Mittwoch, 20. Juli 2022

Das Priestertum in der Kirche abschaffen? Bedenken wider eine christologische Engführung

Das Priestertum in der Kirche abschaffen?


Mit einiger Verzögerung, der „Synodale Irrweg“ hatte ja beschlossen, zu prüfen, ob die Kirche überhaupt Priester bräuchte, erfolgen erste Diskussionsbeiträge, auch auf der Internetseite Kath net dokumentiert. Ein sehr beachtlicher: „ der christologische Grund des katholischen Priester-tums“ (18.7.2022) sei hier besonders erwähnt. Mein dazu eingereichter Kurzkommentar ist aber nicht veröffentlicht worden, er ist wohl als zu kritisch empfunden worden.

Meines Erachtens sollte das Priesteramt in der Katholischen Kirche nicht ausschließlich christologisch begründet werden, zumal ein solch exclusiver Christozentrismus eher zu Luther als zur Katholischen Kirche paßt.

Zu fragen ist nämlich, warum es neben dem wahren Priester Jesus Christus ,es sei an die 3 Ämterlehre erinnert, daß er der wahre König, der wahre Prophet und der wahre Priester ist, noch andere Priester in der Kirche geben darf und soll. Man kann ja nicht einfach den Priester verschwinden lassen durch die These, der Priester handle so in der Person Jesu Christi, daß genaugenommen gar nicht der geweihte Priester sondern Jesus Christus das Meßopfer darbrächte. Dann wäre aber das Meßopfer gar kein kirchliches Opfer mehr, sondern Jesus Christus vollzöge es allein monoergistisch durch das Medium des Priesters. So würde das Priesteramt ganz in Christus hineingezogen aufgelöst in ein alleiniges Jesu Christi.

Auf die Spuren nach einem relativ selbstständigen Priesteramt stößt man, frägt man danach, welche Bedeutung der Hohepriester Kaiaphas für das Kreuzaltaropfer hatte. Es geht dabei nicht um ihn als Privatperson sondern um ihn als Amtsperson. Als Amtsperson war er dafür zuständig, das Sühnopfer darzubringen. In der Intention, daß es besser sei, einen zu töten, als daß sonst sehr viele stürben, forderte er ja, Jesus auszuliefern, ihn kreuzigen zu lassen. (Joh 11,45-53) Wenn nur der Römische Staat in der Amtsperson des Pilatus für die Kreuzigung Jesu Christi zuständig gewesen wäre, wie hätte dann erkannt werden können, daß die da vollstreckte Todesstrafe ein Opfer im kultischen Sinne gewesen war? Indem nun der Hohepriester so maßgeblich an der Kreuzigung beteiligt gewesen war, ist diese Kreuzigung als Opferhandlung erkennbar geworden, denn nun tat das Hohepriesteramt das, wozu es installiert worden ist durch Gott, daß es nun das Sühnopfer darbrachte.

Jesus Christus wollte nicht allein der Priester sein, der sich am Kreuze selbst als Opfer darbringt, sondern in diesem Opfer sollte es auch die für ein Opfer konstitutive Differenz zwischen dem, der opfert und dem, was geopfert wird, geben. Denn sonst fehlte das Passivische des Opfers, daß das Zuopfernde geopfert wird. Das Priesteramt Pilatus in seiner Bedeutung für das Kreuzaltaropfer eröffnet so den Raum für ein rein menchliches Priestertum neben dem Priestertum des Sohnes Gottes.

Wenn nun gefragt wird, warum es gegen Luther nicht nur das eine Opfer Jesu Christi sondern die vielen des Alten und die vielen des Neuen Bundes gibt und zwar als legitime dann ist zur Respondierung dieser Frage die Unterscheidung von Urbild und Abbild mehr als hilfreich. Das Urbild des wahren Opfers bildete sich in den Opfern des Alten Bundes vorab ab und in den vielen Opfern des Neuen Bundes nach ab. Das eine waren die Vorabbildungen, die anderen sind die Nachabbildungen des urbildlichen Sühnopfers.Da im Urbild ein rein menschlicher Priester konstitutiv mitwirkte, sind auch in den Vor- wie auch Nachabbildungen rein menschliche Priester tätig, die des Alten und des Neuen Bundes. Dann ist das Verhältnis des einen Urbildes zu den Abbildern nicht so zu interpretieren, als käme zu dem einen urbildlichen noch andere abbildliche dazu, sondern die Substanz der vielen abbildlichen Opfer ist das Urbild selbst. Anders formuliert: Das Urbild und seine Abbilder bilden eine dialektische Einheit, daß eine Differenz gesetzt wird, die der zwischen Urbild und Abbild und daß diese Differenz aufgehoben wird in der Einheit des Urbildes mit seinen Abbildern.

Das rein menschliche Priesteramt kann und soll es so nun geben, im Alten wie im Neuen Bund, weil auch am Kreuzaltar Jesus Christus den Hohepriester als rein menschlichen Priester mitwirken ließ. Das Karfreitagsopfer legitmiert so gerade auch das Priestertum des Alten Bundes und verweist auf das Priestertum des Neuen Bundes. Das Urbild des wahren Opfers ermöglicht so erst durch seine Abbildopfer, daß Religion sein kann, deren Zentralpraxis nun mal der Opferkult ist. Ohne solch eine kultische Opferpraxis verkäme nämlich der Gottesdienst zu einer bloßen Erinnerungsveranstaltung historisch Interessierter. Das wäre der Tod der lebendigen Religion.



 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen