Ein problematisches Narrativ: Gott offenbarte sich und die Kirche ist die menschliche Antwort
Das Anliegen dieser Vorstellung ist offenkundig, indem das Daß des Offenbarungs-geschehens von der Aneignung der Kirche als die menschliche Antwort unterschieden wird. Im jetzigen Katechismus ist der 1.Teil das 2.Kapitel überschrieben mit: „Gott geht auf den Menschen zu“, damit ist die Offenbarung Gottes gemeint und das 3.Kapitel heißt dann: „Die Antwort des Menschen an Gott“, gemeint ist der Glaube. Die Kirche wird dann erst im 9. Kapitel in der Auslegung des Glaubensbekenntnisses expliziert und somit, vielleicht unbeabsichtigt?, unter der Rubrik des Antwort des Menschen subsumiert. So beeindruckend dann auch die Lehre von der Kirche expliziert wird, so problematisch ist dies kommunikationstheoretische Deutungsschema der Offenbarung und der Antwort des Menschen, die sich dann in der Gestalt der Kirche verdichtet.
Diese Unterscheidung ermöglicht nämlich nun, wohl nicht im Sinne der Autorenintention, die Differenz zwischen der Offenbarung und dem Glauben der Kirche so stark zu betonen, daß der Glaube der Kirche herabgestuft wird zu einer zeitgeschichtich bedingten Weise der Aneignung der Offenbarung. Einfacher gesagt:Jesus Christus sei die Wahrheit, aber der Glaube, wie ihn dann die Kirche ausformuliert in der Christologie oder in den Glaubensbekenntnissen verdichtet, das kann nicht mehr gleichgesetzt werden mit der Wahrheit der Selbstoffenbarung Gottes in Jesus Christus. So wie Schüler oft dem Lehrer falsch antworten, so könne auch die Kirche falsche oder zumindest für uns Heutige nicht mehr zutreffende Antworten gegeben haben. Die Allerweltsformel von den zeitgeistgeschichtlich variablen Weltanschauungen, in deren Vorstellungshorizont die Kirche jeweils ihre Antwort ausformuliert hätte, lädt dann geradezu dazu ein, eine Neuformulierung in die moderne oder besser noch postmoderne Weltanschauung zu fordern, da die einstig angemessenen Formulierungen jetzt nicht mehr paßten, da die unserige Weltanschauung nicht mehr die der Antike und des Mittelalters wäre. Ein Pluralismus von Antworten auf die eine Offenbarung kann so konstruiert werden und somit der Wahrheitsanspruch dekonstruiert werden als der der Verabsolutierung einer zeitgeschichtlich bedingt ausformulierten Antwort von Menschen.
Jesus Christus kann dann sozusagen völlig entkleidet werden,es werden von ihm alle angeblich zeitgschichtlich bedingten Deutungen entfernt und so entkleidet ganz neu angezogen werden mit den Kleidern der aktuellen Mode. Dadurch wird nur die Differenz zwischen der Selbstoffenbarung Gottes und der Antwort des Menschen so radicaisiert, daß jede Epoche ab ovo anhebend neu für sich Antworten auf das Offenbarungsgeschehen zu geben hat, da die bisherigen eben keine für die aktuelle Gegenwart ist. Oder welche modebewußte Frau kleidet sich in der Mode von Vorgestern!
Ausgeblendet wird bei dieser Gegenüberstellung vom Reden Gottes zu uns und unserem Antworten an Gott, daß die Institution der Kirche von Gott selbst als die Heilsvermittelungsinstitution gegründet wurde und von ihm als solche auch erhalten wird. Jesus Christus vermittelt sich selbst durch die Kirche.Das große Cyprian Wort: „Niemand kann Gott zum Vater haben, der seine Kirche nicht zu seiner Mutter hat“, bringt den Vermittelungscharakter der Kirche auf den Begriff. Der Hl.Geist in der Kirche wirkend garantiert das Präsenzsein der Offenbarung in der Kirche.
Der Glaube der Kirche als Genitivus subjectivus hier zu verstehen, ermöglicht erst eine individuierende Aneignung zum persönlichen Glauben, wie das Vorhandensein der deutschen Sprache erst ein individuelles Sprechen und Schreiben ermöglicht.Das einfache Offenbarungs-Antwortschema eskamotiert eben die für den individuierten Glauben konstitutive Funktion des Glaubens der Kirche als Vermittelung zwischen der Offenbarung und dem individuierten persönlichen Glauben, der erst aus dieser Vermittelungstätigkeit der Kirche entstehen kann.
Die Kirche ist eben nicht die Sozialgestalt der in ihrem persönlichen Glauben Antwort gegeben Habenden und Gebenden, sondern ein dem persönlichen Aneignen und Antwort Geben Vorausliegendes und Zugrundeliegendes. Somit ist der Glaube der Kirche auch nicht wesentlich eine zeitgeschichtlich bedingte Antwort auf die Offenbarung Gottes sondern in ihr prolongiert sich die göttliche Offenbarung als ein sich zu verstehen Geben der Offenbarung.Die Offenbarung Gottes expliziert sich selbst in der Geschichte der Kirche,in ihren Dogmen und Lehren. Das verkennt dies simple Offenbarungs-Antwort-Schemata!
So ist die Liturgie ja auch nicht einfach die Antwort des Menschen auf Gott sondern ihre Wahrheit ist ihre Abbildlichkeit der himmlischen Liturgie als ihr Urbild.
Zusatz:
"Der Botschaft Jesu immer neu Gestalt in neuen Zeiten und neuen Räumen zu
geben, bleibt eine unaufgebbare Herausforderung. Offenkundig hat er
diese Vollmacht doch erteilt!" lautet der Schlußsatz des Kat de Standpunktkommentares vom 15.4.2024, einer Polemik gegen das päpstliche Schreiben zur Würde des Menschen. .
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen