Freitag, 25. Februar 2022

Vorläufige Erwägungen zur Causa: Krieg in der Ukraine

Vorläufige Erwägungen zur Causa: Krieg in der Ukraine



Eigentlich hatte ich mir fest vorgenommen, zu dieser Causa noch nichts zu schreiben, weil mir dieser Krieg noch, optimistisch formuliert, unverständlich ist und ich befürchten muß, daß meine recht vorläufigen Erwägungen zu dieser Causa wenig zur Erhellung des dortigen Geschehens beitragen werden.Aber vielleicht ist gerade jetzt ein vorsichtiges Herantasten an dies Ereignis auch das Sinnvollste, ohne sagen zu können, das Ereignis schon begriffen zu haben, das intellektuell Redlichste, was ich jetzt leisten kann.



Prinzipielle Vorüberlegungen:

Daß der Krieg kein Mittel der Politik sein dürfe, ist in unserem Lande auch ob des Faktums zweier verlorener Kriege eine sehr populäre Vorstellung geworden, die auch moralphilosophisch und moraltheologisch fundierbar ist. Nur kann nicht übersehen werden, daß nach dem 2.Weltkrieg überall in der realen Politik der Krieg weiterhin als ein Mittel der Politik praktiziert wird. In Sonntagsreden mag zwar dies Mittel der Politik noch so sehr verurteilt werden, in den Werktagen der Politik zählen diese Reden dann nicht mehr. Der Volksmund urteilt da klar: Politik ist eben ein schmutziges Geschäft!



Politisches:

Es war eine Rot-Grüne Regierung, die mit dem Grundsatz, daß von deutschem Boden nie wieder ein Krieg ausgehen dürfe, brach, als sie sich aktiv an den Angriffskriegen gegen Jugoslawien und Afghanistan beteiligte. Besonders interessant ist dabei, daß die moralisch der Krieg gegen Jugoslawien damit legitimiert wurde, daß in dem Vielvölkerstaat die Serben die albanische und kroatische Minderheit diskriminierend bedränge und gar gegen die Albaner einen „Vernichtungskrieg“ führe. Jetzt, wo Rußland mit dem selben Argument der in der Ukraine bedrängten Minderheit der Russen zur Hilfe kommen will, ist dies jetzt aber völkerrechtswidrig. (Aber dazu später mehr)



Theologisches:

Theologisch stellt uns auch dieser Krieg wieder vor das prinzipielle Problem, wie es denkbar ist, daß es in der Welt, die vom Gott Jesu Christi regiert wird, einen Krieg geben kann, wenn Gott doch allmächtig und liebend ist. Das theologische Denken kann sich nicht mit einer rein moralischen Verurteilung des Krieges begnügen. Auch reicht der Begriff des göttlichen Zulassens (so der Zentralbegriff des Theodizeeproblemes nicht aus, denn es muß nachgefragt werden, was denn dann die Gründe es für Gott geben könne, dies Übel des Krieges zuzulassen. (Ich möchte hier auf Emanuel Hirsch, „Deutschlands Schicksal“ mit seiner Erörterung über den Krieg verweisen, es gehört sicher zum Besten zu dieser Causa.)



Die konkrete Lage:

Politisch gesehen steht der Ukrainekonflikt in einer zweifachen Problematik:

daß in dem Staat Ukraine das ukrainische Volk mit einer Minderheit von Russen zusammenlebt. Damit ist ein ethnischer Konflikt präfiguriert, wenn die ukrainische Regierung nach der Revolution als pro westlich orientierte in den Russen im eigenen Lande und in Rußland ihren Feind sieht. Es sei nur an die prominente ukrainische Politikerin Timanschenko erinnert, die sagte: Ukraine2014 – das Timoschenko-Video, deutsche Übersetzung. ”Scheiße, wir müssen die Waffen in die Hände nehmen und diese verdammten Russen abschlachten zusammen mit ihrem Anführer.” Daß sie die Russen mit Atombomben ausrotten wolle, dementiere sie aber als Falschmeldung.

Das Demokratieproblem:

Das prinzipielle Problem läßt sich dann so formulieren: 2 Wölfe und ein Lamm entscheiden ganz demokratisch, was es als Sonntagsbraten geben wird. Die russische Minderheit in der Ukraine drohte dies Lammschicksal in der demokratisch regierten Ukraine. Darum intervenierte Rußland in der Ostukraine, damit dort die dortigen russischen Mehrheitsbevölkerungen unter dem russischen Schutz leben können.



Die NATO auf Expansionskurs

Der zweite Konflikt begann 1945 mit dem Ende der Einheit der Siegermächte nach dem 2.Weltkrieg. Die NATO wurde gegründet als antisowjetisches Militärbündnis, um einerseits eine weitere Expansion gen Westen des „sozialistischen Lagers“ zu verhindern und andererseits um Osteuropa wieder in den kapitalistischen Weltmarkt zu reintegrieren. Nach dem Zusammenbruch des „Ostblockes“ gelang dies weitestgehend. Aber die Feindschaft gegen Rußland blieb. Der ideologische Gegensatz zwischen dem „Freien Westen“ und dem „sozialistischen Osteuropa unter der Führung Rußlands verdeckte bis 1989f das Faktum, daß es auch unabhängig von diesem ideologischen Gegensatz einen Kampf um die politische Vormachtstellung in Europa gab, zwischen Frankreich, Spanien und England und seit der Deutschen Reichsgründung 1871 galt Deutschland als inakzeptabler Mitkonkurrent um die Vormachtsstellung. Rußland galt dabei immer auch, nicht nur für Napoleon Bonaparte als potentielle Bedrohung eigener Vormachtsoptionen.

Nach 1989 begann so eine konsequente Zurückdrängungsolitik des russischen Einflusses auf Osteuropa auch gerade durch die Aufnahme osteuropäischer Staaten in die NATO. Die Ukraine stand eben ganz oben in der Wunschliste der Aufnahmekandidaten der NATO als ein potentielles Aufmarschgebiet gegen Rußland, nachdem mit westlicher Unterstützung der Sturz der prorussischen ehemaligen Regierung der Ukraine gelang. In Weißrußland mißlang ja bis jetzt ein solcher Umsturz, um auch dort eine pro westliche Regierung zu installieren. Rußland muß sich also zusehens von der aggressiven westlichen Außenpolitik bedrängt sehen, zumal der jetzt amtierende US-Präsident sich ja schon in seinem Wahlkampf klar für eine aggressivere Außenpolitik gegen Rußland ausgesprochen hatte. Dem Amtsinhaber Trump wurde ja eine zu große Nachgiebigkeit Rußlands gegenüber vorgeworfen.



Das Ende der Entspannungspolitik:

Es ist für das Ende der Entspannungspolitik, durch den Bundeskanzler Brandt eingeleitet, symptomatisch daß das einstige Zentralorgan der deutschen Friedensbewegung,die TAZ die NATO zum Aufrüsten gegen Putin aufforderte, auf Seite 1, um uns vor Rußland zu schützen. Grüne Politiker forderten ja schon des längeren eine harte Gangart gegen Rußland, vielleicht auch, um in den USA als potentielle Regierungspartei Anerkennung zu finden.

Wer aufmerksam die Zeitungen las in den letzten paar Jahren,kann nicht überlesen daß hier eine Neuauflage des „Kalten Krieges“ versucht wird jetzt mit den 2 Lieblingsfeinden China und Rußland. Rußland aus Europa herauszudrängen und Deutschland dabei klein zu halten, auch um jede Annäherung Deutschlands an Rußland zu verhindern, da eine zu enge Cooperation Rußlands mit Deutschland wohl diese beiden Staaten zur Führungsmacht Europas werden ließe, sind so dabei die Grundanliegen der westlichen Siegerstaatenpolitik des 2.Weltkrieges.



Der offizielle Anlaß:

Der offizielle Anlaß der russischen Intervention in die Ukraine sind nun zwei in der Ukraine gelegene Gebiete, die mehrheitlich von Russen bewohnt, die sich von dem ukrainischen Staat separiert und unabhängig erklärt haben. Die Regierungen dieser seperatistischen Gebiete riefen nun ganz offiziell Rußland zu einer Militärhilfe aus wider die Angriffe ukrainische Streitkräfte wider ihre als unabhängig erklärten Volksrepubliken.

Auch wenn ich kein Experte des Völkerrechtes bin, gehe ich davon aus, daß dies Hilfsgesuch nicht völkerrechtlich legitim war und somit auch nicht die russische Intervention. Es muß aber auch gesagt werden, daß es verständlich ist, daß ein so patriotischer Staatsmann wie Putin es nun einmal ist, seinen in der Ukraine bedrängten Landsleuten zur Hilfe kommt. Gerade die dezidiert antirussische Haltung der pro westlichen Politiker der Ukraine erbrachte ihnen ja die westliche Unterstützung für ihren dann erfolgreichen Putsch. (Als Deutschland mit in den Krieg gegen Jugoslawien zog, galt ja als offizielle Legitimation die Unterdrückung der Albaner durch die serbisch- jugoslawische Regierung)

Unklar ist mir bis jetzt, ob diese Militäraktion nur eine Hilfsaktion für die separatistischen Gebiete ist, die dem ukrainischen Staat sich entziehen wollen oder ob die Ukraine als Ganzes angegriffen wird, um zu verhindern, daß dieser Staat zum Aufmarschgebiet der NATO wider Rußland wird.



Vorläufiges Resümee:

Daß die Ukraine kein ethnisch homogener Staat ist, daß es in ihm seit der Machtübernahme durch pro westliche Politiker, von denen einige alle Russen am liebsten abschlachten möchten ist so einer der Faktoren dieses jetzigen Krieges. Im Hintergrund steht aber auch das sehr komplizierte Verhältnis Rußlands zur Ukraine Wenn 1954 der 300. Jahrestag der Vereinigung Rußlands mit der Ukraine auch gefeiert wurde,muß gesagt werden, daß das Verhältnis wohl nicht so harmonisch sich gestaltete, wie diese Feier es suggerierte. Aber so bitter es auch für die Ukraine klingen muß, faktisch ist dieser Staat zu einem Spielball im Interessenkonflikt zwischen den expansivistisch ausgerichtetem „freien Westen“ und dem bedrängten Rußland geworden. Rußland und China sind nun einmal die zwei stärksten Widersacher der „Neuen Weltordnung“, in der es nur noch eine westliche Zentralmacht geben soll mit ihrer angloamerikanischen Kultur.



Dies sind jetzt nur sehr vorläufige Erwägungen; Selbstkorrekturen sind so nicht auszuschließen!

 

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