Mittwoch, 29. Dezember 2021

Daß die Sieger die Geschichtsbücher schreiben und bestimmen, was wahr ist. Es auch eine korrekte Kirchengeschichtsschreibung gibt

Es gibt zwei Geschichten;einmal die offizielle,verlogene...,sodann die geheime,wo die wahren Ursachen der Ereignisse verzeichnet sind, eine schändliche Geschichte.“ So urteilt Honore de Balzac, aber als gutgläubige Staatsbürger haben wir dieses Votum Balzacs als eine „verschwörungstheoretische“ Behauptung aufs entschiedendste zurückzuweisen, denn nur die offizielle ist und hat für uns wahr zu sein.

Was zeichnet denn nun die offizielle Geschichtsschreibung aus? Ein paar Merkmale fallen dabei auf. Eine Geschichtsschreibung ist noch keine, wenn sie einfach eine Reihe von Ereignissen erzählt, a, dann b, dann c usw. Die Geschichtsschreibung verbindet diese Ereignisse zu einem Gesamtgeschehen, wobei dann das Ereignis a eine „Ursache“ für b und c bildet. Der Begriff der „Ursache“ ist dabei aber problematisch, so berechtigt er auch für Ereignisse in der Naturgeschichte ist, aber in der Geschichte geschichtswirksam Handelnde agieren aus Gründen, Motivationen und mit Absichten und nicht einfach ursächlich kausal bedingt. So könnte man zwar urteilen, daß der Messerstich in die Brust die Ursache des Todes des so Attackierten war, aber der Grund des Messerstiches ist keine Ursache, sondern eine Absicht, etwa die, aus Habsucht zu töten, um den Ermordeten zu berauben. Eine Geschichtsschreibung geht also vom Punkte c aus, um die Ereignisse a und b als Hinführung zu dem Ereignis c zu interpretieren. Eine so geartete Telelogie läßt so erst die Geschichtsschreibung c , a und b entstehen.

Wenn nun c der Endpunkt der Standpunkt der Geschichtsschreibung ist, so werden die vorherigen Ereignisse als daraufhin orientiert rekonstruiert. Aus kontingeten Ereignissen, a und b werden so Elemente einer Gesamthandlung, die ihr (vorläufiges) Ziel in c finden. So erscheint c als durch die Ereigniskette a und b „gerechtfertigt“, weil es ja in a und c seine Gründe hat. Die Ausschltung des Konjunktives aus der Geschichtsschreibung, man spekuliere nicht in der Geschichtswissenschaft, was wäre, wenn statt b minus b sich ereignet hätte,gibt der Geschichtsschreibung so den Schein einer innerern Notwendigkeit und legitimiert sie so.

Der Standpunkt c kennt Sieger und Verlierer, etwa nach dem 1. und 2.Weltkriege. Der Sieg bzw die Niederlage erscheinen nun retrospektiv rekonstruiert nicht mehr als kontingente Ereignisse sondern als so gewirkte, daß es eben so ausgehen mußte, wie die Kriege ausgingen. Die Kriegssieger sehen so ihren Krieg als den von ihnen rechtens gewonnenen an, weil sie ihn gewonnen haben. Die Sieger schreiben eben die Geschichte. So ist sie seit der Französischen Revolution die Geschichte die des Siegeszuges der westlichen Demokratie, seit der Aufklärung die des Sieges der Vernunft wider die sie immer mehr zurückdrängenden Religion, seit dem Kapitlismus die des Sieges der Marktwirtschaft über alle anderen Organisationsformen der Ökonomie. Ab wann man nun das Ende des metaphysischen Denkens postuliert, mit Nietzsche oder erst mit der Postmoderne, ein breiter Konsens herrscht, daß nun die geschichtliche Weiterentwickelung das theologische und metaphysische Denken und die davon bestimmten Kulturen hinter sich gelassen habe und so wir befreit jetzt erst richtig leben können.

Diesen Geschichtsnarrativen stehen nun aber auch entgegengesetzte gegenüber, daß von der Erfindung des ersten Werkzeuges bis hin zum Kohlrkraftwerk die Geschichte die der Ausbeutung und Zerstörung der Natur durch den Menschen sei, daß die europäisch- amerikanische die der Herrschaft des „Weißen Mannes“ sei, die nun zu überwinden sei. All diesen ist dies gemeinsam: Sie wählen einen Ausgangspunkt, dem des antirassistischen Kampfes gegen den „Weißen Mann“, den des Sieges der Demokratie über alle anderen politischen Verfassungen, um den Standpunkt dann als den einzig wahren zu konstruieren.

Die schändliche Geschichte ist damit die so ausgeblendete, die nur als die ausgeschlossene existiert. Es ist eine, die den Konjunktiv kennt, die an der Kontingenz der Ereignisse festhält: Es mußte sich nicht so ereignen.

Es gibt keine Geschichtsschreibung ohne ein Beurteilen der rekonstruierten Geschehnisse. Woher nimmt nun die Geschichtsschreibung ihre Kriterien dieser Beurteilung? Selbredend aus der Gegenwart! Für die nachmetaphysische Philosophie ist eben alles metaphysische Denken der Vergangenheit der Makel dieses Denkens, für den Demokraten ist alles Nichtdemokratische der Vergangenheit das Unzulässige der Vergangenheit. So müssen jetzt eben auch alle Werke der Kunst überprüft werden, ob sie „homophob“, „antiislamistisch“ oder „patriachalistisch“ oder „sexistisch“ sind,ob sie heutzutage so nach akzeptabel sind!

Die Geschichte wird so zum Schlachtfeld der Guten gegen die Bösen in der Meinung, daß die jetzt als die Guten Angesehenen auch wirklich die Guten sind. So kämpften eben im 1. und im 2. Weltkrieg wir „kriegslüsternen Deutschen“ gegen eine ganze Welt von „Friedensfreunden“, die dann die bösen Deutschen besiegten! So ist die Geschichte unseres Volkes eine einzige im Holocaust ihre Negativvollendung gefunden habende, für die wir nun bis in alle Ewigkeit zu büßen haben. Wer diese Geschichte anders sieht, wird so wie ein Ketzer als „Revisionist“ perhorresziert, evtl gar mit Gefängnisstrafen bestraft ob der Kritik an dieser offiziellen Geschichtsschreibung.

Die Demokratie schafft eben nicht die offizielle Geschichtsschreibung ab, um einer unbegrenzten Pluralität von Geschichtsdeutungen zu ermöglichen, sondern etabliert eben die ihr genehme Geschichtsschreibung, die die „schändliche“ verbirgt. So gibt es eben auch eine kirchlich korrekte Geschichtsschreibung, die von der radicaldemokratischen Gestalt des Urchristentumes, hierarchie- und dogmenfrei, Orte reinster Nächstenliebe, das dann sich pervertierte zum institutionellen Christentum mit Priestern und Dogmen, die alles Urchristliche unterdrückte, bis daß dann das 2.Vaticanum (katholisch) oder Luther (evangelisch) kam und alles fast wieder gut wurde, wenn es nicht so viele Traditionalisten, Rückwärtsgewandte und Kleriker gäbe.

Geschichte wird immer aus einer Perspektive erzählt und die Erzählpetspektive ist in der Regel die der Sieger, denen die Geschichte dann zur Legitimation ihrer Herrschaft und ihres Herrschaftsanspruches zu dienen hat.


 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen