Freitag, 10. Juni 2022

Jobs statt Beruf - eine Folge der Säkularisation

Jobs statt Berufe – eine Erwägung zur Reform des kirchlichen Arbeitsrechtes



Als eine besondere Kulturleistung der Reformation kann die Aufwertung der Arbeit angesehen werden, da nun die Erwerbstätigkeit als ein Beruf verstanden wurde, also als das, wozu wer von Gott berufen ist. Der Beruf wurde erwählt und dann auch lebenslang ausgeübt, zu dem der ihn Ausübende sich berufen wußte. Dieser Aufwertung der Arbeit korrelierte dann aber auch eine Abwertung der traditionellen Berufungen: a) durfte es nach Luther keine Priester und auch keine Mönche mehr geben, denn seine besondere Lehre vom Opfer Christi verbot jedes kirchliche Priestertum und seine Rechtfertigungslehre verunmöglichte das Fortbestehen der Klöster und aller Ordensgemeinschaften und b) wurden stattdessen Pfarrer als Leiter der Gemeinden eingeführt, die dazu wie zu einem weltlichen Beruf berufen waren. Die Welt der Arbeit wurde zu der derausgeübter Berufungen. Man könnte fast dazu geneigt sein, zu urteilen, daß die eigentlichen Berufungen, die zum Priester und zum Mönch verweltlicht und die weltlichen Tätigkeiten verkirchlicht wurden. Alle hatten einen Beruf, waren zu Gott zu etwas berufen im weltlichen Arbeitsleben.

Mit dem Untergang des Abendlandes verschwand aber auch dies Konzept des Berufes: Wir haben nur noch Jobs. Gehört der Begriff des Berufes in den christlich-religiösen Vorstellungsraum: Gott beruft einen wozu so manifestiert sich im Begriff des Jobs eine Wiederverweltlichung des Arbeitslebens: Jobs werden auf dem Arbeitsmarkt von Arbeitgebern angeboten, die sie dann an von ihnen Ausgewählte vergeben. In diesem Marktgeschehen verliert der Begriff der Berufung und somit auch der des Berufes seine Bedeutung.


Nun arbeiten viele im Dienste der Kirche. Ursprünglich war die Kirche oder das Kloster der Ort, in denen Menschen ihre Berufung zu einem geistlichen Leben oder einem besonderen Dienste der Kirche realisierten. Was passiert nun aber, wenn die Kirche von Jobbsuchern als ein möglicher Arbeitgeber wahrgenommen wird, der sich im Prinzip von keinem weltlichen Arbeitgeber unterscheidet: Er bietet eine Anstellung an, für die der sie Annehmende entlohnt wird. Der Arbeitgeber verlangt dabei nur, daß der Anzustellende in der Lage und auch willig ist, die ihm aufgetragenen Arbeiten angemessen gut auszuführen. So könnte ein überzeugter Vegetarier in einem Grillimbiß arbeiten, solange er dort als Servicekraft seinen Arbeitsverpflichtungen nachkommt, auch wenn er nie ein einziges dortiges Essen zu sich nehmen würde, weil alles Angebotene fleischhaltig ist. Er dürfte nur nicht zu den Kunden sagen: „Essen Sie das nicht, das ist Fleisch!“

Im Prinzip verlangt so jeder Arbeitgeber nur eine äußerliche Loyalität ihm gegenüber und der Lebenswandel außerhalb der Arbeitszeiten geht und darf einem Arbeitgeber nichts mehr angehen. So sollte es zumindest in dem Arbeitsleben zugehen, wenn die Arbeitstätigkeit als Job begriffen werden. Aber die Kirche versteht sich nun nicht wie ein weltlicher Arbeitgeber. Für ihn arbeiten in ihr Berufene mit einer ganz anderen Loyalität dem Arbeitgeber gegenüber: eine innere Loyalität wird vorausgesetzt. Einfach gesagt: Gläubige dienen in der Kirche. Sie nehmen so Anteil an der Berufung der Kirche als zu ihrem besonderen Dienste Berufene.

Der Kampf gegen die Katholische Kirche konzentriert sich in diesem Bereich nun auf die Forderung, daß dieser Arbeitgeber seine Mitarbeiter wie ein weltlicher Arbeitgeber als Bürger zu verstehen hat, die hier einen Job für sich gefunden haben. Die von der Kirche eingeforderte Loyalität darf so auch nur eine äußerliche sein, die sich zudem auf das Arbeitsleben in der Kirche beschränkt. Außerhalb der Arbeit in der Kirche gelten für sie nur die Bestimmungen ihres Privatlebens, die eben für jeden Bürger gelten.

Für besondere Bereiche des Arbeitslebens gilt der „Tendenzschutz“. Damit ist gemeint, daß etwa eine politische Partei das Recht hat, für in der Partei ausgeschriebene Stellen nur Mitglieder ihrer Partei einzustellen oder daß eine Zeitung gemäß ihrer politischen Tendenz nur Redakteure einstellen kann, die dieser Tendenz entsprechen. Das gilt so auch für den Tendenzbetrieb der Katholischen Kirche. Aber es wird nun angefragt, ob dieser Tendenzschutz für alle Anstellungen in der Kirche rechtens gelten dürfe oder nur für wenige im Verkündigungsdienst, etwa Pfarrer und Religionslehrer, aber dann nicht für die Bureaumitarbeiter oder den Kirchenpfleger. Der Kampf gegen die Katholische Kirche konzentiert sich hier a) auf die Einengung des Bereiches, für den dieser Tendenzschutz gelten dürfe und b) einer Liberalisierung der Anforderung der inneren Loyalität.Unter dem Letzterem sei die Forderung verstanden, daß der Kirche das private Sexualleben keines ihrer Mitarbeiter etwas angehen dürfe,daß also jemand zwar im Dienste nicht gegen die Morallehre der Kirche verstoßen dürfe, aber privat dann leben dürfe, wie es jedem anderen Bürger auch erlaubt ist.

Zur Veranschaulichung der Problematik: Als Religionslehrer müßte dann ein mit einem anderen Mann Verheirateter die Ehelehre der Kirche unterrichten, aber er dürfte privat eine Homoehe führen, wie eben ein Vegetarier einen Schweinebraten Gästen serviert, den er Daheim niemals essen würde, solange er den Gästen, solange er im Dienst ist, nicht sagt: Esset kein Fleisch! Aber so gut das für Servicekräfte in einer Restauration vorstellbar ist, im kirchlichen und schulischen Unterricht werden wir viel eher damit zu rechnen haben, daß so Angestellte dann auch im Religionsunterricht oder sonst wo die kirchliche Lehre aburteilen werden: Ich halte mich auch nicht daran! Aber trotzdem wollen sie dann ihren Job in der Kirche behalten:Die Kirche dürfe eben niemanden wegen einer kirchenkritischen Haltung aus dem Dienst entlassen. So wird sogar eine äußerliche Loyalität dem Arbeitgeber gegenüber schon als nicht mehr zumutbar reprobiert. Das ist dann ein noch mehr als eine bloße Verweltlichung der Kirche. Die Kirche ist eben für viele, sehr viele?, nur eine Arbeitsstelle, in der man seinen Jobb hat, dem man möglichst leicht und bequem und unter wenig Auflagen ausüben möchte.

Die Vorstellung, daß zur Glaubwürdigkeit der Kirche also Mitarbeiter gehören, die sich positiv mit der Kirche identifizieren, soll so ad acta gelegt werden.Stattdessen soll die Kirche sich so der Welt einpassen, daß sie keinem mehr irgendwie anstößig von allen respektiert wird, weil sie so geworden ist wie die Welt, die sich so wie sie ist ja auch bejaht.

 

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