„ Neben Päivi Räsänen – kath.net hat berichtet – wurde auch der designierte Bischof der Evangelisch-Lutherischen Missionsdiözese Finnland, Dr. Juhana Pohjola (Archivfoto), von der finnischen Generalstaatsanwaltschaft wegen Hassrede angeklagt. Grund ist seine Herausgeberschaft bei einer Broschüre aus dem Jahr 2004, deren Autorin Räsänen ist und die sich mit der überlieferten christlichen Lehre über die menschliche Sexualität beschäftigt. Darin wird praktizierte Homosexualität auf Basis der Bibel als Sünde beschrieben.“ Kath net am 4.5.2021
Eigentlich sollte die Postmoderne sich durch die Bejahung von Pluralität auszeichnen, keine totalitäre Einheitskonzepte mehr, sondern jeder wie es ihm gefällt. Nur unsere Gegenwart sieht nun ganz anders aus. Wo man auch hinschaut, überall werden von der Politischen Korrektheit abweichende Meinungsäußerungen sanktioniert vom Fußballverein Hertha BSC, der nun schon den zweiten Mitarbeiter wegen getätigter Meinungsäußerungen entläßt über die AfD, die den just neu gewählten 2. Vorsitzenden der Jungen Alternative zum Rücktritt nötigte, da er sich ablehnend zu den ideologischen Vorgaben des Multikultikonzeption geäußert hatte, daß nicht jeder Beliebige ein Deutscher werden könne bis zur Anzeige gegen diese zwei Lutheraner, die sich erdreisteten, dem Urteil der hl. Schrift über die praktizierte Homosexualität zuzustimmen.
Die Phänomene sind offensichtlich, aber wie sind sie zu begreifen. Für W. Welsch 1988 publizierte Studie: „Unsere postmoderne Moderne“ gibt es das Phänomen der Politischen Korrektheit einfach noch nicht, da kann die Postmoderne dann noch als die Affirmation der Pluralität gedeutet werden, also als eine Haltung, die der modernen gegenübergestellt wird als der Kritik der Pluralität als eines Verlustes an Einheit. Angefragt werden muß aber, ob hier nicht die Verprivatisierung der christlichen Religion, daß sie nicht mehr die Leitkultur Westeuropas ist als Faktor der Veränderung der (west)europäischen Kultur angemessen mitreflektiert worden ist.
Die Aufklärung domestizierte zwar schon die christliche Religion, aber sie bildete doch noch das Fundament des Abendlandes. Erst der „Untergang des Abendlandes“ (Oswald Spengler)führte zur Verprivatisierung der christlichen Religion. Ein kulturelles Vakuum entstand so, grobschlächtig datiert mit dem Ende des 1.Weltkrieges mit dem Sturz der drei großen christlichen Monarchien Europas, der Rußlands,Österreichs und Deutschlands. Dies Vakuum eröffnete dann erst die Phase des Kampfes der Ideologien um die Vorherrschaft: die liberalistische, die sozialistisch-kommunistische und die faschistisch-nationalsozialistische, die erst 1989f mit dem Untergang des „Real existierenden Sozialismus“ ihr Ende fand, als der Liberalismus global den Sieg errang. (vgl dazu Alexander Dugin)
Nun stehen wir vor dem Paradox, daß sich die triumphierende liberale Ideologie in der Postmoderne als der Epoche der radicalen Bejahung der Pluralität mit dem Konzept der Politischen Korrektnes synthetisierte und eine kulturell politisches Klima erschafft, daß wirklich nicht mehr als liberal qualifiziert werden kann.
Ein Erklärungsansatz wäre, daß die liberale Ideologie wohl die Kraft hatte,die traditionelle christliche Kultur zu zersetzen, im Kampf gegen Rechts und Links zu siegen, aber nicht die Kraft in sich hat, selbst eine positive Ordnung hervorzubringen: Eine verpluralisierte Gesellschaft droht an sich selbst zu Grunde zu gehen, weil sie keine kraftvollen Bindungskräfte in sich birgt. Unter der Verpluraliserung fällt ja nicht nur die von Walsch so enthusiastisch gefeierte Pluralität in Raume der Kultur sondern auch die Multiethnisierung. Was kann da noch eine Gesellschaft zusammenhalten, wenn alles sich in Differenzen auflöst?
Meine These lautet also, daß die Politische Korrektheitsideologie an Stelle des bisher das Abendland fundierende christliche Religion tritt. Dies neue (West)Europa emanzipiert sich so gänzlich von ihrem einstigen Fundament, sodaß es nun ein anderes, sie stabilisierende braucht. Jede dominierende Kultur, auch die politisch korrekt fundierte produziert ihre Dissidenten, die dann diskriminiert und bekämpft werden. Der so zur Herrschaftsideologie avancierte Liberalismus beginnt also intolerant gegen alles Nichtliberale zu werden. Die unlimitierte Freiheit war so nur eine Phase, in der die alte Ordnung durch diese Freiheit destruiert werden sollte, um jetzt wieder limitiert zu werden: Freiheit nur für liberales Denken, alles andere wird als feindliches bekämpft. Diesen Statuswandel des Liberalismus erleben wir nun als die Bekämpfung alles Nichtliberalen im Namen der liberalistisch ausgedeuteten Pluralität.
Was bleibt dann von der Postmoderne mit seiner Pluralismusliebe übrig: daß im Namen von bunt, divers und pluralistisch alles perhorresziert wird, was diesen Hyperpluralismus kritisiert. Zu fragen ist aber, ob überhaupt die Postmoderne angemessen beschrieben wird durch die Signatur der Pluralität.
Meine These: Die Moderne ist nicht einfach als Säkularisation zu begreifen, als Negation der christlichen Religion sondern als Aufhebungsversuch: das, was die christliche Religion von Gott erhoffte, die Erlösung wurde nun als die Aufgabe des Menschen verstanden. Erst in der Moderne gibt so das emphatische Verständnis von Politik, Erlösung als Humanisierungsprojekt umzugestalten. Verschiedene Konzepte gab es dafür, das Spektrum reicht von Bildungs-Aufklärungsprogrammen bis zu Revolutionsprogrammen; der letzte ambitionierte Versuch stellte die Oktoberrevolution in Rußland mit dem Ziele des Weltkommunismus dar. Das endgültige Scheitern dieses letzten Großprojektes beendete die so verstandene Moderne. Die Hoffnungspotentiale der großen Emanzipationserzählungen (Lyotard), die säkularisierte Versionen der christlichen Erzählung vom Sündenfall und der Erlösung waren, verloschen und somit auch die Geschichtsphilosophie, die die Menschheitsgeschichte als auf ein erlösendes Ende hin ausgerichtet ansah. Das Ende der Geschichte wie auch das Ende des Menschen als dies Subjekt der Erlösung konnten so proklamiert werden.
So generierte sich die Postmoderne als der Erschöpfungszustand nach der Epoche der großen Utopien. Da es nun kein Ziel mehr gab, keine auf die Erlösung ausgerichtete Geschichte und kein (revolutionäres) Subjekt, auch nicht eine Menschheit, die sich auf dies eine Ziel hin hinentwickelte, entstand die fast unbegrenzte Pluralität von Fragmenten, in die die großen Erzählungen zerbrachen, die die Postmoderne ausmacht, Fragmente, die keine Einheit mehr bilden.
Erst durch die politische Korrektheitsideologie wird diese Unzahl der Fragmente wieder geordnet durch die Qualifizierung durch dieses ideologische Ordnungsschema: was sind gute, was nicht akzeptable Fragmente. So erst entsteht wieder eine Einheit durch diese Ausgrenzung. Die Postmoderne erhält so eine erste positive Bestimmung, ohne die sie nur die Negation der Moderne wäre.
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