Mittwoch, 5. Juni 2024

Ohne Feinde lebt es sich nicht gut – der Wille zum Feind. Ein Versuch einer Orientierungsskizze

 

Ohne Feinde lebt es sich nicht gut – der Wille zum Feind. Ein Versuch einer Orientierungsskizze


Machiavelli, wohl einer der effektivsten Ratschlaggeber in allen Fragen der Herrschatfskunst rät den Regierenden: „Wenn er außerhalb seiner Grenzen keinen Feind hätte, so würde er ihn im Innern finden.“ (zitiert nach:Klaus Kunze,Totalitarismus kommt auf leisen Sohlen.Vom Staat des Volkes zum Gesinnungsstaat, 2024,S. 43.) „so würde“ist zu lesen als: dann hätte er. Eine Regierungspolitik sei also auf den Feind angewiesen, und hätte sie keinen äußeren, dann müsse sie eben einen im Inneren finden. Carl Schmitt, sicher einer bedeutendsten politischen Denker des 20.Jahrhundertes äußerte sich zu dieser Causa so: „In allen Staaten gibt es deshalb in irgendeiner Form“ einen „inneren Feind.“(a.s.O. S.43)

Es soll nun eine Orientierungsskizze zu dieser Causa versucht werden. Hier meint der Begriff des Feindes den öffentlichen Feind, den Feind eines Gemeinwesens und nicht den privaten, etwa den, der eine Ehefrau zum Ehebruch verführen will.Es muß dann unterschieden werden der Konkurrent von dem Feind. Unternehmer konkurrieren untereinander sehen aber ihren Feind in der sozialistischen Ideologie, die den Kapitalismus überwinden will.

Carl Schmitt wagt die These, daß alle Zentralbegriffe des politischen Diskurses säkularisierte theologische Begriffe seien. Das müßte dann auch auf den Begriff des Feindes zutreffen. Soll nun aber dieser Begriff prinzipiell erörtert werden, müße ihm eine Verortung im ontologischen Diskurs vorgeordnet werden.


Eine ontologische Verortung:

Alles, was ist, ist als etwas Bestimmtes nur durch seine Negation, denn es gilt der Grundsatz: Omnes determinatio est negatio. Eine Frau ist so nur eine Frau als die Negation des Mannseins, etwas ist nur etwas Bestimmtes, indem es durch seine Bestimmungen die, die es nicht ist, negiert.“Ich bin nur ich, weil ich nicht du bist.“ Durch ein Meer von Differenzen entstehen so erst Einzeletwasse, die nur durch ihre Differenzen zu allen anderen etwas Bestimmtes sind. Diese identitätsstiftenden Differenzen bilden dann den Ausgangspunkt für alle möglichen Feindschafts- verhältnisse.

Daraus entspringt auch die Anziehungskraft aller Alleinheitsphilosophien, daß alles eins ist und die Differenzen nur täuschen. Wenn aber in Wahrheit alles ein wäre, wie könnte sich dann noch irgendeine Feindschaft legitimieren,stritte da dann doch das Ganze nur mit sich selbst. Nur wer im Mitmenschen einen Anderen sähe, könnte in ihm einen Feind sehen.

Darüberhinaus gilt, daß es das Wahre, Gute und Schöne nur gibt (ontisch) und als solches erkennbar ist (noetisch), wenn es das Nichtwahre, Nichtgute und Nichtschöne gibt. Das Gute ist nämlich nur als die Negation des Nichtguten und das nur als die Negation des Guten. Diese identitätsstiftenden Negationen ermöglichen die Feindschaft zwischen den beiden Entgegengesetzten. 


Eine theologische Verortung:

Jede Erlösungsreligion benötigt den Glauben an den Feind. Der erklärt, warum es eine erlösungsbedürftige Welt gibt, durch das Einwirken entstand sie und daß Gott durch den Sieg über ihn die Welt dann wieder erlösen kann. Existierte er nicht, evozierte dies die Frage, warum die Welt nicht einfach gut sei und so keiner Erlösung bedürfe. Der Glaube an den einen Feind bedeutet dann, daß wie alles Gute auf den einen guten Gott zurückführbar ist, auch alles Böse auf einen Usprung reduzierbar sei, sodaß dessen Besiegung eine neue nur noch gute Welt erwirken wird.


Eine erste politische Verortung

Wenn die Politik im emphatischen Sinne verstanden säkularisierte Religion ist, daß nun die religiösen Verheißungen der neuen erlösten Welt in politische Ziele transformiert werden in die Hoffnung auf eine vollkommen gerechte Welt, dann verlangt auch der politische Diskurs nach dem einen Feind, der für all das Negative verantwortlich ist und dessen Vertilgung die neue vollkommene Welt ermöglicht. Ist die Politik ein Religionssurrogat kommt sie als eine säkularisierte Erlösungskonzeption nicht ohne den einen Feind aus.


Eine zweite politische Verortung

Wenn die Politik einfach nur die Kunst des Herrschens meint, dient der Feind a)als die Legitimation der Herrschaft, das Gemeinwesen müsse vor ihm geschützt werden, wofür auch jeder Bürger seinen Beitrag zu leisten habe und das ist in erster Linie, daß er der Regierung zu gehorchen habe- b)ist der Feind der Grund aller Übel in dem Herrschaftsbereich, denn entweder existieren gar keine Übel, sondern es gäbe nur „Feuer. Feuer!“ Rufer, aber nirgends brennt es wirklich oder sie gibt es nur, weil der Feind sie verursache.

Grundlegender ist aber die Frage, was hält das regierte Gemeinwesen zusammen, was konstituiert seine Gemeinschaft, wenn das Regiertwerden allein nicht identitätsstiftend wirkt. Die ursprünglichste ist die der Verwandtschaft, der Gemeinsamkeit des Blutes, wie man früher noch sagen durfte oder die der gemeinsamen Religion. Die postmodernen Gesellschaften verlieren diese zwei Gemeinsamkeiten. Was kann sie dann noch zusammenbinden, damit sie sich nicht völlig auflösen in unendlich viele Partikularinteressen? Die Proklamation des inneren oder äußeren Feindes erwirkt so eine Gemeinschaft durch den Ausschluß des Feindes. Gemein ist uns allen die Feindschaft gegen...und so produzieren postmoderne Gesellschaften eine zu ihrer Stabilisierung notwendige Homogenität, da sie die ursprüngliche verlustig gegangen ist.

Wer wird nun zu dem Feind erklärt, ist nie unabhängig von der jeweils vorherrschenden Ideologie. Popper führte das mustergültig vor in seiner politischen Feinderklärung: „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“.Platon.Hegel und Marx galten ihm als die schlimmsten Feinde der Freiheit im Geiste des Liberalismus.Bis 1989 galt in Deutschland vorrangig die radicale Linke als der Feind, seit der Wiedervereinigung die Rechte, isb da in Ostdeutschland auf den Straßen die Parole zu hören war: „Wir sind ein Volk“, was unter den Siegermächten den Eindruck eines wiedererwachenden Patriotismus erweckte,den es zu bekämpfen gelte. Die Bundesregierung führt seit dem den Kampf gegen Rechts, um jeglichen Patriotismus in Deutschland zu unterbinden.

Es gelang nun, in weiten Teilen der Gesellschaft eine Zustimmung für diese Feinderklärung zu finden, alle gesellschaftlich relevanten Kräfte stimmen ein in den Krieg gegen diesen inneren Feind. Alle realen Probleme können damit in den Hintergrund gedrängt werden, da die wichtigste Aufgabe die der Bekämpfung des Feindes sei.

Diese Feinderklärung steht nun in einem engen Zusammenhang mit der Wandlung der Ideologie des Liberalismus zu der einzig existierenden Ideologie nach ihrem Sieg 1989 (Alexander Dugin), die als Neoliberalismus den einst noch vom Nationalliberalismus bejahten Nationalstaat mit seiner bürgerlichen Ordnung des Volkes und der Familie überwinden will für eine Einheitswelt, die nur noch den freien Markt als ihr einziges Ordnungsprinzip anerkennen soll und den Menschen als eine Funktionsgröße für die Ökonomie. Der Feind ist damit jede das eigene Volkstum bewahren wollende politische Kraft. Die neoliberale Ideologie korreliert nun offenkundig mit der Weiterentwickelung des Kapitalismus zu der einzigen Ordnung der Welt, seiner realen Globalisierung. 

Hier ein Beispiel für so eine politische Feinderklärung:

"Stefanie Drese SPD, stellvertretende Fraktionsvorstzende der SPD im Landtag MecklenburgVorpommerns:"Den Antrag der NPD Fraktion,den biologischen Fort-bestand des deutschen Volkes zu bewahren,lehnen die Vertreter der demokratischen Fraktionen , in deren Namen ich heute spreche,mit aller Nachdrücklichkeit und aufs Schärfste ab. Dieser Antrag ist rassistisch und menschenverachtend".

(zitiert nach W. Hackert, Antigermanismus, Globalismus,Multikulti, 2015, S.210).




















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