Montag, 9. September 2024

„Die Frohbotschaft Jesu Christi ist vertrauenswürdig“von Pater Dr. Gadient- eine Kritik

 

Die Frohbotschaft Jesu Christi ist vertrauenswürdig“von Pater Dr. Gadient- eine Kritik



Der Fels“ berichter in seiner September/Oktober Ausgabe des Jahres 2024 kurz über den Vortrag des Paters Gadient (S.275). Spontan stimmte ich dieser so erfreulichen Aussage zu, und sie ist ja auch wahr und trotzdem evoziert diese Aussage ein Meer an Fragezeichen. Das scheinbar so klare verwirrt sich dann in ein kaum noch überschaubares Labyrinth von Wegen und Irrwegen.

Schon auf die simple Frage, was denn die „Frohbotschaft“ Jesu Christi beinhalte,finden sich so viele diverse Antworten in der jetzigen Kirche, daß angesichts dieser unübersehbaren Pluraliät nur noch die Frage übrigbleibt: Welche der vielen Interpretationen der „Frohbotschaft“ soll denn nun die vertrauenswürdige sein? Die naivste Antwort, aber auch die meist verbreitete: Natürlich ist die meinige die wahre und somit auch die vertrauenswürdige. Dieser naive Subjektivismus löst die ganze Wahrheit des katholischen Glaubens so vollständig auf und nichts Vertrauenswürdiges bleibt dann mehr übrig.

Der Glaube der Kirche sei der wahre und so auch der vertrauenswürdige. Dieser Glaube beinhaltet aber weit mehr als nur die Frohbotschaft Jesu Christi,beinhaltet er ja auch die Erkenntnis Gottes, so weit Gott der Vernunft erkennbar ist und auch das ganze Alte Testament. Der Apostelfürst Paulus schreibt in seinem Galaterbrief dem Gesetz Gott eine pädagogische Vermittelungsaufgabe zu, es soll uns zur Christuserkenntnis hinführen und ohne diese Vermittelung durch das Gesetz könnten wir nicht zur Chrituserkenntnis gelangen. Das wäre so, als wollte ein Rechenlehrer den Schülern das Addieren und Subtrahieren beibringen, ohne sie vorher das Zählen erlernen zu lassen. Wie sollte etwa die Bedeutung der Aussage, Jesus ist der Christus, verstanden werden, wenn nicht schon ein Verständnis des Begriffes des Christus vorläge, daß er so die gesuchte Größe sei. Die christliche Religion ist eine bestimmte Relgion. Wie sollte die besondere religiöse Botschaft Jesu Christi begriffen werden können, ohne daß zumindest ein Vorverständnis von dem vorliegt, was denn die Religion überhaupt ist?Nehmen wir die Zentralaussage der christlichen Religion: Wie soll das Sühnopfer Christi verstehbar sei ohne ein Vorverständnis von dem, was ein Opfer und ein Sühnopfer im Besonderen ist?

Die Formulierung insinuiert eine Unmittelbarkeit des Verstehenkönnes, aber gerade hier gilt, daß ein Mittenhineinspringen in diese Botschaft sie verfehlen wird. Erasmus von Rotterdamm hat in seiner großen Kontroverse mit dem Reformtor Luther dessen Pathos, man lese einfach die Bibel und dann verstünde man sie schon, wenn man nur aller theologischen Kommentare zur Bibel von sich fernhalte, widersprochen mit einer sehr erstaunlichen Auslegung der biblischen Vorschrift, man esse nicht, bevor man sich nicht die Hände gereinigt habe. Dies sei nicht nur eine Hygenevorschrift für das Ernähren des Körpers sondern müsse auch geistlich verstanden werden für die Aufnahme der Nahrung für die Seele und das ist die Bibel. Mit gereinigten Händen sie lesen, hieße also, sie gut vorbereitet zu lesen und dazu diene die Philosophie. Damit ist eine Vorordnung aber auch eine Unterordnung der Philosophie der hl. Schrift und damit auch der Theologie gegenüber gemeint. Praktisch meinte er damit die platonische Philosophie. Gerade der hl.Augustin bezeugt ja in seinen „Confessiones“, daß er erst durch die neuplatonischen Schriften zum katholischen Glauben vorgedrungen ist, die ihn aus den Irrtümern der christlichen Manichäer befreiten.

Eines muß klar sein: Bevor die Botschaft Jesu Christi nicht begriffen ist, kann über ihre Vertrauuenswürdigkeit nicht geurteilt werden. Oder sollten wir Christen es so praktizieren wie ich mit Albert Einsteins Relativitätstheorie umgehe: Meine Physikkenntnisse reichen bei weitem nicht aus, um diese Lehre zu verstehen, da aber alle Physiker sie übereinstimmend als wahr erklären, halte auch ich sie für wahr, obzwar ich sie nicht verstehe.Aber reicht für den katholischen Glauben ein so reiner Autoritätsglaube aus, wie ich auf die bloße Autorität der Physikprofessoren hin Einsteins Lehre für wahr halte?

Was heißt denn nun vertrauenswürdig? Daß ein Kreis rund und Goethe den „Faust“ geschrieben hat, sind keine vertrauenswürdige Aussagen, denn daß der Kreis rund ist, ist ein analytisches Urteil a priori und somit notwendig wahr und die Aussage, daß Goethe den „Faust“ geschrieben habe, ist zwar keine notwendige Wahrheit, aber so gut historisch dokumentiert, daß niemand sie bezweifelt.Vertrauenswürdig kann eine Aussage nur sein, wenn sie bezweifelbar ist, aber der sie Glaubende doch für wahr erachtet. Eine Ehefrau kann urteilen, daß sie ihrem Ehemann traut, daß er sie nicht mit einer anderen Frau betrogen habe auf der Kur, wenn sie das aber wüßte, etwa indem sie ein Detektivbureau mit der Überwachung ihres Mannes beauftragt hätte, und das ihr mitteilt: Er war die ganze Kur über treu, dann kann sie das nicht mehr glauben, ihn nicht mehr für vertrauenswürdig halten, weil sie weiß, daß er treu gewesen ist. Etwas für wahr zu halten, etwas für vertrauenswürdig zu erachten, ist also das Ergebnis der Entscheidung, das für wahr zu halten. Ein Fürwahrhalten, ein für Vertrauenswürdighalten setzt also eine defizitäre Erkenntnis voraus, ob es denn wirklich wahr ist.Das Wissen und Erkennen muß sich limitieren, um für den Glauben einen Raum zu schaffen- so Kant.

Ein noch gravierenderes Problem: Kann ein Mensch ohne die Gnade Gottes erkennen, daß Jesus der Sohn Gottes und die Wahrheit ist? Ist das für Vertrauenswürdighalten eine Möglichkeit des postlapsarischen Menschen, oder eine Gnadengabe Gottes?

Wie steht es nun aber um die Lebensrelevanz des als vertrauenswürdig gehaltenden Evangeliumes Jesu Christi? Ich halte es z.B für glaubwürdig, daß es UFOs gibt, von Nichtirdischen gesteuerte Raumschiffe, die auf der Erde erscheinen, aber dieser Glaube hat für mein Leben keine praktische Relevanz. Wie muß der Gehalt der Frohotschaft Jesu Christi sein, damit er überhaupt eine Lebensrelevanz erlangen kann? Verkürzte die Kirche die Botschaft Jesu auf, daß Gott zu jedem Menschen Ja sage, egal wie er lebe und ob er es glaube oder nicht, dann wird diese Botschaft kaum eine Lebensrelevanz erlangen können, da diese Liebe Gottes sich faktisch nicht von einer universalitischen Gleichgültigkeit unterscheidet. Relevanz kann auch die christliche Religion nur erlangen, wenn in ihr geglaubt wird, daß Gott kontingent auf unser Handeln und Unterlassen reagieren kann und daß es ihm nicht gleichgültig ist, wie wir nun leben, er sich also different zu uns verhalten kann.

So stehen wir am Ende in einem Wald voller Fragezeichen, die nicht einfach zum Verschwinden gebracht werden können.

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