Ein verblüffender Gedanke zur Geschlechterdifferenz, daß Gott den Menschen als Frau und Mann wollte
Es gehört zu den schönen Erlebnissen eines Viellesers, Antworten auf gewichtige Fragen an Orten zu finden, wo er sie nicht erwartet hätte. Lassen wir so Hadschi Halef Omar zu Worte kommen, der zu dieser Causa Bedenkenswertes zu sagen hat:
„Du sagtest ungefähr: (so wird hier der christliche Glaube dazu referiert)Gott schuf den Menschen zum Bilde, und zwar ein Männlein und ein Weiblein.“ Allah hat zweierlei Eigenschaften nämlich die Eigenschaft der Allmacht,wozu die Ewigkeit,Weisheit, Gerechtigkeit gehören, und die Eigenschaft der Liebe,die sich auch in seiner Gnade, Langmut,Güte und Barmherzigkeit äußern. Wenn der Mensch,der aus zwei Wesen besteht, ein Bild Gottes zu sein hat, so soll also der Mann ein Bild der göttlichen Allmacht und die Frau ein Bild der göttlichen Liebe sein.“ Der Fundort: Karl May, Am Jenseits, das erste Kapitel: „Nach Mekka“.
Wenn Gott den Menschen als Abbild Gottes erschuf und er ihn als Mann und Frau erschuf, dann spiegele diese Dualität eine Gott eigene Dualität wieder. Nicht sei so der Mann für sich allein genommen schon das Abbild Gottes und auch die Frau nicht, sondern beide zusammen in ihrer Geschlechtsdifferenz bildeten Gott erst ab. Als Kern wird hier die Differenz von Gottes Allmacht zur Liebe Gottes verstanden, der dann weitere göttliche Eigenschaften subsumiert werden.
Daß Macht und Liebe zwei Größen sind, die man nicht einfach als ein harmonisches Miteinander sich vorstellen kann, ist offenkundig.Man kann sich auch des Eindruckes nicht erwehren, daß in der heutigen Kirche Gott als die Liebe so dominiert, daß er als Allmächtiger und Gerechter kaum noch vorkommt. So könnte von einer Verweiblichung Gottes gesprochen werden, die dieser seiner inneren Dualität, die als solche die innere Lebendigkeit ausmacht, nicht gerecht wird.
Nun könnte eingewandt werden, daß hier Karl May einfach die bürgerliche Rollen-zuschreibung, was mache das Männliche und was mache das Weibliche aus, in Gott rückprojiziere um so diese Geschlechtsdifferenzbestimmung als göttlich gewollt zu legitimieren. Aber wie nun, wenn wir statt dieser Projektionsthese zuzustimmen,die biblische Aussage ernst nehmen, daß der Mensch nicht Gott nach seinem Bilde erschuf (Feuerbach und viele Nachfolger) sondern daß Gott den Menschen nach seinem Bilde erschuf! Ist es dann ein so fern liegender Gedanke, daß die Geschlechterdifferenz eine innergöttliche Differenz widerspiegelt? Für die These einer innergöttlichen Differenz, daß es die in Gott überhaupt gibt,spricht die Vorstellung der Lebendigkeit Gottes.
Es müßte dabei in einer Absetzung von der platonischen Gotteslehre die Differenz zwischen Gott und seinen Ideen akzentuiert werden, daß die Idee des Wahren und des Guten und des Schönen nicht zu verwechseln sind mit Gott an sich selbst. Wenn Gott selbst als in sich lebendig zu denken ist, dann ist dafür die Annahme von inneren Differenzierungen in Gott notwendig, daß er etwa als Gerechter die Strafe des Sünders will und als Liebender verzeihen will. Aus genau dieser Spannung entspringt dann die Lösung dieser Spannung im Kreuze Jesu Christi, das sowohl der göttlichen Gerechtigkeit als auch der göttlichen Liebe Genüge tat.
Daß dann eine solche innere Differenz sich gerade auch in der Geschlechtsdifferenz widerspiegeln soll, ist dann auch einsichtig, daß eben der Mann und die Frau für sich allein genommen nicht Gottes Abbild in Gänze sind sondern nur in der Einheit ihrer Geschlechtsdifferenz!
Daß nun im Wandel der Zeiten die Vorstellung von der Geschlechtsdifferenz sich verändern kann und sich auch verändert hat, ist nun kein starker Einwand gegen diese Widerspiegelungsthese, zeigt das doch nur, daß das menschliche Denken verschiedene Vorstellungen von dem, was wahr, gut und schön ist, hervorbringen kann, ohne daß das die Idee des Guten, Wahren und Schönen obsolet machen würde, wie sie in Gott gedacht sind . Aber die Quelle des Widerspruches gegen eine so geartete Widerspiegelungstheorie ist doch der Machtwille des Menschen, daß er allein auf sich gestellt auch bestimmen wollen will, was das Mann- und Frausein des Menschen ausmache.
Festzuhalten ist aber, auch wenn man materialiter die Geschlechtsdifferenz anders bestimmt,als sie in diesem -übrigens sehr lesenswerten Roman-bestimmt, daß sie zu den Schöpfungsordnungen Gottes gehören und somit keine geschichtlich kontingente Hervorbringung ist.
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