Donnerstag, 30. Juni 2022

Spurensuche: Das Phänomen der Selbstsäkularisierung der Kirche

Spurensuche: Das Phänomen der Selbstsäkularisierung der Kirche


Daß die anvisierten „Kirchenreformen“, würden sie, wie sie jetzt in Deutschland diskutiert werden, vollständig umgesetzt, die hiesige Kirche in eine protestantische Religionsgemeinschaft verwandeln würde, ist so offenkundig, daß selbst der Papst anfrug, wozu es denn in Deutschland neben der EKD noch eine zweite protestantische Kirche geben solle. Aber die Kaprizierung auf die Frage, verprotestantisiere sich so die Katholische Kirche Deutschlands verstellt den Blick dafür, daß die Substanz der Kirche durch die Tendenz der Selbstsäkularisation noch viel grundsätzlicher angegriffen wird.

Ein Extrembeispiel führt der Artikel: „Jesuitenpater sieht katholische Kirche am Kipp-Punkt“. (Kath de am 27.6.2022)

Der Jesuitenpater definiert die Katholische da so: „dass unterschiedlichste Leute in Anerkennung ihrer Verschiedenheit im Dialog zusammenkommen und gemeinsam versuchen aus der Welt eine Welt für alle zu machen.“ Die Kirche sei für die Menschen da, habe ihnen Hoffnung zu geben und solle sich für Gerechtigkeit einsetzen. Was auffallen muß: Nichts irgendwie Religiöses oder gar Christliches findet sich hier wieder. Radicaler kann die Selbstsäkularisierung nicht betrieben werden. Was tritt hier an die Stelle der christlichen Religion? Der Auftrag zur Humanisierung der Welt. Die „Anerkennung der Verschiedenheit“ ist dabei die Lieblingsparole der „Sexuellen Revolution“ in der Epoche der Postmoderne: Jede sexuelle Orientierung soll anerkannt und die natürliche Zweigeschlechtigkeit des Menschen, daß er Frau oder Mann sei, reprobiert werden. Dazu gehört dann auch, daß alle Möglichkeiten der Ausgestaltung der Sexualität bejaht werden. Nun könnte der Text aber auch so gelesen werden, als meinte er, daß jeder, egal welche politische Option er für das Projekt der Weltgestaltung vertritt, mitdialogisieren könne und solle, um „eine Welt für alle“ zu kreieren.Das ist sicher so nicht gemeint: Die Zielvorgabe der einen Welt schließt schon alle Globalisierungskritiker aus. Nur Befürworter der Einen-Welt-Ideologie sind für diesen Dialog zugelassen. Außenpolitisch sind da die zwei großen Gegner der Globalisierung zu benennen: China und Rußland und innenpolitisch die „Popularisten“, die „Rechten“, die „Nationalisten“...Pragmatischer formuliert: nur die politisch Korrekten. (So soll es auf dem „Synodalen Weg“ eine übliche Praxis gewesen sein, sobald ein als conservativ Geltender das Wort ergreifen wollte, ihm die „Rote Karte“ gezeigt wird, bevor er noch ein Wort sprach: Deine Rede ist hier unerwünscht! Diese Unterscheidung von zum Dialog Dazu- und Nichtdazugehörigen und Dazu- und Nichtdazusagbarem gehört nun aber konstitutiv zur Ordnung der Diskurse dazu, wie M. Foucault fundiert darlegt. Somit ist dieser Dialog ein Diskurs im Sinne Foucaults. Diese Praxis des Ausgrenzens ist jedem vertraut, der die Parole der Buntheit und Vielheit kennt, mit der alles Conservative und Rechte dann ausgeschlossen und nur noch Rot-Grün und die Homosexfahne erlaubt wird.

Eine Welt für alle“, das ist nun nicht irgendein Weltbeglückungsprogramm, sondern das der Überwindung aller Differenzen hin zu einer uniformierten Einheitswelt: die „neue Weltordnung“ ist damit gemeint, eine Welt ohne Geschlechter- Völker- und Rassendifferenzen, in der es nach John Lennons Traum („Imagine“) keine Religion und keine Nationen und keine Grenzen mehr gibt, sondern nur noch ein in sich undifferenziertes Einerlei. Dazu paßt es eben, daß schon in der Kirche die Religion keine Rolle meh

Aber für was für einen Menschentyp soll denn nun diese neue Gerechtigkeitswelt errichtet werden. Was wird dabei dann unter dem Begriff der Gerechtigkeit verstanden? Sicher nicht, daß jeder das ihm Zustehende bekommt: Jedem das Seine!, ein Gerechtigkeitsverständnis, daß ja heute als nationalsozialistisches verteufelt wird, sondern eher, daß jeder das Gleiche bekommt. Alle Menschen seien gleich, darum sollen auch alle das Gleiche bekommen. Was kann denn dann die staatliche Politik an alle Bürger gleichmäßig ver- und zuteilen? Materielle Güter, vom Essen über die Kleidung bis zum Wohnraum, aber auch alle möglichen Konsumgüter. Gerecht geht es also zu in der Welt, wenn jeder auf ihr die Güter und auch Konsumgüter hat, die er haben will und er so keinen materiellen Einschränkungen unterworfen ist. Der Konsummensch ist so der Adressat dieses Eine-Welt-Projektes, dem zugerufen wird, daß solange Menschen auf der Erde auf etwas verzichten müssen, sie ein Unrecht erleiden. Dieser Konsummensch ist so ein Mensch ohne religiöse oder metaphysische Bedürfnisse, einen Sinn in seinem Leben zu haben, weil ihm das Leben als der Ermöglichungsgrund zum Konsumieren reicht. Und wenn er doch mal religiöse Bedürfnisse haben sollte, dann gibt es dafür Religionsdienstleistungsanbieter.

Diesen Menschentyp konstruiert sich der politische Diskurs selbst, der ihn als sein angemessenes Objekt des politischen Handelns braucht. Mit solch einem Menschentyp läßt sich eben die „Neue Weltordnung“ erschaffen. Nietzsche beschreibt diesen Typ als den des „letzten Menschen“. Dieser kann streng genommen kein religiöser Mensch mehr sein, er ist reduziert auf seine Wirtschaftsfunktion als Produzent und Konsument von Waren. Gerechtigkeit kann dann für diesen Typus nur noch heißen, daß jeder Mensch, wenig arbeitend alles wie alle anderen konsumieren kann.

Was bleibt dann für die Kirche noch übrig? Nichts, außer daß auch sie einstimmt in den großen Aufruf: Schaffet die zum „letzten Menschen“ passende Welt, denn die wird eine des Friedens und der Gerechtigkeit, in der es Alles für Alle gibt.

Das wäre die radicalste Version der Selbstsäkularisierung der Kirche. So radical ist man doch aber nicht in Deutschen Landen. In der Kirche wird doch noch von Gott und Jesus geredet, selbst der Hl. Geist taucht ab und zu auf. Der reformierte Theologe Karl Barth riet einmal zur Überprüfung, ob ein Text wirklich christlich sei, aus ihm Gott, Jesus Christus etc zu streichen, um dann zu untersuchen, ob der Gehalt des Textes sich ändere. Zur Veranschaulichung: Die Aussage: Jesus sagt, es sei gut, aufeinander Rücksicht zu nehmen, behält ihren Wahrheitswert, wenn ich das: „Jesus sagt“ streiche. In wie vielen Texten des katholischen Verbandslebens könnte man so Gott, Jesus Christus... streichen, ohne daß die Texte dadurch an Gehalt verlören. Es drängt sich eben der Verdacht auf, daß der Grad der Selbstsäkularisierung dadurch verschleiert wird, daß rein säkularistische Texte noch mit christlichem Dekor verziert werden. Sinnfällig wird das besonders bei bischöflichen Stellungnahmen, die sich kaum in irgendetwas noch von den Regierungserklärungen zu der Sache unterscheiden.




 

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