll, was Feministin als Idealbild der Frau sowieso schon vertreten? Charakteristisch ist aber die völlige Gleichgültigkeit der Frage gegenüber, was denn wahre Aussagen über Maria sind, es zählt allein die Nützlichkeit bzw Kompatibilität ihrer Aussagen zur modernen Welt mit ihren spezifischen Anliegen, hier konkret der feministischen Frauenemanzipation.
Darin trifft sich der Feminismus aber mit dem die heutige Kirche beherrschenden Trend der Verweltlichung der Kirche: Ihre Zukunft ist die größtmögliche Anähnelung an die Welt.
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