Dienstag, 19. Juli 2022

Ist eine künstliche Befruchtung akzeptabel?

Ist eine künstliche Befruchtung akzeptabel?


Dieser Frage ging am 17.7.2022 Kath net nach aber limitierte sich einfach darauf, das Nein aus Kirchendokumenten dazu zu zitieren. Daß nun von Rom ein offiziöses Schreiben ausging, daß in dieser Causa eine Korrektur andeutet, wurde dann einfach als inakzeptabel verurteilt. Nun ist es sehr verständlich, daß in Zeiten wie den unsrigen, in denen faktisch die gesamte Lehre der Kirche für verbesserungswürdig, als weiterzuentwickeln behauptet wird, in denen so der Ausverkauf der Kirche betrieben wird,ins andere Extrem verfallen wird und jede Änderung so als illegitim reprobiert wird. Aber so ein Extremismus ist nicht in Einklang zu bringen mit der Geschichte der Kirche, in der es sehr wohl auch Änderungen in der Lehre gegeben hat. In vorkonziliaren Zeiten wurden die Lehren der Kirche noch nach ihrem Gewißheitsgrad unterschieden: Nicht alles ist gleich gewiß und gewiß wahr.

Zur Causa der Legitimität einer künstlichen Befruchtung:

Den Ausgangspunkt dieser Frage muß aus rein theologischen Gründen das 1.Gebot Gottes an den Menschen bilden: „Seid fruchtbar und mehret euch!“ (1.Mose 1,28) Nun gibt es Näherbestimmungen, wie dies Gebot zu halten ist. Damit ist nun aber auch schon ein Problem präfiguriert: Was, wenn Menschen sich fortpflanzen wollen, aber nicht die Bedingungen des Wies der Fortpflanzung erfüllen können? So lehrt die Kirche, daß die Verheiratung die notwendige Bedingung für die Fortpflanzung ist und daß der Geschlechtsakt natürlich durchzuführen sei.

Banal, aber das gibt es: Was macht eine Frau, die entweder keinen Mann findet, der sie heiraten möchte oder daß der, den sie heiraten will, sie nicht ehelichen will? Die rigoristische Antwort lautet, daß sie dann auf ihren Kinderwunsch verzichten muß. Das heißt aber moraltheologisch, daß es ihr so verunmöglicht wird, das 1. Gebot zu erfüllen. Ein anderer Lösungsansatz wäre, zu analysieren, welcher Schaden als der größere einzuschätzen ist, wenn sie entweder das 1. Gebot nicht erfüllt oder wenn sie gegen die Ausführungsbestimmungen verstößt, wenn sie unverheiratet ein Kind bekommt.

Diese 2 Möglichkeiten gibt es nun auch in der Causa der Zulässigkeit einer künstlichen Befruchtung. In der Regel dürfte die Unmöglichkeit, auf natürliche Weise schwanger zu werden irgendwie krankheitsbedingt sein oder Folge eines organischen Defektes, entweder beim Mann oder der Ehefrau sein. Das evoziert die Frage: Darf die Kirche Menschen die Fortpflanzung verbieten, wenn die Unfähigkeit zur natürlichen Fortpflanzung nicht selbstverschuldet ist? Anders wäre der Fall zu erörtern, wenn etwa der Mann oder die Frau sich durch einen medizinischen Eingriff unfruchtbar gemacht haben und nun doch noch eigene Kinder sich wünschen.

Nahe liegt es doch nun, zu eruieren, wie in der hl.Schrift selbst diese Problemlage gelöst wird, daß das 1.Gebot von Menschen nicht erfüllt werden kann, weil sie nicht in der Lage sind, den Ausführungsbestimmungen zu genügen. Der bekanteste Fall: die Kinder Adams und Evas. Wen hätten den die Töchter heiraten dürfen, wenn es nur Männer zum Heiraten gab, die alle leibliche Brüder von ihnen sind? Heirateten sie, führten sie eine Inzestehe. Das ist eine Sünde, keine läßliche. Also hätten sie auf die Fortpflanzung verzichten müssen, da eine Inzestehe unerlaubt ist. Die Menschheit wäre so mit dem Tode der Kinder Evas und Adams ausgestorben. Um das zu verhindern durften und mußten sie sogar Inzestehen führen. Das taten sie dann auch, denn sonst wäre die Erde menschenlos.

Moraltheologisch reflektiert heißt das: Das 1.Gebot ist so wichtig, daß wenn es nur um des Verstoßes gegen eine Ausführungsbestimmung des 1.Gebotes befolgt werden kann, gegen eine Ausführungsbestimmung verstoßen werden darf.

Wie wichtig ist dann überhaupt die Ausführungsbestimmug, daß die Zeugung natürlich durchzuführen ist? Es darf ja nicht einfach präsumiert werden, daß alle Ausführumgsbestimmungen gleich gewichtig sind. Wer gesunde Augen hat, sieht ohne eine Brille oder eine Kontaktlinse. Wessen Augen nicht mehr ganz gesund sind, nutzt zum Sehen künstliche Sehhilfen. Das ist eine so große Selbstverständichkeit, daß keinem Christen das als ein Problem erscheint. Wo Natürliches nicht mehr hinreichend funktioniert, werden künstliche Hilfsmittel eingesetzt, um der defekten Natur auszuhelfen. Nebenbei: Damit ist aber auch schon der Anfang der Cyborgisierung des Menschen mitgesetzt, wenn die Technikhilfen in den Menschen dann inkorperiert werden, etwa als künstliche Augen, als künstliche Organe.

Warum soll dann, wenn die natürliche Fortpflanzung nicht funktioniert, ihr nicht künstlich zum Erfolg verholfen werden oder gar durch eine rein künstliche ersetzt werden? Daß die menschliche Natur, der menschliche Körper krankheitsanfällig ist, ist zwar nun eine Folge der erbsündlichen Verfaßtheit des Menschen, aber das entbindet den Menschen nicht davon, Krankheiten zu heilen und wenn es nicht anders geht,Defektes durch Künstliches zu ersetzen: etwa die allseits bekannten künstlichen Hüftgelenke.

Wenn nicht prinzipiell alles Technich-Künstliche perhorresziert wird, kann es keinen einsichtigen Grund geben, wenn eine natürlich entstehende Schwangerschaft nicht möglich ist, diese künstlich zu erwirken. So werden ja auch Schwererkrankte, wenn sie sich nicht mehr selbst ernähren können, künstlich ernährt.

Auch ist nicht zu vermuten, daß die Einstellung der Eltern zu ihrem Kinde darunter leiden sollte, wenn es künstlich erzeugt wurde, weil die natürliche Fortpflanzung nicht funktionierte.

Grundlegender für diese Causa ist aber die Beachtung dieser Differenz, daß nur der Leib des Menschen sich der natürlichen Fortpflanzung verdankt, Gott aber selbst die Seele jedes Menschen erschafft und dann inkarniert.Die Seele des Menschen verhält sich also indifferent gegenüber den 2 Möglichkeiten der Erzeugung des menschlichen Leibes, ob er natürlich oder künstlich erzeugt wird.


Ich vermute nun, daß das Nein zur künstlichen Befruchtung sich den Einflüssen der Philosophie des Personalismus verdankt, die den Menschen primär auch Ich-Du- Beziehungen heraus begreifen will. Als Negativfolie dienten dabei die Philosophien Hegels und Marx, denen gegenüber der Vorwurf erhoben wurde, dem Einzelnen und dem Individuum nicht gerecht zu werden, weil in diesem Denken alles Einzelne dem Denksystem unterworfen würde. Kirkegaard und Max Stirner bilden dann den Gegenpol, die aber kaum noch in der Lage sind, die Intersubjektivität zu erfassen: Der Mensch wird, überspitzt formuliert zur Monade ohne eine Außenrelation.Die Kaprizierung auf die Ich-Du- Struktur sollte so den Menschen wieder in die soziale Wirklichkeit zurückführen, aber das Soziale blieb unbegreiflich, weil es nur als Summe von Ich-Du-Relationen begriffen werden sollte.

Wird der Mensch erst so mißverstanden, nicht mehr als Zoon politikon (Aristoteles) verstanden, dann ist es auch verständlich, daß das Problem der künstlichen Fortpflanzung nicht adäquat behandelt werden kann,denn bei der Fortpflanzung geht es primär nicht um eine Frage der individuellen Lebensführung sondern um Fragen des Erhaltes der menschlichen Gattung.






 

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