Donnerstag, 30. Juni 2022

Ist die Kirche noch in Ordnung? Ein paar Bedenken

Ist die Kirche noch in Ordnung? Ein paar Bedenken


Die Kirche, das ist auch der Raum, ein besonderer, in dem der Gottesdienst durchgeführt wird. Selbstverständlich richtet sich spontan das Augenmerk auf das da sich Ereignende: Wer da was wie wozu macht. Könntes es nicht sein, daß so schon etwas auch für die christliche Religion Konstitutives übersehen und somit auch nicht hinreichend mitreflektiert wird, daß der Raum, in dem sich dann der Gottesdienst wie auch immer ereignet, selbst ein heiliger Ort ist, der so selbst zur Praxis des Gottesdienstes dazugehört. Für die religiöse Praxis gilt ja nicht, daß da, wo sich Menschen zu einem Gottesdienst versammeln, ein heiliger Ort entsteht, sondern daß da, wo ein heiliger Ort ist, die Gläubigen den Gottesdienst begehen. Gott hat sich den Zion und dann den Jerusalemer Tempel als den Ort erwählt, wo ihm dann die Gottesdienste zu zelebrieren waren, denn dort hat er seinen Namen wohnen lassen.

(Als eine degenerierte Gestalt der christlichen Religion muß deshalb die reformatorischere Vorstellung angesehen werden, daß erst durch die religiösen Versammlungen Orte zu heiligen werden.) Für den Katholischen Gottesdienst gilt deshalb, daß der Tabernakel das Zentrum des heiligen Raumes zu bilden hat, denn das ist der Ort der Präsenz Jesu Christi in der Kirche. Durch die lebendige Anwesenheit seines Herren in jedem Kirchenraum wird dieser zu einem heiligen Ort.

Aber es muß doch gefragt werden: Wird dieser theologischen Wahrheit die ästhetische Gestaltung des Innenraumes der Kirchen gerecht? Oft schon: Wer das Glück hat, in einer Barockkirche die hl. Messe zu erleben, wird hier eine Innenraumgestaltung erleben, die diese theologische Wahrheit ästhetisch zum Ausdruck bringt. Im Prolog des Johannesevangeliumes wird das Verhältnis des göttlichen Logos zur Welt in erhabenster Weise expliziert: Das Licht, das in die Welt kommt, die durch den Logos erschaffen ward, um sie nun zu erleuchten, aber die Welt nahm das Licht nicht auf, sondern nur die dazu Erwählten. Das müßte auch ästhetisch zur Geltung gebracht werden: Das Helligkeitszentrum bildet der Tabernakel, auf den hin der Altar ausgerichtet ist, denn Gott wird ja das Meßopfer dargebracht, auch dem Sohn selbst. Wenn die Welt außerhalb des Kirchenraumes die der Finsternis ist, dann ist das Tabernakel und der auf ihn hin ausgerichtete Altar das Lichtzentrum, von dem her die Welt und ersteinmal der Kirchenraum sein Licht erhält. Vom Eintritt in die Kirche her müßte also die Helligkeit zum Tabernakel und dem Altar hin zunehmen. Denn die Kirche leuchtet ja nicht aus sich heraus sondern sie leuchtet wie der von der Sonne beschienene Mond. Der innere Aufbau der Kirche ergibt sich daraus: Von Oben, vom Himmel kommt der göttliche Logos, um die Erde zu erleuchten. Der Raum des Allerheiligsten wäre so der des Tabernakels und des Altares. Davon separiert ist der Teil des Kirchenraumes, in dem die Menschen aus der Welt kommend, die sich nun dem Lichte zuwenden. Es ist so der vom Lichtzentrum her erleuchtete Raum, der aber auch ein dunkler zu sein hat, damit er erleuchtet werden kann.

Die Antithese wäre die Vorstellung, daß die natürlich-vernünftige Gotteserkenntnis die Menschenwelt schon so sehr erleuchtet, daß das Offenbarungslicht gar nicht mehr von Nöten sei. Das wäre so, als stellte man eine brennende Kerze in einem von elektrischem Licht vollständig erhellten Raum.Die Trias von der Welt außerhalb der Kirche, des heiligen Raumes in seiner Zweiteilung von dem allerheiligsten und dem Teil des Sichversammelns der von der Welt in die Kirche Kommenden konstituierte so den Raum der Kirche. So verkündete schon diese Komposition das Evangelium der Menschwerdung des Sohnes Gottes.

Daß das Heil von Oben von einem Außerhalb kommt, verlangt nun auch eine besondere Raumgestaltung. Der Abstiegsbewegung Gottes zu uns korreliert die Aufstiegsbewegung von uns zu Gott. Der Kirchenraum hat so eine inneres Gefälle zu haben, daß hereinkommend man zu Gott nach Oben sich ausrichtet und daß der Priester, von Oben kommend vermittelnd zu uns herab kommt. Wer einmal eine hl. Messe im „Alten Peter“ in München erleben durfte, konnte das erleben. Das Amt des Priesters ist ja das der Vermittelung. Er empfängt von Gott und teilt es dem Volke aus, sowohl das Wort Gottes in der Predigt wie das Sakrament vom Altar her. Diese Vermittelung verlangt aber eine Differenz, die zu überwinden ist. Oben steht der Hochaltar mit seinem Zentrum, dem Tabernakel, von dem der Priester hinabsteigt, um dem Volke den Leib und das Blut Christi auszuteilen. Wenn er dagegen das Meßopfer darbringt, hat er sich von dem Volke ab- und dem Tabernakel hinzuwenden, denn er opfert ja nicht dem Volke sondern Gott.

Wo nun diese Raumstruktur aufgegeben wird in Folge der Liturgiereform des 2.Vaticanums verliert der heilige Raum seine angemessene Ordnung. Jetzt sollen, zumindest liberal interpretiert, alle Gott gleich nahe sein, sodaß es eine solche Vermittelung gar nicht mehr geben braucht. Es gibt kein Oben und kein Unterhalb mehr, sondern der ganze Raum ist gleichermaßen erhellt. Man beginnt, den Gottesdienst zu feiern, in dem alle gleichberechtigt auf gleicher Höhe stehend oder sitzend mitwirken. Die Predigt drückt dann nur noch den persönlichen Glauben des Predigers aus- der Triumph des Subjektivismus. Deshalb wird sie nicht mehr von der Predigtkanzel gehalten. Die Kirchenräume sind hell, weil wir in einer guten hellen Schöpfung leben, die genau genommen gar keines Erlösers, einer externen Belichtung bedürfte. Wo die Welt, der ganze Kosmos schon die gut geordnete Welt ist, da bräuchte sie nur noch eines Aufklärers, der verkündet: Öffnet Eure Augen und ihr seht die Schönheit der Welt. Oft wird gar der Tabernakel ganz aus dem Zentrum gerückt und der Altar sieht dann eher wie eine Tischtennisplatte oder wie ein überdimensionierter Frühstückstisch aus, denn es fehlt im die Relation zu dem im Kirchenraum präsenten Gott im Tabernakel.


Könnte es nicht sein, daß die modern nachkonziliar erbauten Gottesdiensträume so die Wahrheit des christlichen Glaubens selbst dementieren und so zu unglaubwürdigen Gottesdiensten führen. Denn welche Frau glaubte dem Bekenntnis: „Ich liebe Dich!“, wenn der Mann dabei die Arme vor seinem Körper verschränkte. So könnte auch die Sprache moderner Kirchenbauten die Wahrheit der Kirche unglaubwürdig machen.









 

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