Montag, 11. April 2022

Eine verdrängte Wahrheit von der Notwendigkeit des Leidens Christi

Eine verdrängte Wahrheit von der Notwendigkeit des Leidens Christi



Dann begann er, sie darüber zu belehren, der Menschensohn müsse vieles erleiden“. (Mk 8,31) Das Problem ist die Interpretation dieses Müssens. Die simpelste Erklärung wäre die, daß Jesus ja gar nicht vorausgewußt haben konnte, daß er leiden werden müsse, sodaß diese Leidensankündigung eine nachösterliche Gemeindebildung sei, die man Jesus in den Mund gelegt hätte. So wäre retrospektiv aus dem kontingenten Ereignis seiner Passion ein notwendiges Geschehen zum Heile geworden. Einfacher formuliert: Schon im Urchristentum hätte es Theologen gegeben, die gern alles verkomplifizieren, aus Kontingentem von Gott gewolltes Notwendiges machen. Dabei muß dann aber präsumiert werden, daß Jesus nur ein Mensch war, der Zukünftiges so nicht vorauswissen konnte.

Oder aber es könnte gemeint werden, daß Jesus realistisch das Konfliktpotential zwischen sich und den maßgeblichen Kräften des damaligen Judentumes so einschätzte, daß er mit seiner Verfolgung, ja mit seiner Tötung zu rechnen habe. Dann wäre das Müssen eine Wahrscheinlich-keitsaussage, wie man urteilt: Bayern München wird wohl das Spiel gegen X gewinnen, müßte es also gewinnen ob dieser Gründe... Dann wären Jesu Leidensankündigungen einfach nur eine Prognose von ihm über das Konfliktpotential. Wenn wir dann aber weiterlesen in Jesu Belehrung über sein Leidenmüssen: „und von den Ältesten,den Hohenpriestern und den Schriftgelehrten verworfen werden;er werde getötet, aber nach drei Tagen werde er auferstehen“, dann wird offensichtlich, daß hier Jesus als Prophet lehrt und nicht als ein Situationsanalytiker.

Daß er nach drei Tagen von den Toten auferstehen wird, das konnte er nur ob seines prophetischen Amtes vorauswissen. Dem Prophetenamt teilt Gott sein eigenes zukünftiges Tuen mit, damit der Prophet das den Anderen, die dies Zukünftige nicht erkennen können, offenbart. Das Auferstehen ist dann die andere Seite des Auferwecktwerdens durch Gott, daß der das passivische Auferwecktwerden Erleidende auch selbst aktiv aufersteht. Gottes Wille ist es so also, daß der Menschensohn leiden und auferstehen wird.

Wo das menschliche Urteil nur ein kontingentes Geschehen erkennen kann, daß da der Konflikt zwischen Jesus und seinen Feinden so sehr eskalierte, daß es zu seiner Kreuzigung kam, lehrt Jesus ob seines göttlichen Wissens, seiner Allwissenheit, was zukünftig geschehen wird und daß es notwendig so geschehen wird, weil es der Wille Gottes ist, daß es so sich ereignen wird.



Die reformatorischen Theologen neigten nun dazu, dies Müssen deterministisch auszudeuten: Der allmächtige Gott bewirkt, daß es so, wie er es will, sich ereignet. Er determiniert so alle Handlungsträger, sodaß sie genau nach dem göttlichen Plan agieren. Aber damit wäre das Menschsein der Akteure negiert, indem sie Gott in fest programmierte Subjekte verwandelte,die nur noch programmgemäß agieren könnten. Dies Müssen stellt also das theologische Denken vor die Aufgabe,wie die Vorstellung, Gott wollte es so, so mußte es sich ereignen mit der Vorstellung von der Freiheit des Menschen kompatibel sein kann. Die Akteure der Passion Christi handeln also freiwillig so wie sie nach Gottes Willen handeln sollen! Einfach gesagt: Sie gehorchen und Gott wußte, daß sie gehorchen werden.

Gott gab so dem Hohepriester Kaiaphas ein, daß es gut sei, den einen zu opfern, um so das Volk zu retten (Joh 11,45-53) und er gehorchte, weil dies seinem Priesterverständnis gemäß war, zum Heile vieler zu opfern.

Das Müssen hat ja einen Zweck: Wozu muß der Erlöser leiden? Eine gewichtige Unterscheidung ist hier zu treffen. Wie ein Arzt aus der Nächstenliebe heraus motiviert einen Kranken heilen möchte, er ihn aber nicht durch seine Liebe zum Kranken heilt sondern durch sein ärztliches Handeln so erlöst uns Jesus nicht durch seine Handlungsmotivation, seine Liebe zu den Menschen, sondern durch sein Sühneleiden. Nur durch dies sein Kreuzesleiden konnte er uns Menschen erlösen, Gottes Gerechtigkeit genüge leistend. So mußte er leiden, wie ein Chirurg eben durch sein Operieren heilt und nicht einfach durch seine Gesinnung der Nächstenliebe.

Aber diese Wahrheit wird wohl auch dieses Jahr am Karfreitag wieder verschwiegen werden und stattdessen Hedwig Courths Mahler gefolgt: „Durch Liebe erlöst“.



 

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