In Mißkredit geratene Zentralaussagen der christlichen Religion: Machet die Natur euch untertan
Kaum eine Aussage der hl. Schrift provoziert heutigen Tages so viel Ablehnung wie diese: „Benedixitque illis Deus, et ait: Crescite et multiplicamini,et replete terram, et subjicite eam“= Und Gott segnete sie und sprach: Seid fruchtbar und mehret euch, und erfüllet die Erde und machet sie euch unterthan und seid Herren über“ sie. (1.Mose, 1,28) Als skandalös wird dabei der Zusammenhang zwischen dem Segnen Gottes und der Fruchtbarkeit empfunden, als segnete hier Gott Adam und Eva, damit sie Kinder bekommen. Das verunmöglichte ja jede Segnung homosexueller Paare, wenn der Zweck einer Paarsegnung die Fruchtbarkeit, der Kindersegen also wäre. Daß dann der Mensch aufgerufen wird, die Welt sich zu unterwerfen, gilt nun als die Büchse der Pandora, der wir die ganze Umweltzerstörung bis hin zur angeblich von Menschenhänden gemachten Klimakatastrophe zu verdanken haben. Daß dann auf der „Umweltschutzsynode“ der Amazonassynode die Göttin Erde verehrt wurde, auch und gerade von dem jetzigen Papst verwundert dann auch nicht mehr, gilt doch die Vergöttlichung der Natur als ein probates Mittel, die Natur wieder dem Beherrschungswillen des Menschen zu entziehen.
Hier wird nun einmal ein ganz anderer Umgang mit diesem Text versucht, indem er quer gelesen wird mit einem anderen Text, der auf den ersten Blick mit diesem Mosestext nichts zu tuen haben scheint:
„Werthe legte erst der Mensch in die Dinge, sich zu erhalten,-er schuf erst den Dingen Sinn, einen Menschen-Sinn! Darum nennt er sich „Mensch“,das ist:der Schätzende.“Friedrich Nietzsche, Also sprach Zarathustra, 1.Teil: Von tausend und Einem Ziel. Ergnzend: „Nicht -mehr-wollen und Nicht-mehr-schätzen und Nicht-mehr-schaffen!,ach.dass diese große Müdigkeit mir stets ferne bleibe.“ (Zarathustra, Teil 2: Auf den glücklichen Inseln.
Man könnte sich Gottes Schöpfung, in die dann das erste Menschenpaar hineingestellt wird, als einen wohlgeordneten Kosmos vorstellen, der eine schöne Welt ist, Kosmetik kommt von Kosmos her, und eine gute und wahre. Philosophisch ausgedrückt: Das Sein des Kosmos ist eins mit seiner Idee, wie es sein soll und somit ist die Welt die wahre Welt.So formuliert es ja Ott treffend: „Die ontologische Wahrheit oder >Dingwahrheit< besteht in der Übereinstimmung eines Dinges mit seiner Idee.“ (Ott, Grundriß der Dogmatik, §15: Die Wahrheit Gottes.)Für den Menschen bliebe so eigentlich nur noch eine Aufgabe, die des Lobpreises dieses wunderbaren von Gott geschaffenen Kosmos. Nichts dürfte und könnte er ändern, weil jedes Ändern, Bearbeiten und Umgestalten doch nur eine Depravation des von Gott gut Geschaffenen sein könnte. Die Natur sei das an sich Gute, das nun aber der Mensch durch sein Naturbeherrschenwollen destruiere. Er hätte stattdessen sich in die Naturordnung einfügen sollen wie ein Organ in einen Gesamtkörper, damit dieser als Ganzer sei.
Wenn dem so wäre, wäre Gottes Auftrag an den Menschen, sich die Natur zu unterwerfen, sie zu subjektivieren, wie es so treffend die Vulgata schreibt, etwas nicht nur Sinnwidriges sondern auch rein Destruktives. Anders gefragt: Was besagt dieser göttliche Auftrag über die Natur, wenn Gott sie dem Menschen zur Subjektivierung übergeben hat? Es scheint doch so, als wenn die Natur vor ihrem Beherrschtwerden durch den Menschen etwas Defizitäres anhinge, als wenn sie noch in eine Ordnung zu bringen sei. Im 2.Kapitel des 1. Buch Moses heißt es dann im Vers 20, daß Adam allem der Natur ihre Namen gab. Den Dingen der Schöpfung fehlte etwas, denn Adam erkannte nicht die Eigennamen, fand sie also nicht vor, sondern er rief sie (Appellavitque). Die Naturbeherrschung begann so mit dieser Namensgebung.
Ist das nicht auch Nietzsches Grundgedanke, daß den Dingen der Welt etwas fehlt,daß ihnen ihr „Werth“ fehlt. Ontologisch formuliert: Dem Seienden mangelt es an etwas und es ist die Aufgabe des Menschen, diesen Mangel kreativ zu beheben. Bildlich geredet: Das erste Menschenpaar gleicht einem Buben, dem man eine riesige Anzahl verschiedenster Bausteine vorgelegt hat, damit er nun daraus was erbaue. Die Legosteine wären so nicht einfach für genau ein bestimmtes Bauprojekt bestimmt und genormt, sondern vielfältigst benutzbar. Das Gute der Schöpfung wäre dann ihre Brauchbarkeit für den Gestaltungswillen des Menschen. Er produziert aus der Welt, wie sie ihm von Gott übergeben wurde, eine Welt für sich, indem er sie subjektiviert.
Die jetzige Postmoderne wäre dann das, was Nietzsche als die „große Müdigkeit“ diagnostiziert: Der Mensch will nicht mehr kreativ gestalten, er will nur noch im Bestehenden verharren und verweilen. Diese Erschlaffung seines Gestaltungswillens kann sich nun auch durch die allseits bekannte Problematik der zunehmenden Umweltzerstörung legitimieren: Wir schufen und so Elendes kam dabei heraus!
Aber die so unbequem gewordene göttliche Beauftragung bleibt bestehen: Der Mensch ist von seinem Kreator selbst zu einem kreativen Umgang mit der Natur bestimmt: Er soll sie sich unterwerfen, denn der Natur fehlt etwas, es wohnt ihm ein ontologischer Mangel inne und darum hat Gott dem Menschen die Natur zur Aufgabe gegeben. Nietzsche sagt es so: „und ohne das Schätzen wäre die Nuss des Daseins hohl.“ (Zarathustra, 1.Teil, Von tausend und Einem Ziel) Das Gutsein der Schöpfung wäre so, um es im Geiste des Philosophen Fichte zu sagen, ihre gute Geeignetheit, das Material menschlicher Pflichterfüllung sein zu können.
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