Donnerstag, 7. Juli 2022

Illusionäre Vorstellungen von Gott -oder Gott ist nicht so wie wir uns ihn erphantasieren. Zur zeitgenössischen Theologie

Illusionäre Vorstellungen von Gott- oder Gott ist nicht so wie wir uns ihn erphantasieren


Ein großes Ärgernis nicht nur für die zeitgenössische Theologie bildet nun die hl.Schrift selbst, enthält sie doch viel zu viele Aussagen über Gott, die einfach nicht gefallen können. Gerade nun in demokratisch gestimmten Zeiten, die von jeder Autorität, die eine Herrschaft ausüben will, eine Legitimierung ihrer Herrschaft verlangt, müsse sich auch Gottes Herrsein über den Menschen rechtfertigen, daß er eben für uns akzeptabel sei. Wie muß Gott also sein, damit er für uns glaubwürdig wird?, so frägt eine anthropozentristische Theologie (etwa Professor Magnus Striet), aber gerät damit in unlösbare Widersprüche zu dem Gott, wie er sich uns durch die hl. Schrift zu erkennen gibt.

Daß Gott immer präsent, sich gleichbleibend, nämlich liebend zu seiner Schöpfung und den Menschen verhielte, gilt so als das Grundaxiom modernistischer Theologie. Nur die Bibel und die ihr folgende Theologie verkenne ab und zu und auch oft Gott, sodaß hier eine Revision von Nöten sei. Was verkündigt dann aber der Prophet Jesaja für einen befremdlichen Gott:

Et exspectabo Dominum,qui abscondit faciem suam a domo Jacob, et praestolabor eum“= Ich aber werde auf den Herrn vertrauen,der sein Angesicht vor dem Hause Jacobs verbirgt, werde auf ihn harren.“ (Jesaja 8,17)

Gott verbirgt sich vor uns. Das ist doch eine völlig inakzeptable Gottesprädikation: Er ist doch immer der den Seinen gnädig und liebend Zugewandte, den wir wohl vergessen oder gar keinen Glauben schenken können, der aber immer so uns gegenüber ist. Luther vertieft die Vorstellung vom „deus absconditus“ vom „verborgenen Gott“ geradezu zu einer eigenen Gotteslehre, expliziert in seiner Schrift vom „libero arbitrio“, seinem seinem Eigenurteil nach gewichtigste Schrift, die heutzutage selbst unter den Lutheranern völlig in Vergessenheit geraten ist, weil sie völlig inkompatibel mit den Grundaxiomen der Moderne, ihrem Freiheitspathos ist. Der Gott, so wie er sich uns in Jesus Christus offenbart hat, kann in dem Gott, der die Welt regiert sodaß nichts gegen seinen Willen in der Welt sich ereignen kann, vom Brudermord Kains bis zum Ukrainekrieg, nicht recogniziert werden. Das meint die Verborgenheit Gottes. Man könnte im Sinne Luthers so es formulieren: Die Vernunft kommt zu dem Urteil, daß es Gott gibt, der als Allmächtiger diese Welt regiert und so ist er dem Denken überhaupt nicht verborgen, aber wenn man auf die Welt schaut, wie sie ist, dann kann der Weltregierergott nicht in Einklang gebracht werden mit dem Gott, wie er sich in Jesus Christus selbst offenbart hat, als der Liebende.

Damit sind wir bei dem Propheten Jesaja angekommen: Der Gott Israels, der hat sich von seinem eigenen Volke abgewandt, er läßt das Elend seines Volkes zu, nein er straft es gar. Sein Angesicht Abwenden bedeutet nämlich, daß er seine Liebe von seinem Volke abgewendet hat, Gott zürnt ihm. In diesem göttlichen Zorn kann der Prophet das seinem Volke zugewandte Angesicht Gottes nicht mehr recognizieren.


Es gibt so nicht nur eine Krise der Religion, weil Menschen ihr Angesicht von Gott abwenden, um so der Erde treuer sein zu können (Nietzsche), sondern auch eine Krise der Religion, wenn Gott sein Angesicht von seinem Volke bzw seiner Kirche abwendet, wenn die sich von ihm in ihrem Sündigen abgewandt haben.

Et exspectabo Dominum“, das Verb übersetzt Arndt SJ in seiner Vulgataausgabe mit: „vertrauen“.Das klingt gut, aber ein Blick in ein Lateinlexikon irritiert dann: „warten.erwarten,befürchten, erhoffen“ werden als Übersetzungsmöglichkeiten offeriert. Ist etwa das Vertrauen zu vollmundig, rechnet der Prophet eben auch mit der Möglichkeit, daß Gott für eine längere Zeit sein Angesicht verbergen könnte? Theologisch formuliert heißt das, daß es keine Selbstverständlichkeit ist, daß Gott immer, nach einer kurzen Phase des Zürnens sich wieder liebend den Seinen zuwendet. Es ist ein Akt göttlicher Gnade. Aber gerade die Gnadenvergessenheit zeichnet eben die postkonziliare Theologie aus.

Die feministische Theologie mit ihrer Vermütterlichung Gottes hat Wesentliches zum Verdrängen der Erkenntnis der Gnade Gottes beigetragen: Wenn Gott uns Menschen so selbstverständlich liebt wie eine Mutter ihr Kleinkind, dann wird das Geliebtwerden zu etwas rein Natürlichem, Gott könne gar nicht anders als seine Kinder zu lieben. Ist so die Liebe Gottes etwas Natürliches, kann sie keine Gnade mehr sein. Die so vernaturalisierte Liebe Gottes schließt dann auch die Denkbarkeit eines Zürnens Gottes, eines Sichabwendens aus, sodaß hier der Prophet eben falsch von Gott redet: Nicht hat Gott sein Angesicht von seinem Volke abgewandt, das ist dem Propeheten eben nur so in seinem Leiden so vorgekommen. So kann man eben einen uns genehmen Gott sich zusammenphantasieren, aber dieser Phantasiegott existiert eben nur in den menschlichen Träumen, der Prophet Jesaja und die ganze hl.Schrift konfrontiert uns aber mit dem Gott, wie er real ist. So desillusioniert die Bibel auch und ist so nicht einfach nur: „eine frohe Botschaft“. (Vgl dazu mein Buch: Der zensierte Gott)


 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen