Dienstag, 7. Juni 2022

"Wer hat mein Lied so zerstört?" Oder wie man das Evangelium destruieren kann

Wer hat mein Lied so zerstört?“ Oder wie man das Evangelium destruieren kann


Wird in den heutigen Zeiten der Herr der Kirche nicht auch in diesen bekannten Klagegesang einstimmen müssen angesichts dessen, was ihm in der Kirche angetan wird?

Der Tatort: Eine Pfingstmontagspredigt. Die Zentralaussage des Evangelims: „Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, daß er seinen Sohn hingab, damit jeder,der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat.“ (Joh 3,16) In einem Satz wird hier die ganze Verkündigung Jesu komprimentiert, somit ist es ein sehr gehaltvoller Satz, der nun in der Predigt auf seine Entfaltung wartet. Was macht aber der Prediger im Kölner Dom daraus? Gott liebe die Welt. Das bedeute: Er liebt jeden von uns, er sage zu jedem Ja! Alles weitere wurde unterschlagen. Kein Wort vom Glauben an Jesus Christus, kein Wort zum ewigen Leben...

Stattdessen wandte die Predigt sich dem Thema des Heiligen Geistes zu, der durch das Sakrament der Firmung uns ausgeteilt worden ist. Jetzt wurde die Predigt konfus. In Joh 3,19-21 erklärt Jesus, warum nicht jeder zu einem Gläubigen wird: Die, die das Böse taten und tuen, verabscheuen das Licht der Wahrheit, damit ihr böses Tuen nicht offenbar werde. In der Predigt hieß es nun aber, daß die Geistgabe uns dazu befähige, das Gute zu tuen, aber es gäbe auch trotzdem die Möglichkeit, daß wir wieder Böses wirkten. Denn Gott gab uns die Freiheit, gut oder böse zu wirken. Unklar blieb nun, ob diese Freiheit eine jedem Menschen gegebene ist oder ob sie die Frucht des Heiligen Geistes sei. Zur Steigerung der Confusion hörte man dann nämlich, daß überall, wo Gutes Menschen täten, dies durch den Geist erst ermöglicht wurde. Der Heilige Geist ermöglicht also Menschen das Gute zu tuen, aber er kann diese Gabe zum Guten auch ungenutzt lassen. Einerseits soll diese Gabe durch das Sakrament der Firmung vermittelt werden, andererseits kann der Geist diese Potenz auch ohne die Vermittelung dieses Sakramentes austeilen, aber es gilt wohl auch andererseits, daß im Prinzip jeder Mensch im moralischen Sinne gut oder böse handeln könne.

Der enge Zusammenhang zwischen dem Glauben an Jesus und der Aussage, daß die das Böse Tuenden nicht zum Glauben kommen wollen, wird hier völlig ignoriert. Das Zentralthema des Glaubens an Jesus Christus wird überhaupt nicht erwähnt. Eigentlich, wenn nicht genau auf jede Einzelaussage gehört wird, sagte die Predigt nur:


Gott liebt jeden Menschen.


Jeder Mensch soll Gutes wirken. Das kann er auch durch den Heiligen Geist, aber es läge an uns, ob das uns gelänge. Auch Nichtchristen können das Gute tuen, denn auch ihnen stünde der Heilige Geist bei.


Ist diese Predigt nun einfach eine besondere Skurilität oder manifestiert sich hier eine allgemeine Tendenz der heutigen Kirchenverkündigung? Meine Thesen dazu: Die Aussage: Gott liebt die Welt wird heutzutage regelmäßig so interpretiert, als ob es Gott gleichgültig wäre, ob wir an Jesus Christus glauben oder auch nicht glauben, da jedem Menschen Gottes Liebe gälte.

Daß wir durch Jesu Christi Kreuzestod erlöst werden, wenn wir an ihn glauben, ist dann auch keine mehr zulässige Aussage: Auch wenn Jesus nicht gekreuzigt wäre, wären wir von Gott Bejahte. Das Kreuz Christi ist also soteriologisch ohne eine Bedeutung. Es könne nur noch die Liebe Gottes zu allen Menschen anzeigen. Deshalb kann es dann auch gar kein Zugrundegehen des Ungläubigen mehr geben.

Schon gar nicht dürfen so die Nichtchristusgläubigen kritisiert werden: Weil sie Böse seien, wollen sie nicht gläubig werden. Politisch korrekt ist dagegen nur die Aussage, daß alle Menschen, egal wie sie sich zur christlichen Religion und zu Jesus Christus im Besonderen verhielten, Gutes tuen können. Da nun dies eine Pfingstpredigt war, mußte dann noch irgendwie der Heilige Geist eingebracht werden, obzwar er in dieser Konzeption völlig überflüssig ist. Es wurde so einerseits gepredigt, daß der Heilige Geist die Gefirmten zum Guten befähige, aber er wirke auch unter allen anderen Menschen, daß auch sie Gutes wirken können. Faktisch heißt dies, daß jeder das Gute tuen könne, es an ihm läge, das im Mögliche zu realisieren und das vor dem Hintergrund, daß Gott jeden Menschen liebe.

Was bleibt so von dem Johannesevangeliumstext übrig außer der Aussage: Gott liebt uns- tuet jedem Gutes? Genau diese Tendenz, das Christentum auf einen Humanitarismus zu reduzieren, in dem Gott nur noch als der Appell zur Humanität erscheint, ist die vorherrschende in der heutigen Kirche. Da paßt eben der Glaube an Jesus Christus, die Verheißung des ewigen Lebens, die Mahnung an die Möglichkeit des Untergehens nicht hinein. Diese Glaubensinhalte werden dann konsequent eskamotiert, um einem seichten Humanitarismus Raum zu geben: Sei gut zu jedermann, denn Gott liebt auch jedermann.

 

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