Papst Benedikt XVI. - Ein kühner und problematischer Gedanke
In seinem Buch: „Einführung in das Christentum“ gibt der Autor in dem Kapitel: „Der Primat des Logos“ uns etwas zum Mit-und Nachdenken Würdiges, einen Satz, der m.W.,keine Beachtung fand und findet, da er so ganz und gar aus dem Zeitüblichen herausfällt und sich dem auch widersetzt.
„Der Glaube bedeutet eine Entscheidung dafür,dass Gedanke und Sinn nicht nur ein zufälliges Nebenprodukt des Seins bilden, sondern dass alles Sein Produkt des Gedankens,ja selbst in seiner innersten Struktur Gedanke ist.“ (Auf eine Seitenangabe wird verzichtet, da dies Buch in sehr vielen Ausgaben erschienen ist, dieser Satz aber im 1.Absatz dieses Kapitels in allen Ausgaben leicht auffindbar ist.)
Der Satz soll nun von hinten anfangend aufgeschlüsselt werden.Alles, was ist, ist ein Produkt des Denkens. Setzen wir nun das Denken als das Denken des Menschen, dann stünden wir mitten im deutschen Idealismus irgendwo zwischen Fichte, Schelling und Hegel, setzen wir das Denken als das Gottes, stehen wir mitten in einem Realismus, das alles, wie es gedacht ist durch Gott, auch ist und so vom menschlichen Denken auch begriffen werden kann.Das Innere von allem Seienden ist seine Idee, wie sie Gott denkt.
Damit wird eine Antithese zu der Vorstellung formuliert, daß es wohl die Welt der Tatsachen gäbe, die empiristisch erforscht werden kann, aber der Sinn der Tatsachen sei dann nur eine rein subjektivistische Interpretation der allein objektiv vorhandenen Tatsachen.
Das wäre so, als sähe ich vor mir eine gespielte Schachpartie und ich beschriebe exakt, welche wie aussehende Spielfiguren wo auf dem Spielfeld stünden, erklärte dann aber, daß die Interpretation dieses Gesehenen als eines gerade gespielt werdenden Schachspieles bloß eine subjektive Deutung des Gesehenen wäre.Dem Gesehenen läge kein innere Sinn, keine Bedeutung inne, der würde allein durch mein Interpretieren in das Geschaute hineinexegetisiert. Alles Seiende seien so sinnlose Einzeltatsachen, deren Mangel der Mensch durch sein Interpretieren aufheben möchte, nur daß es eben so viele Möglichkeiten des Intepretierens gäbe, wie es interpretierende Menschen gäbe.
Der Sinn des Gesehenen wäre damit nur eine kontingente Deutung des Seienden, das eben an sich sinnlos sei. Aber genau diese Vorstellung wird hier verworfen! Denn das Ganze ist selbst eben eine Realisierung von Gottes Ideen.
Kardinal Ratzinger entwickelt daraus diese These über das Denken des Menschen in dem Kapitel:“Der Primat des Logos“: „All unser Denken ist in der Tat nur ein Nachdenken des in Wirklichkeit schon Vorgedachten.“ Unter dem „Vorgedachten“ ist somit die Idealität alles Seienden gemeint und der Realismus des menschlichen Denkens ist das Widerspiegeln der Idealität von allem im Denken des Menschen. Dem Denken des Menschen korreliert das Zudenkende, weil es selbst in seiner Substanz etwas Gedachtes ist.
Das ist eine klare Absage an die Philosophie Kants, für den das Sein an sich unerkennbar ist und alles Seiende nur das für uns ist, als was wir es denkend hervorbringen.
Nun stehen wir vor dem Problematischten dieser Aussage, daß der Glaube eine „Entscheidung“ sei, so zu denken.Damit wird der Glaube zu einem dezisionistischen Akt und so heißt es auch in dem ersten Kapitel dieses Buches: „Der Sprung des Glaubens“ und das ist ein Sprung in den Glauben. Dies könnte in seiner Differenz zur Fichtes Wissenschaftslehrekonzeption so verstanden werden. Fichte sucht einen in sich selbst evidenten Grundsatz, aus dem heraus dann die ganze Wirklichkeit herausdeduziert werden kann, sodaß es dann ein System der Wissenschaftslehre gibt, die wahr ist, weil ihrem Grundsatz ob seiner inneren Evidenz kein vernünftig Denkender widersprechen könne.
Für den Dezisionismus existiert solch ein in sich evidenter Grundsatz nicht, es existieren eben viele mögliche Letzt-begründungen für mögliche Wissenssysteme und es müsse sich für einen Grundsatz entschieden werden. Nur es kann keine Begründung für diese Entscheidung geben, denn jedes Begründen setzt schon eine Wissenschaftslehre, um es mit Fichte zu sagen, voraus, in und mit der dann erst Begründungen möglich sind.
Zur Veranschaulichung des etwas kompliziert geratenden Gedankenganges: Wenn ich wissen möchte, ob ein Spielzug ein guter, ein legitimer ist, muß ich die Spielregeln des gespielten Spieles kennen und das heißt: Erst muß entschieden worden sein,ob etwa Fußball oder Handball gespielt wird, um beurteilen zu können,ob ein 11-Meter Strafstoß ein legitimer Spielzug ist oder nicht. Es kann keinen richtigen Umgang mit dem Spielgerät des Balles geben, wenn nicht entschieden ist, welche Art von Ballspiel gespielt werden soll. Erst die Festlegung,was gespielt werden soll, erlaubt,zu begründen, warum etwa ein 11 Meter Strafstoß legitim sei. Diese Festlegung ist nun hinsichtlich des Balles angesichts der vielen Möglichkeiten des Ballspielens eine dezionistische Entscheidung, denn sie kann nicht aus der Erkenntnis des Begriffes des Spielgerätes des Balles begründet werden.
Damit positioniert sich dies Buch in das nachmetaphysische Denken, denn es wird nun die rein subjektivistische Entscheidung als das Fundament einer scheinbar sich sehr metaphysischen gebenden Konzeption gesetzt. Die Vernunft als ein Fundament der übernatürlichen Erkenntnisse der Offenbarungsreligion verschwinden so und wird durch den Appell: „Spring in den Glauben!“ ersetzt. Das ist das Problematische dieser postmetaphysischen Konzeption.
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