Joseph Kardinal Ratzinger: „Abschied vom Teufel?“
In dem klug geschriebenen Buch: Joseph Kardinal Ratzingers: Zur Lage des Glaubens.Ein Gespräch mit Vittorio Messori“ 1985 finden sich Aussagen zum „Fürsten dieser Welt“(S.144), die theologisch korrekte Leser nur in Entsetzen versetzen können. Aber dieser Mut zum Unpopulären zeichnet Papst Benedikt aus in einer Kirche, für die höchst das Hören auf den vorherrschenden Zeitgeist die Lebenspraxis geworden ist.
Mehr als anstößig ist es doch, wenn der Kardinal zustimmend Papst Paul VI zitiert: „Ich habe den Eindruck,daß durch irgendeinen Spalt der Rauch Satans in den Tempel Gottes eingedrungen ist...Wenn Christus so häufig im Evangelium diesen Feind der Menschen erwähnt,dann erkennen wir darin etwas,das der Natur fremd ist,das in die Welt gekommen ist, um Verwirrung zu stiften,um die Früchte des Ökumenischen Konzils zu zerstören und um die Kirche daran zu hindern, den Freudenhymnus anzustimmen, indem es Zweifel,Ungewißheit,Problematik,Unruhe und Unzufriedenheit sät.“ (S.142)
Der Teufel, mitten in der Kirche wirkend? Ja, wo wurde den Jesus Christus selbst mit dem Teufel konfrontiert? Petrus, zu dem er sagen mußte: „Weiche von mir!“, als der spätere erste Papst ihn von seinem Weg zum Kreuze abbringen wollte und dann in Judas Ischariot, in den der Teufel einfuhr, damit er ihn verrate. 2 aus dem engsten 12er Kreis! Und die Wüste, in der ihn der Teufel versuchte, gilt in der religiösen Topologie wie die Berge und die Höhen als besondere Orte der Nähe Gottes.Genau da wirkt er, wo Oberflächliche ihn nicht erwarten.
Papst Paul VI, der Kardinal zitiert auch diese weniger bekannte Aussage zustimmend: „Die Wirklichkeit des Bösen ist nicht bloß ein Mangel, sondern eine wirkende Macht,ein lebendiges,geistiges Wesen,das pervertiert ist und selbst pervertiert:eine furchtbare, geheimnisvolle und beängstigende Wirklichkeit.“ (S.142) Der Satan ist eben ein gefallener Engel und hat so seine Engelmacht nicht eingebüßt, wie ja auch der gefallene Mensch nicht seiner Fähigkeiten beraubt wurde, nur daß er als Gefallener dazu geneigt ist, sie zum Bösen anzuwenden. Eine der größten Misverständnisse ist so die Meinung, das Böse sei nur ein Mangel am Guten, als wenn eine vergewaltigte Frau ein Opfer defizitärer Nächstenliebe wäre.
Papst Paul VI urteilt dann gar: „Wer sich weigert,diese Realität anzuerkennen,verläßt den Boden der biblischen und kirchlichen Lehre“. (S.142)
Wie versuchen nun liberale Theologen, diesen Skandalon aus der Welt zu schaffen?Kardinal Ratzinger erfaßt diese Methode so: „In diesem speziellen Fall räumt man ein – man kann es nicht anders -, daß Jesus, die Apostel,die Evangelisten von der Existenz der dämonischen Mächte überzeugt waren. Aber gleichzeitig erklärt man es für abgemacht, daß sie in dieser ihrer Überzeugung >Opfer< der damaligen jüdischen Denkformen waren.“ (S.149) Diese damaligen Vorstellungen können aber nicht mehr die unsrigen sein und darum müssen eben die Aussagen, die unserem modernen Weltbild widersprächen entmythologisiert werden, um es mit Bultmann zu formulieren. Nicht mehr ist die Bibel die Welt als sie beurteilend zu lesen, sondern die Welt, unser heutiges Weltverständnis ist die Norm für die Bibelauslegung. (vgl S.150) So wird in der aktuellen Debatte um die Homosexualität auch vorgegangen.
Aber der eigentliche Skandalon ist dabei der, daß moderne Theologen sich anmaßen, besser Bescheid zu wissen über das Böse als der Sohn Gottes selbst!
Die Parole des „Abschiedes vom Teufel“ muß so als eine große Realitäts-verweigerungsaktion begriffen werden: Was mir nicht gefällt, kann und darf nicht wahr sein! In der Kirche verhält man sich dabei wie ein Unterhaltungskünstler, der aus seinem Programm rauswirft, was bei seinem Publikum nicht mehr ankommt.Daß die Kirche so ihren Abschied nimmt vom Paradigma der Wahrheit, sie hat das zu sagen, was wahr ist, zu dem der Unterhaltungsindustrie des Produzierens gemäß dem Publikumsgeschmackes, gründet sich, wie Kardinal Ratzinger es in diesem Buche darlegt, in dem säkularistischen Kirchenverständnis: „Auch bei einigen Theologen erscheint die Kirche als ein menschliches Konstrukt,als ein Instrument,das von uns geschaffen ist und das somit wir selbst je nach den Erfordernissen des Augenblicks frei umorganisieren können.“ (S.45)
Das erleben und erleiden wir ja nun in extenso auf dem „Synodalen Irrweg“, auf dem dies rein säkularistische Kirchenverständnis das dominierende ist. Die postmoderne Gesellschaft mit ihren Bedürfnissen soll eben den Kurs der Kirche bestimmen. Da paßt dann eben eine so unerquickliche Wahrheit wie der der Existenz des Satans nicht mehr hinein. Darum wird er eben abgeschafft. Es muß aber auch konstatiert werden,daß ein bloßes Zitieren der Bibel und der Tradition über den Teufel nicht ausreicht, der Teufel muß auch begriffen werden als notwendiges Element des theologischen Denkens. Der große und jetzt so viel geschmähte Anselm von Canterbury begnügte sich eben nicht damit, das Geschehensein des Kreuzes Christi zu betonen, so hat es sich eben ereignet am Karfreitag, sondern er seine Aufgabe darin, dies Ereignis auch zu begreifen: Warum mußte Jesus Christus wozu am Kreuze so sterben? Der Teufel ist so noch nicht begriffen worden! Aber als etwas Unbegriffenes steht er immer auch in der Gefahr, zuerst aus dem theologischen Denken und dann aus der Frömmigkeit herauszufallen! Unbegriffen löst sich diese Vorstellung dann auf wie die Vorstellung von der Erbsünde, weil es nicht gelingt, diese Vorstellung theologisch zu begreifen. (Vgl dazu mein Buch: Der zensierte Gott)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen