(Auch ein Beitrag zum Thema: Asyl und zur Todesstrafe)
A.Gehlen kommentiert treffend Luthers 2 Reichelehre so: „Luthers Lehre wußte,daß der Mensch nicht >gut< ist und folglich die Liebe und Brüderlichkeit, unmittelbar in die Ordnungen der Welt eingemischt,eine blutige Demaskierung des guten Menschen ergeben würde“. Zitiert nach: M.Lichtmesz, Kann nur ein Gott uns retten?, 2017, S.218. Dies sei nun keineswegs ein lutherisches Lehrsondergut, aber Luther betont diese Einsicht wohl stärker als andere.So bringt es Luther dann selbst auf den Punkt:
„Darum ein ganzes Land oder die Welt mit dem Evangelio zu regieren sich überwinden, das ist eben, als wenn ein Hirt in seinem Stall zusammentäte Wölfe, Löwen,Adler,Schafe und ließe jegliches frei unter den anderen gehen.“ (S.218)
Die Reformation konnte eben auch deshalb so erfolgreich sein, weil sie eine Melange aus Wahrem und Unwahrem war. Was hier Luther geschrieben hat, dem muß unbedingt auch jeder Katholik zustimmen.
Liebe und Brüderlichkeit sind eben Prinzipien, mit denen die Welt nicht regiert werden kann. Warum eigentlich nicht? Weil dabei verkannt wird, wie wir Menschen wirklich sind. Kain war der Bruder von Abel aber das hielt ihn nicht davon ab, Abel zu töten.So darf die Liebe zum Nächsten nicht dazu führen, einem Verbrecher seine Sünden zu vergeben und ihn dann nicht mehr zu inhaftieren. Um der Gerechtigkeit willen verlangt das Verbrechen nach einer Bestrafung. Zudem müssen die Mitmenschen vor dem Verbrecher geschützt werden.
In der Bergpredigt lehrt Jesus gar: „Ego autem dico vobis, non resistere malo“= Ich aber sage euch: Ihr sollt dem Böswilligem nicht widerstehen.“ Mt 5,39 Wenn das ein Staat zur Maxime seines Handelns erwählte, dieser Staat würde sich in eine Hölle auf Erden verwandeln, denn dann würden die Bösen von Tag zu Tag es immer schlimmer treiben, weil der Staat sich ihnen dann nicht widersetzen würde. Praktizierten alle Christen das, würde es in Bälde auf Erden keine Christen mehr geben, weil sie alle von ihren Feinden ausgerottet werden würden. Der Einheitsübersetzung ist gar dies non resistere malo so unerträglich, daß sie völlig falsch übersetzt: „Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand.“ Diese moraltheologisch interpretierte Übersetzung will sagen, daß wenn Mitmenschen Böses erleiden, dann diesem Bösen wohl zu widerstehen sei, nur in eigener Sache habe der Christ auf ein Widerstehen zu verzichten. Nur darf selbstverständlich eine Frau, will ein Mann sie vergewaltigen, dem Widerstand leisten, denn was für fürchterliche Folgen hätte es doch, wenn jede Christin sich an dieses Votum Jesu hielte.
Die Erde würde sich auch für die Christen in eine Hölle verwandeln, lebten sie das. Wenn man nun die Bergpredigt als zum Evangelium Dazugehöriges versteht, wird klar, warum nicht nur der Bundeskanzler Schmitt sondern alle vernünftigen Politiker es ablehnen, mit dem Evangelio zu regieren.
Es ist aber kritisch zu fragen, ob die Kirche immer sich an diese Einsicht gehalten hat und hält, daß das Evangelium aus der Politik herauszuhalten ist, daß der Staat eben mit dem Schwerte die Welt zu regieren habe. Es sei nur an die vielen kirchlichen Äußerungen zum Problem der „Flüchtlinge“ erinnert, in denen völlig blauäugig die unbegrenzte Aufnahme gefordert wird ohne daß über die Negativfolgen einer solchen Politik der offenen Grenzen nachgedacht wird. Das seien doch alles nur gute Menschen, die da lieb und brav unter und mit uns zusammen leben möchten. Daß durch eine unlimitierte Flüchtlingsaufnahme die Völker Europas mit ihren spezifischen Kulturen aufgelöst werden,davon wollen dann solche Liebesevangeliumsprediger nichts wissen. Die Nächstenliebe zu Wölfen kann eben nicht darin bestehen, ihnen einen Schlafplatz im Schafsstall zu gewähren.Prinzipieller: Das Evangelium als verkündete Liebe Gottes zu allen Menschen wird mißbraucht, wenn in seinem Namen etwa die Auflösung der göttlichen Schöpfungsordnungen, die der Familie und des Volkes gefordert werden.
Luther begreift eben auch den Staat oder wie er lieber schreibt: die Obrigkeit als Hirten ihres Volkes, das sie so vor den äußeren Feinden und oft noch viel mehr vor den inneren Feinden zu beschützen hat. In der euphorischen Gründungszeit der DDR meinte die SED noch, daß die Kriminalität so sehr ein Produkt der kapitalistischen Gesellschaft wäre, sodaß in sozialistischen Gesellschaften mit dem „neuen Menschen“ eigentlich keine Kriminalität mehr geben dürfe. Deshalb mußten anfänglich vom DDR-Fernsehen produzierte Kriminalfilme im kapitalistischen Westen spielen und nicht in der DDR. (Ein kleines filmisches Meisterwerk: „Die Spur führt in den 7.Himmel“- dieser Mehrteiler spielte dann in Wien!) Aber auch der DDR Staat wurde schnell realistisch und setzte dann die Volkspolizei gegen die Kriminalität im eigenen Lande ein!.
Dieser Realismus muß auch die Kirche in ihrem Verhältnis zum Staate bestimmen, daß eben das Schwert das Instrument staatlichen Regierens ist. Nun kann der Staat zwar übergriffig agieren, jetzt etwa, wenn die österreichische Regierung die Zwangsimpfung angeordnet hat, aber auch solche Tendenzen zum Totalitären dürfen die Kirche nicht davon abhalten, zumindest in diesem Punkte Luther recht zu geben. Es muß dann aber auch couragiert gefragt werden, ob es wirklich gut ist, daß nun fast alle westlichen Staaten auf die Todesstrafe verzichten. Ist nicht gerade diese Strafe das Zeichen dafür, daß der Staat im Dienste der Gerechtigkeit stehend dies sein Amt recht ausübt, gerade weil diese Strafe nicht kompatibel ist mit dem Evangelio! Aber gerade so widersetzt sich der Staat zum Wohle des Volkes dem Bösen.
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