Samstag, 9. Juli 2022

Wenn ein Kardinal vergißt, was der Mensch ist!

Wenn ein Kardinal Unsinniges zum Thema: „Transhumanismus und christliches Menschenbild“ von sich gsaenn vergessen wird, was der Mensch ist!


So betitelt findet sich auf Kath net am 8.7.2022 ein Gespräch eines Rechtsanwaltes mit Kardinal Müller, das so viel Unsinniges enthält, daß ich beim Lesen mich frug, ob das wohl satirisch gemeint sein könne. Mehr als ärgerlich und fast schon peinlich ist das permanente Herbeizitieren von Hitler und Stalin, von Auschwitz, um so das Anliegen des Transhumanismus zu verteufeln. Der etwas aus der Mode gekommene Vorwurf der Selbsterlösung muß dann auch noch herhalten, um endgültig dem Transhumanismus als etwas ganz Widerwärtiges zu entlarven. Ach ja, und irgendwie sind dann auch noch oder gerade Descartes und Nietzsches „Übermensch“ an Allem schuld.

Aber all diese Polemik soll ja nur der Verteidigung des „christlichen Menschenbildes“ dienen. Aber was wird nun darunter verstanden? Daß der Mensch eine Einheit des Körpers und der Seele, des Leibes und des Geistes sei und daß er als diese Einheit Gottes Ebenbild sei, dem so die Menschenwürde zukäme. Antichristlich sei dagegen jede dualistische Sicht des Menschen, die die Differenz der Seele von dem Körper betone. Die Theologie unterscheidet aber zwischen der unsterblichen Seele und dem vergänglichen Körper, daß das Sterben so die Loslösung der Seele vom Körper ist, daß die Seele also nach dem Tode im Himmel, im Fegefeuer oder in der Hölle existiert und nur der Leib, verwesend im Grabe ist. Das ist ein eindeutiger Dualismus. Die Heiligen können für uns nur Fürbitten leisten, weil sie als Seele schon bei Gott sind, während ihre Leichname schon oft völlig vermodert sind.

Dieser Dualismus fndet im Schöpfungsbericht seinen markanten Ausdruck in der differenzierten Darstellung der Hervorbringung des Menschen durch seinen Schöpfergott, daß er menschliche Leib aus der Erde genommen wird von Gott, daß Gott aber dann in diesen menschlichen Körper die Seele hineinhaucht. Die katholische Anthropologie hält an dieser Differenz fest, daß nämlich nur der menschliche Leib durch die geschlechtliche Fortpflanzung entsteht, nicht aber die Seele. Denn Natürliches kann keine Seele, keinen Geist hervorbringen. Die Seele jedes Mensch inkarniert Gott als etwas unmittelbar von ihm Erschaffenes.

Dieser Dualismus gehört so also konstitutiv zur christlichen Anthropologie. Erst im Anfang des 20. Jahrhundertes kritisierten protestantische Theologen gegen diesen Dualismus, am bekanntesten Jüngel in seinem Buch: „Tod“. Die Entplatonisierung des Christentumes wurde gefordert, man lehrte den „Ganztod“, daß der Mensch nach dem Tode völlig genichtet würde und Gott ihn dann ganz neu erschaffen würde bei der Auferstehung der Toten. Mit dieser Vorstellung synthetisierte sich gern die des natürlichen Todes, daß das Sterbenmüssen zur Natur des Menschen gehöre und somit der Tod nicht mehr der Sünde Sold ist.

Dies Projekt der Entplatonisierung stößt nun aber auf unlösbare Probleme, denn nun können alle biblischen Aussagen über das Sein der Verstorbenen in der Unterwelt nicht mehr verstanden werden. Wie soll denn gar diese Aussage des 1. Petrusbriefes über das Wirken Jesu Christi nach seinem Kreuzestod in der Unterwelt begriffen werden: „So ist er auch zu den Geistern gegangen, die im Gefängnis waren, und hat ihnen gepredigt.“ (3,20) Ob ihrer Sünde waren sie in diesem Gefängnis, all die, die nicht durch die Arche Noahs gerettet worden waren. Diesen predigte der in die Unterwelt hinabgefahrene Christus, um sie so zu erlösen. Außerdem: Wie könnten die Heiligen den für uns Fürbitten tätigen, wenn sie nicht, obgleich ihre Leiber in der Erde ruhen, als Seele bei Gott wären?

Zum christlichen Menschenbild gehört so konstitutiv dieser Dualismus, wird er ersetzt durch ein rein biologistisch-materialistisches Menschenbild, wie es der zeitgenössische Protestantismus aber auch sehr energisch die „Zeugen Jehovas“ vertreten, wird aber auch die Zentralaussage der christlichen Religion, daß der Himmel unsere Heimat sei, unverständich. Die Parole von der „Treue zur Erde“ (Nietzsche) paßte weit besser zum Menschen als eine Himmelsheimat.

Gott gab dem Menschen den Auftrag der Naturbeherrschung (1.Buch Mose). Da nun der Mensch als Leib selbst ein Bestandteil der Natur ist, inkludiert dieser Auftrag auch den Auftrag zur Selbstbeherrschung, daß die Seele den Leib beherrschen solle. Die Menschheitsentwickelung ließ den Menschen als Jäger und Sammler anfangen, aber er wandelte sich zum „Züchter“. Er züchtete sich seine Nahrung und züchtete sich so Pflanzen und Tiere. Was wäre dann von dieser Argumentation zu halten: Gott hat alles Natürliche gut erschaffen. So war es ein hybrischer Akt, wenn der Mensch Wölfe zu Haustierhunden und Raubtierkatzen zu Hauskatzen züchtete? Dürfte er keine Apfel- und Weinsorten züchten und Rassepferde? Widerspricht das Alles der Würde der von Gott erschaffenden Natur, daß der Mensch sich anmaßt, sie so zu optimieren? Konsequent zu Ende gedacht hieße das, daß die Kultur als Naturbeherrschung die Sünde des Menschen sei. Wie konnte er sich auch nur anmaßen, statt in natürlichen vorfindlichen Höhlen in selbsterbauten Häusern zu wohnen!

Da nun auch der Körper des Menschen etwas Natürliches ist, liegt es nahe, auch ihn als Objekt der Naturbeherrschung zu begreifen. Wem ein Bein amputiert werden muß, der erhält, wenn möglich eine Prothese, wessen Herz nicht mehr funktioniert, dem kann ein künstliches implantiert werden und wem die Zähne ausgefallen sind, der bekommt ein künstliches Gebiß. Das sind die uns allen vertrauten Anfänge der Cyborgisierung des Menschen, daß in seinen natürlichen Körper Künstliches implantiert wird, damit so diese Implantate die Funktion von natürlichen Teilen des Menschen übernehmen. Das Besondere ist dabei, daß hier nun die Technik nicht mehr etwas ist, das der Mensch in die Hand nimmt, wie etwa einen Hammer, um eine Arbeit besser verrichten zu können, sondern in seinen Körper integriert, um so etwas besser bewirken zu können als ohne ein solches Implantat.So ist es heutzutage schon denkbar, daß ein Erblindeter durch künstliche Augen wieder sehend wird. Das Implantieren und Integrieren von Künstlichem in den menschlichen Körper ist als Cyborgisierungskonzept das Herzstück des Transhumanismus.

Was nun alles durch dies Konzept an Positivem erreichbar ist, ist noch recht nebulös, hier schwankt man zwischen einem utopistischen: Fast alles sei möglich und pessimistischen Horrorzenarien von gezüchteten Monsterwesen. Realistisch ist wohl,daß wie zum Guten so auch zum Schlechten viel weniger rauskommen wird, daß aber dieser Transhumanismus unser Leben auf Erden verbessern wird, ist dies Projekt doch nur die konsequente Ausübung des Herrschaftsauftrages des Menschen, daß er vom Jäger zum Züchter wurde. Den Körper in Zucht zu halten, galt ja einst auch noch als eine Tugend, auch wenn heute selbst in der Kirche das freie Ausleben der Sexualität gepredigt wird.

Die Technik ist nun wirklich kein Medium der Selbsterlösung des Menschen, aber funkionierende Heizungen in Wohnräumen machen unser Leben bequem, behaglicher als müßten wir gar im Winter unter freiem Himmel nächtigen. So wird auch das Konzept der Cyborgisierung das Leben auf Erden komoder werden lassen, gerade durch zu erwartende Fortschritte der Medizintechnik. Wäre es nicht wunderbar, wenn an Demenz Erkrankte wieder ihr Gehirn gut gebrauchen können, wenn künstliche Implantate organisch nicht mehr Funktionierendes ersetzen könnten!

Eines darf dabei ja nicht vergessen werden: In Folge des Sündenfalles ist die Natur als Ganzes wie auch die menschliche depraviert: Wir leben nicht mehr in der von Gott gut erschaffenen Welt. Gerade darum auch muß der Mensch Gestalter und auch Züchter der Natur sein, weil sie selbst aus der Ursprungsordnung herausgefallen ist. Uns ist nur die Natur als immer schon gefallene vertraut und bekannt. Als solche ist sie auch optimierungsbedürftig. Wir Menschen sind eben so auch im umfassenden Sinne Mängelwesen (vgl Arnold Gehlen), die sehr krankheitsanfällig sehr wohl einer Körperoptimierung bedürftig wären, wenn sie möglich wäre. Gerade in dieser Hinsicht wird es zynisch, von Selbsterlösungsphantasien zu reden, wo es gilt, Krankheiten zu minimieren. Jesus Christus selbst heilte Blinde und sagte nicht zu ihnen: Deine Blindheit ist Dein Schicksal, das Du zu ertragen hast!


 

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