Sonntag, 2. Mai 2021

Die totale Mobilmachung: Jeder kann alles aus sich machen! Warum nicht sein Geschlecht, seine Volks- und Rassenzugehörigkeit ändern!

(Gegen den metaphysischen Grundsatz, daß das Sein dem Tuen voraussgeht,soll nun gelten: durch sein Tuen wird der Mensch erst zu etwas Bestimmten, er entwirft sich und kann all seine Selbstentwürfe auch wieder revozieren)



Amerika lebt aus dem Mythos vom Tellerwäscher zum Milliardär, jeder kann das schaffen, es kommt nur auf ihn an. Das Ideal ist so der sich selbst zu etwas Macher. Nicht die Herkunft bestimmt, sondern allein, das, was wer aus sich macht zählt. Wird dieser Mythos universalisiert entsteht daraus die Vorstellung, daß Frauen sich zu Männern umformen lassen können, wie auch Männer zu Frauen, denn warum sollte das ursprüngliche Geschlecht etwas Schicksalhaftes sein. Sein Geschlecht selbst bestimmen, das ist allein der Würde des freien Menschen gemäß. Schon zu einer Selbstverständlichkeit geworden ist die Vorstellung, daß jeder, egal in welches Volkstum er hineingeboren worden ist, dies auch, wie ein abgetragenes Kleid ablegen und durch ein anderes ersetzen könne. Aus jedem könne so ein Deutscher oder Chinese werden, er muß es nur wollen.

Es soll so keine zugeschriebenen Identitäten mehr geben, alles soll sich in Produkte reiner Selbstbestimmung auflösen. Selbstbejahung meint dann nicht mehr, sich als das zu affirmieren als was man sich selbst vorfindet, sondern sich selbst wie ein Projekt entwerfen. Jeder kann so alles werden, nichts soll mehr bestimmt sein. Auch zu dem, wozu der freie Mensch sich entworfen hat, verpflichtet ihn, wie es Sartre noch vorschwebte, nein, jeder Lebensentwurf kann auch wieder revoziert und durch einen anderen ersetzt werden. So der Mythos vom postmodernen Menschen.

Aber wo es Mythen gibt, da evozieren die auch Gegenerzählungen. In den USA bilden so Charly Brown (Die Peanuts) und Al Bundy (Eine schrecklich nette Familie) zwei signifikante Gegenpole. Beiden gemein ist, daß ihr Lebensschicksal das ist, das zu sein, was sie sind und daß das nicht von ihnen abänderbar ist. Das Leben in seiner vermeintlichen Fülle geht an ihnen vorbei, während sie immer nur die Nieten ziehen: eine versimplifizierte Verneinung des amerikanischen Tellerwäschermythos.

Gibt es also doch schicksalhaft uns Bindendes? Allmachtsphantasien verneinen dies, hoffend darauf, daß alles umgestaltbar ist: das Geschlecht, die Zugehörigkeit zu einer Ethnie, zu einer Rasse, zu einer sozialen Schicht. Das Mobilitätsideal erlaubt kein Bestimmtsein als das der Selbstbestimmung.

Nur, ein Afrikaner bleibt ein Afrikaner, auch wenn er einen Deutschen Paß erhält und eine Frau bleibt so auch eine Frau, wenn sie sich einen männlichen Körper zulegt. Grundlage dieser totalen Mobilitätsvorstellung ist nämlich, daß der Mensch nur etwas rein Materiehaftes ist, das unbegrenzt form- und gestaltbar ist, so wie ein Bub aus Legobausteinen heutzutage fast alles erbauen kann, denn alles baut sich aus den gleichen Grundelementen auf.

Nur das Identitätsstiftende, die Seele widersetzt sich dem, denn sie ist immer schon etwas rein Individuelles, das als solche seine Individualität nicht verlieren kann. Diese Individualität ist aber immer ihr Bestimmtsein, daß sie, wenn sie eine männliche Seele ist, keine weibliche ist und das dann auch nicht werden kann. Diese Individualität der Seele als mannigfache Bestimmtheit ist ja gerade die denknotwendige Voraussetzung individuiertem Erlebenkönnens. Noch so viele Ereignisse und Widerfahrnisse können aus etwas Nichtindividuellem etwas Individuelles entstehen lassen. Auch setzt jedes Tuen das Ich als Subjekt aller Prädikate voraus und dieses allein gibt allen Prädikaten die subjektive Einfärbung alles Tuens und Erleidens.

Wo aber die Seele verneint wird, der Mensch nur noch als etwas rein Materialistisches angesehen wird, da kann er sich selbst zum bloßen Objekt seiner Kreativität werden, alles Mögliche aus sich zu machen, weil er gar kein Selbst mehr sein will, sondern nur noch eine unlimitierte Potentialität.

 

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