Sonntag, 21. April 2024

Verwirrendes zum Thema Seelsorge und dem „Guten Hirten“- oder zeitgenössische Irrwege

 

Verwirrendes zum Thema Seelsorge und dem „Guten Hirten“- oder zeitgenössische Irrwege


Der gute Hirte ist uns aus dem Johannesevangelium (10,11-21) schon zu gut vertraut, als daß dieser Text noch begriffen werden könnte. Er enthält nämlich eine skandalöse Aussage, daß wir Christen eines guten Hirten bedürften, daß wie eine Schafsherde ohne ihren Hüter zum Untergang bestimmt sei, das Volk der Christen auch die Führung durch Hirten benötigt und daß deshalb Jesus Christus das Hirtenamt der Kirche eingestiftet hat und es dem Apostel Petrus als ersten von vielen ihm nachfolgen Werdenden übertrug.

Aber wozu bedarf ein Christ eines ihn führenden Hirten, ist er doch ein mündiger Bürger, der kraft seiner ihm zu eigenen Vernunft erkennen kann, was gut und was böse und was wahr und was unwahr ist. Er führt doch sein Leben eigenverantwortlich. Schließt er sich dann mit Gleichgesinnten zusammen, um eine Gemeinde zu bilden, wozu bedürfte die einer Leitung, sie könne doch ihr Vereinsleben selbst gestalten, auch wenn dann auch der Verein eine Vorstandsschaft sich erwählt, die dann aber nicht führt, sondern dafür sorgt, daß die jeweiligen Beschlüsse der Vereinsmitgliederversammlungen in die Tat umgesetzt werden.

Was bleibt danunn den Seelsorgern zu tuen übrig? Im Neusprechkirchendeutsch heißt das: Er begleitet Menschen auf ihren Lebenswegen. Damit ist eines klargestellt: Er ist kein Seelenführer mehr, der, um es bildlich zu formulieren, die Herde auf gute Weideplätze führt, sondern wo immer auch die Herde sich hinbewegt, er mit ihnen geht. Die Herde bestimmt den Kurs und der Hirte folgt ihr! Die Metaphorik, das menschliche Leben als einen Weg zu beschreiben, impliziert ein Ziel des Weges, Wege, die zum Ziele führen und die Realität von Irrwegen, auf denen man voranschreitend das Wegziel verfehlen wird.Der Hirte führt so, daß nun die Herde und auch jeder Einzelne in der Einzelseelsorge den rechten, zum Ziele führenden Weg beschreitet und nicht abirrt.

Aber all das tut ein „seelsorgerlich“ Begleitender“ nicht: Er ist immer nur dabei auf allen Wegen des Zubegleitenden. Es gibt auch kein Ziel, woraufhin der Hirte Menschen zu führen hätte. Als moderne Bürger setzen wir uns selbst unsere Ziele, hoffend, sie auch zu erreichen. Ein Seelsorger hilft vielleicht dazu, daß ein Bürger sich selbstbestimmt Ziele setzt und sich nicht fremdbestimmen läßt. „Wollen Sie wirklich kirchlich heiraten oder wollen Sie das nur, weil es halt so Usus ist?“Es kann eben nur noch subjektiv erwählte Lebensziele geben, keines, das dem Menschen durch Gott selbst vorgegeben ist als eine objektive Zielbestimmung.

Nun drängt sich ein weiterer Verdacht auf: Regiert Gott nicht die Welt und führt sie so auf ihr Endziel zu? Aber wenn das sich nicht mehr in der Seelenführung durch die Hirten des Kirchenvolkes widerspiegelt,liegt das etwa daran, daß angeblich Gott auch selbst die Führung abgegeben hat? Führt Gott noch die Menschheitsgeschichte wie das Geschick des Einzelnen oder begleitet er da auch nur noch? Im Neukirchsprechdeutsch begegnet uns Gott in vielfältigster Weise, ob im Lächeln eines Kindes, im Erleben eines Sonnenaufganges oder in dem Anblick grasender Kühe und Gott sagt uns dabei nur: „Auch hier bin ich bei Dir!“ Aber was tut dann dieser „Beimirgott“? Nichts, er beschränkt sich darauf, sein Da- und Mitsein erleben zu lassen: „Egal, wohin Du gehst, immer bin ich dabei!“ Dies Dabeisein soll nun aber doch ein gehaltvolles Dabeisein sein, denn da sagt Gott zu uns: „Du bist, wie Du bist, in Ordnung!“ Gott führt nicht, er fordert nicht zur Umkehr auf Irrwegen auf, er gibt uns kein Ziel unseres Lebensweges vor er begleitet uns nur noch als Jasager zu uns:“Alles ist in Ordnung!“ Der moderne Gott hat also das Führen, das Regieren aufgegeben und läßt uns nun wandern, wie es uns beliebt, um nur noch uns ab und zu begegnen: „Du bist in Ordnung. Geh,wohin Du willst!“



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