Montag, 27. Dezember 2021

Irritierendes: Der Weihnachtsfilm - aber was hat der eigentlich mit dem Hochfest der Geburt Jesu gemein?

rritierendes: Der Weihnachtsfilm – aber was hat der eigentlich mit dem Hochfest der Geburt Jesu gemein?


Zur Feier des Neuen Jahres, Sylvester gehört der Kultfilm „Diner for one“ wie das Anstoßglas Sekt und so gehört wohl auch „Sissi“, der Dreiteiler mit R. Schneider als die Kaiserin Sissy zum Weihnachtsfest. Zu besten Sendeterminen präsentieren sowohl das Österreichische wie auch das Deutsche Fernsehen uns „Sissi“. Obzwar kaum wer öffentlich sich dazu bekennt, Jahr für Jahr, diesen Weihnachtsfilm als den Weihnachtsfilm des Weihnachtsfestes sich anzuschauen, wehe, dieser Film würde vom Weihnachtsprogrmm abgesetzt werden. Wer zahte dann noch seine Zwangsgebühren?

Aber was macht nun diesen Film zu dem Weihnachtsfilm schlechthin, warum wurde gerade er es? Auch wenn ich nun diese Triologie zigfach schon gesehen habe, immer zu Weihnachten, isb den ersten Teil jedes mal wieder begeistert schaue, eine mich selbst befriedigende Antwort will sich nicht einfinden.

Dostojewski läßt einmal den Fürsten des Romanes „Der Idiot“ sagen: „Schönheit erlöst die Welt“ - ein Satz, dem der Leser ad hoc zustimmt und dann sich frägt: Ist das denn auch wahr, ja, was ist denn damit überhaupt gemeint? Und doch erhält sich die erste Empfindung des Lesens dieser Aussage: Das ist wahr gesprochen! Erfaßt hier der Lesende intuitiv die Wahheit dieses Satzes, kann sie dann aber diskursiv nicht mehr als wahr ergründen?

Was macht denn die Qualität dieses Filmes aus? Unberücksichtigt können wir dabei die Aussagen der Sissydarstellerin lassen, der der Erfolg dieses Filmes auch zum Problem wurde, weil das Publikum sie danach nur noch in dieser Filmrolle sehen wollten, als wenn sie eins wäre mit ihr. Auch so manche Kritik an diesem „Unterhaltungsfilm“ scheint nicht ganz frei von Sozialneidsgefühlen zu sein: Der Film sei eben so erfolgreich, weil er ein primitiver Unterhaltungsfilm sei; dagegen stünden dann die niveauvollen, die aber kein Publikum fänden, weil das nur das Vulgäre liebe.

Sagen wir so: Es gibt ein Weihnachtslied, das populärste: „Stille Nacht, heilige Nacht“, das von der bloßen ästethischen Qualität sicher nicht eines Ranges mit einer Gustav Mahler Sinphonie ist, aber trotzdem ist es von einer solchen Schönheit, daß nur ein Kunstbanause dies Lied nicht liebt.

Was macht nun dann die Qualität, die weihnachtliche dieses Filmes aus? Die Spielhandlung: Der österreichische Kaiser, der sich nun zu verheiraten hat, der dann aber statt der dazu Erwählten ihre kleine Schwester heiratet, daß statt der geplanten Vernunftehe eine Liebesverheiratung sich ereignet, die Liebe so über die berechnende Vernunft obsiegte, ist es Sissy, die vor der Schicksalsfrage steht: Kann ich mein Glück erleben, wenn es auf dem Unglück ihrer Schwester, nicht vom Kaiser geehelicht zu werden, wie es vorgesehen und geplant war , die die Qualität ausmacht. Oder der Kontrast zwischen dem rustical bügerlichem Leben der Familie der Sissy und ihrem zukünftigen am Hofe des Kaisers in der Strenge des spanischen Zeremonielles?

Aber mit diesen Fragen gehen wir wohl in die Irre, denn sie verkennen doch das Eigentliche des Filmes , daß er von seinen Bildern lebt. Wenn es nur auf die Handlung ankäme, dann könnte ja „Sissy“ auch als Hörspiel im Radioapparat ausgesendet werden! David Hamilton war ursprünglich Photograph, bevor er dann auch ein Filmregisseur wurde. Leben nicht gerade seine Filme von der Schönheit ihrer Bilder? In diesen Filmen ist einfach alles schön, ja sie könnten als Beweis für Dostojewski herangezogen werden. Daß Erlösung durch Schönheit möglich ist. Ist das auch das Geheimnis des „Sissyfilmes“? Daß er einfach den Glauben an die erlösende Kraft der Schönheit ausdrückt?

Aber damit werden wir diesem Filme auch irgendwie nicht gerecht, solange die Wahrheit dieses Filmes hinter ihm gesucht wird, als drücke der Film etwas aus, was dann jenseits von ihm wäre und dann nur durch ihn vermittelt würde. Das wäre ungefähr so, als wenn wir einen Fim so ansähen, wie wir ein Briefkuvert öffnen, um dann den Inhalt des Briefes zu lesen. Der Film wäre dann nur ein Transportmedium der Botschaft, die in dem Film so enthalten wäre wie ein Brief in einem Kuvert. Nein, der Film selbst ist der Gehalt des Filmes. Aus ihm können höchstens Elemente herauszitiert werden, um so etwas aus ihm zu unterstreichen, etwa die außergewöhnliche schauspielerische Leistung von Frau Romy Schneider.

Vielleicht ist aber noch etwas ganz anderes wesentlich: der Handlungsrahmen einer schönen Welt, die nicht mehr ist, die des kaiserlichen Hofes, die des rustikalen Landlebens, die Schönheit von all dem, die natürliche wie die kultivierte des Hofes. Der conservativ-katholische Intellektuelle Albert Pethö schrieb einmal sinngemäß, daß er Monarchist sei, weil die Demokratie so unschön sei. Ganz unwahr ist diese Aussage nicht. Vielleicht bewahrt dieser feine melacholische Unterton dieses Filmes, daß er eine untergegangene Zeit wieder zum Leben bringt, davor, als Kitsch empfunden zu werden. Man vergleiche dazu einmal die Mädchenbilder Renoirs, die gerade durch ihre Melancholie so überzeugen, daß alle Schönheit vergänglich ist und nur als tote im Gemälde aufbewahrt, conserviert werden kann.

Aber hier soll nun diese Erwägung abgebrochen werden mit dem Eingeständnis, diesem Film so nicht gerecht geworden zu sein, seine fast metaphysischen Geheimnisse nicht erschlossen zu haben, aber auch im Jahre 2022 werden wir wieder zu Weihnachten „Sissy“ sehen und darüber reflektierend konstatieren, daß sich dies Kunstwerk unserem ästhetischen Denken nicht erschließen will und gerade so uns als ein wunderschöner Weihnachtsfilm bleibt. Er ist wahrlich ein Weihnachtsfilm, wenn er uns auch als solcher so unverstanden verstanden bleibt wie Dostojrweski: Schönheit erlöst die Welt.


 

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