Anmerkungen zu: Der verweltlichte Mensch und die verweltlichte Kirche
In der traditionellen Anthropologie gilt der Mensch spätestens seit der platonischen Philosophie als Seele-Leib-Wesen. Vergessen wird dabei aber, daß auch die biblische Anthropologie den Menschen so versteht, als ein Wesen, dem sein Schöpfergott seinen Leib aus der Erde erschuf, ihm dann aber eine Seele einblies. Diese Doppelnatur bestimmt nun das Menschsein, daß er weltlich in seiner Leiblichkeit und nichtweltlich in seiner Seele ist. Beide, der Leib und die Seele haben nun zwar Gott als ihren Kreator, aber der Leib nur mittelbar, weil er aus Natürlichem kreiert worden ist, die Seele hingegen ist unmittelbar von Gott erschaffen. Gemäß dieser inneren Dualität seines Ursprunges ist nun auch das menschliche Streben präfiguriert.
Für jeden Menschen gilt so, daß er einerseits in seiner Leiblichkeit das Produkt eines natürlichen elterlichen Geschlechtsaktes ist, auch wenn dieser Akt medizintechnisch modifiziert werden kann und daß aber seine Seele nicht natürlichen bzw medizintechnischen Ursprunges ist sondern direkt von Gott erschaffen in den entstehenden menschlichen Körper inkarniert wird, den Körper zum Leibe formend.
Aber es ist nun eine menschliche Möglichkeit, diese seine eigene Dualität mißzuverstehen. Er kann sich als ein rein natürliches Produkt einer evolutionären Selbstentwickelung der Natur interpretieren. Die Natur ist ihm dann der Urstoff, wie immer den dann auch naturwissenschaftlich näher bestimmt, aus dem sich alles herausentwickelt hat, sodaß alles Seiende nur die Natur ist in unendlich vielen Modifikationen. Die Seele als so eine Modifikation hat darum auch nur natürliche Bedürfnisse, ist sie auch doch nur entstanden, um die Überlebenschancen des leiblichen Menschen zu verbessern. Die Sorge um die Seele, was wird aus ihr, wenn der menschliche Leib verstorben ist, wird so gegenstandslos.Es gibt nur noch ein Sorgen der Seele um Fragen des natürlichen Lebens.
Der so verweltlichte Mensch braucht, wenn überhaupt noch, nur noch eine weltliche Kirche, die eben für die natürlichen Sorgen und Nöte zuständig ist. In der Institution der Kirche findet sich diese Dualität des Menschen ja selbst wieder: Sie existiert zwar in der Welt, ist aber nicht aus ihr, sondern eine Schöpfung Gottes.Sie ist so übernatürlich, weil sie nicht einfach ein Produkt einer kulturellen Entwickelung ist, fundiert in dem natürlichen menschlichem Leben. Gott stiftete sie selbst durch seinen Sohn, der sie als ihr lebendiges Haupt auch am Leben erhält. Nun kann aber der Leib Christi, die Kirche gegen ihr eigenes Haupt revoltieren, indem sie sich nur noch rein leiblich verstehen will. Sie will sich ihrer Seele entledigen, wie der Mensch nur noch Leiblichkeit sein will.
Darum avanciert das Thema Sex jetzt ja auch zum wichtigsten der innerkirchlichen Diskurse. Wie sollte die Kirche denn auch noch geistlich sein können, wenn der Mensch nur noch weltlich-natürlich sein will? Als eine Institution der organisierten Nächstenliebe wird sie so nur noch als Leiblich-Weltliches akzeptiert oder wenn in ihr zu sehr gegen die Humanität verstoßen wird, (die sexuellen Mißbräuchsfälle) verdammt.
Prinzipiell ist die Welt und alles in ihr Seiendes wie ein geschriebener Text polyinterpretabel. Das in ihr Seiende kann als eine Erscheinung von etwas begriffen werden, sodaß nach dem zu fragen ist, was da erscheint. Dann stehen wir mitten in einer metaphysisch dualistischen Weltdeutung oder es kann alles als nur Eines begriffen werden, also in einer rein materialistischen Weltsicht. Die Welt und alles in ihr Seiendes ist eben kein eindeutiger Text. So kann der Mensch sich und die Welt mißverstehen und zu einem Element einer rein natürlichen Welt werden, in der alles Nichtweltliche und Jenseitige nur ein Phantasmata sein kann. Dann ist die Verweltlichung des Menschen gelungen, dem dann auch nur noch eine verweltlichte Kirche entspricht. Der „letzte Mensch“ Nietzsches ist eben der völlig verweltlichte, der seinen ihm eigenen inneren Dualismus verkennt.
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