Die komparatistische Theologie stellt sich vor – oder Irrwege des Dialoges der Religionen
Daß die Mission ein Irrtum war und daß deshalb faktisch die gesamte Kirchengeschichte zumindest in diesem Punkte bis zum 2.Vaticanum fehlte, gehört heutzutage zu den unangefochtene Dogmen der nachkonziliaren Kirche. Bonifatius hätte mit unseren Vorfahren einen Dialog über den Gott Jesu und den Gott Odin führen sollen vertrauend darauf, daß die Odinvereher und die Christen immer nur den einen wahren Gott in ihren verschiedenen Religionen verehrten, daß sie eben in verschiedenen Sprachen den wahren Gott verehren.
Aber nun verlangt diese neue nachkonziliare „Erkenntnis“ noch nach einer wissenschaftlichen Fundierung. Dazu wurde die komparativistische Theologie erfunden, die auf der Internetseite „Communio“ in dem Artikel: „Im Zeichen der Freundschaft: Die "Gemeinsame Erklärung von Istiqlal" am 12.9.2024 vorgestellt wurde: Darum bräuchte es eine komparative Theologie. 4 Grundsätze machten diese Theologie aus.
Der 1. Grundsatz: „Komparative Theologie erfordert eine Haltung doktrinaler und epistemischer Demut. Das Verständnis religiöser Überzeugungen geschieht stets in spezifischen kulturellen Kontexten. Ihr Verständnis ist deshalb stets vorläufig und verbesserungsfähig. Der Dialog mit anderen Religionen kann helfen, die eigenen Überzeugungen besser zu verstehen und auf diese Weise Gemeinsamkeiten festzustellen.“ „Verstehen“ sei also die erste und wichtigste Aufgabe. „Religiöse Überzeugungen“ sollen verstanden werden. Es wird nun die These aufgestellt, daß jedes „Verstehen“ nie völlig gelänge ob der jeweiligen Perspektive des Verstehenwollenden, sie verzehre sozusagen das Ansich Gemeinte der religiösen Überzeugungen.
Überprüfen wir das einmal an etwas Unspektakulärem: Jemand sagt: „Ich glaube, daß es Ufos gibt.“ Verstehen hieße dann zu erfassen, was diese Aussage meint. Ist die Wortbedeutung von „Ufo“ in dieser Aussage geklärt, daß damit ein von Außerirdischen gesteuertes Raumschiff gemeint ist, daß von Menschen gesehen worden ist, dann wird auch die appellative Intention dieser Aussage verstanden werden, daß hier nicht nur ausgesagt wird: Es ist wahr, daß es solche Ufos gibt, sondern daß der, zu dem das gesagt wird, dazu auch eine Stellung bezieht. Der Ufo-Gläubige würde gern als Reaktion hören: „Das glaube ich auch“, aber er kann auch zur Antwort bekommen: „Das glaube ich nicht“ oder daß er als Antwort eine Anfrage zu hören bekommt: „Warum glaubst Du das?“
Religiöse Überzeugungen werden mit dem Anspruch geäußert, daß sie wahr sind und deswegen Geltungsansprüche erheben. Aber daß das Ausgesagte als wahr ausgesagt wird, wird einfach ausgeklammert und somit wird auch das Ausgesagte nicht verstanden. Stattdessen soll die Artikulation religiöser Überzeugungen nur dazu führen, daß der Adressat in ihnen Elemente findet, die mit den seinigen Überzeugungen übereinstimmen und andere, die von den seinigen sich unterscheiden.So fänden sich gemeinsame und verschiedene Überzeugungen. Diese Wahrnehmung von Gemeinsamen und Differentem verbessere dann die Erkenntnis der eigenen religiösen Überzeugungen. Das ist banal, da jede Bestimmung eine Negtion ist, etwa, da ich ein Mann bin, bin ich somit keine Frau: Der Mann erfaßt sein Mannsein in der Differenz zum Frausein als eine Ausdifferenzierung des Menschseins. Aber die Bedeutung einer religiösen Überzeugung, daß sie beansprucht, wahr zu sein, wird dabei überhört.
Der 2.Grundsatz: „Der Dialog geschieht aus einer konfessorischen Verbundenheit mit der eigenen Tradition. Nur wer seine eigene Tradition kennt und schätzt, kann sie auch anderen gegenüber angemessen vertreten.“ Die konfessiorische Verbundenheit bedeutet hier aber nicht, daß sie für wahr gehalten wird, wahr als für alle wahr seiend. Diese Verbundenheit kann dann nur eine rein subjektivierte sein wie etwa ein ästhetisches Urteil: „Mir gefallen die Romane von Thomas Bernhard, und welche gefallen Dir?“ oder man treibt den Relativismus so weit, daß die Verbundnheit nur ein Vertrautsein mit meint. Der Terminus der eigenen Tradition klingt aber sehr realativistisch den Wahrheitsanspruch entwertend: Das sagt man so in meiner Tradition.
Der 3. Grundsatz: „Der Austausch des Papstes und des Großimams verdeutlicht besonders die Bedeutung von Empathie und liebevoller Aufmerksamkeit. Wo versucht wird, die Überzeugungen anderer ernstzunehmen und nachzuvollziehen, muss dem anderen mit Respekt und Wertschätzung begegnet werden.“ Hier ereignet sich eine fatale Confusion: Der Respekt einem anderen Menschen gegenüber ist zu unterscheiden von dem Respekt vor dem von dem Anderen Ausgesagtem. So hat jeder Prüfer den Prüfling als Mitmenschen zu respektieren, er wird sogar sicher sein, daß der Prüfling die richtige Antwort auf die Prüfungsfrage geben möchte und subjektiv auch davon überzeugt ist, richtig zu antworten, wenn er dir Frage: „Wer hat den Zauberberg geschrieben?“, mit „Goethe“ beantwortet aber er wird diese Antwort: „Goethe“ nicht respektieren.
Wenn gewußt wird, was wahr ist, kann eine unwahre Antwort nicht respektiert werden. Der Respekt vor anderen Meinungen ist so nur legitim, wenn nicht erkennbar ist, was die Wahrheit ist! Im Rechenunterricht gibt es auf die Frage, was ist 5 plus 7?, nur eine wahre Antwort und kein Rechenlehrer respektiert eine andere Antwort, sosehr er auch den falsch antwortenden Schüler respektiert. Also muß spätestens jetzt beim 3.Punkt jeder der Dialogpartner seine Tradition, seine religiösen Überzeugungen nicht mehr als wahr ansehen sondern nur noch als eine subjektive Meinung, die deshalb auch andere subjektive gelten läßt. Aber wie wäre ein Christ zu beurteilen, der Josef Stalin nicht respektierte ob seiner diktatorischen Regierungsweise, aber seiner Aussage, daß die Abtreibung nicht staatlich erlaubbar sein dürfe gegen die Position seines Vorgängers Lenin, guthieße? Könnte eine Aussage gut geheißen werden, wenn man die Person, die diese Aussage tätigt, nicht respektieren kann? Es muß also klar zwischen dem Respekt vor einer Person und dem Respekt vor einer Aussage dieser Person distinguiert werden.
Der 4. Grundsatz: „Fundamental ist schließlich die Haltung der Gastfreundschaft für die mögliche Wahrheit des anderen. Es geht um die Bereitschaft, den Überzeugungen des anderen Raum zu geben im eigenen Denken. Wie verändern sich die eigenen religiösen Überzeugungen, wenn ich mit der Erwartung in das Gespräch gehe, dass der Glaube des anderen etwas für mich zu sagen hat?“ „Fundamental“, das verlockt doch dazu, auf den Ursprung, das Fundament der christlichen Religion zu schauen, auf Jesus Christus selbst als den Lehrer der Wahrheit. Hat Jesus je Dialoge geführt, in denen er als ein Lehrer von anderen Lehren annahm, seine eigenen Erkenntnisse verbeserte, Neues im und durch den Dialog erkannte? Das Konzept der offenbarten Wahrheit schließt ein solches Dialogkonzept aus! Die Kirche, in der Gottes Wahrheit als offenbarte präsent ist, kann so keinen Dialog mit den Anderen führen. Nur, wenn der Glaube der Kirche als etwas nur menschlich Hervorgebrachtes verstanden werden würde, könnte die Kirche von allen anderen Religionen lernen. Aber sie könnte es dann doch nicht, weil ja gar nicht für sie erkennbar wäre, was denn an der anderen Religion wahr ist. Wahres kann nur in etwas, in einer Religion erkannt werden, wenn in ihr eine erkannte Wahrheit recogniziert werden kann.
Wer Schüler Kreise malen läßt, per Hand oder per Zirkel, kann nur erkennen, ob ein gemalter Kreis auch ein Kreis ist, wenn er die Idee des Kreises kennt, das ist seine Definition, um dann zu prüfen, ob ein gezeichneter Kreis diesee Idee gerecht wird.Ohne ein Wissen des Wahren kann in keiner Religion Wahres erkannt werden.
Ein kleiner Zusatz: Wo fand Zarathustra seine Wahrheiten, bevor oder als er vom Berg hinabgestiegen mit Mitmenschen dialogisierte? Der Philosoph Nietzsche wußte noch von den wahrheitserkenntnisfähigen Orten, den Gebirgsgipfeln, er suchte Wahrheiten nicht in dialogischen Plauderrunden.
Aber dann offenbart diese Aussage die Armseligkeit dieser Dialogtheologie:“Durch einen Dialog auf der Basis wechselseitiger Empathie und Lernbereitschaft können religiöse Traditionen Beiträge zur Lösung gesellschaftlicher Konflikte leisten und nicht – wie es viel zu häufig der Fall ist – zu Brandbeschleunigern werden.“ Die Wahrheit religiöser Überzeugungen bzw von Traditionen sei einfach ihre Nützlichkeit zur Lösung gesellschaftlicher Konflikte. Sie dürfen sich nicht contraproduktiv auf die gesellschaftlichen Konflikte auswirken sondern problemlösend. John Lennons Friedenutopielied: „Imagine“ sagte noch, daß um des Weltfriedens willen alle Religionen zu verschwinden hätten, diese Komparativtheologie, daß alle Religionen sich als gleichgültig zu verstehen haben, um durch das Vorbild der Vergleichgültigung von allen Differenzen einen wesentlichen Beitrag zur Lösung von gesellschaftlichen Konflikten zu erbringen.
Ein Nachtrag: Was, wenn es Religionen gibt, denen der Weltfrieden nicht das höchste Gut ist?Nietzsche urteilte,daß nur den Engländern das Glück das höchste Gut wäre, also ein Wohlleben auf Erden- aber gilt das überhaupt für eine Religion und gar für die Erlösungsreligionen?
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