Ist die Welt vernünftig, geht es in ihr vernünftig zu, da Jesus Christus als ihr König sie doch regiert?
Jesus Christus wird im Johannesevangelium als der Logos, gleich die Vernunft bezeichnet und als solcher regiert er mit dem Vater und dem Heiligen Geist die Welt.Das feiert die Kirche am Christkönigsfest. Sagt das nicht auch einer der bedeutendsten Philosophen, wenn er in seiner „Vorrede“ der „Grundlinien der Philosophie des Rechtes“ schreibt:
„Was vernünftig ist, das ist wirklich und was wirklich ist, das ist vernünftig.“ Alles, was ist, ist also vernünftig und das erklärt sich daraus, daß alles aus Gott auf Gott hin ist. Aber wer diese Aussage Hegels so interpretiert, hat den ersten Teil dieser Aussage überlesen: Was vernünftig ist und nur das, was vernünftig ist, ist wirklich. Das, was demzufolge unvernünftig ist, das ist auch nicht wirklich. Wer hier genau liest, findet die Lösung: Es gibt Etwasse, die es gibt, die aber nicht wirklich sind. Deswegen lesen wir als Hegels Eigendeutung dieser Aussage dies: „so gewährt hingegen die Philosophie die Einsicht,daß nichts wirklich ist als die Idee.Darauf kommt es dann an,in dem Scheine des Zeitlichen und Vorübergehenden die Substanz,die immanent,und das Ewige,das gegenwärtig ist, zu erkennen.“
Hier knüpft Hegel an die traditionelle Ontologie an, daß Gott nur das Sein zukommt und allem anderen Seienden nur ein Sein, da es an dem Sein Gottes partizipiert, ansonsten wäre es nichtig. Zur Veranschaulichung möge ein simpler Gedanke der Mathematik dienen: Eins ist die eine Zahl, an der alle anderen partizipieren als ein Vielfaches der Eins, so ist 3 das Dreifache der 1 und so sind sie wirklich. Ihr Wirklichsein wäre also ihre Teilhabe an der Eins.
Nur was vernünftig sei, sei so wirklich und das Nichtvernünftige wäre zwar, aber nicht wirklich. Übertrüge man diesen Gedanken auf die Anfangsfrage, dann käme dies Ergebnis heraus: Nur das Vernünftige ist als von Gott gewollt, wirklich und das Nichtvernünftige ist, aber ist nicht wirklich. Nur, hilft dieser Gedanke weiter, um das vernünftige Regieren Gottes mit der dem vielen Unvernünftigen in der Welt in Einklang zu bringen. Hegel qualifiziert das so nicht Wirkliche als „vorübergehendes Dasein, äußerliche Zufälligkeit,Meinung,wesenlose Erscheinung,Unwahrheit, Täuschung usf.“ im 1. Paragrahpen der Rechtsphilosophie.
Im theologischen Diskurs würde all dies unter den Begriff des Bösen subsumiert und das provoziert die Kritik, ob so dem Negativen Hegels Philosophie gerecht werden kann und wie überhaupt dem Negativen die Theologie gerecht werden kann, wenn sie Gottes Regieren der Welt als die Grundlage ihres Denkens vorauszusetzen hat.
Einen ungewohnten Weg zur Lösung dieser Frage möchte ich hier versuchen zu begehen. Heraklit lehrt bekanntermaßen: „Der Krieg ist der Vater aller Dinge, aller Dinge König; die einen macht er zu Göttern, die andern zu Menschen, die einen zu Sklaven, die andern zu Freien.“ Wenn diese philosophische Einsicht auf das Thema der Vernunft appliziert wird, dann hieße das: Erst durch die Differenz, den „Krieg“ zwischen der Vernunft und der Unvernunft wird die Vernunft zur Vernunft. Durch den Ausschluß des Anderen der Vernunft wird die Vernunft zur Vernunft. „Omnes determinatio est negatio“ und deshalb ist die Vernunft auch nur durch ihre Differenz zum Nichtvernünftigen.
Damit das Vernünftige als Wirkliches in der Welt sein kann, muß es das Andere von sich ausschließen und ihm so dies Sein, das kein wirkliches ist,erwirken. Wie sollte den Hiob sich als wahrhaft Frommer erweisen, wenn er nicht durch das Bestehen in den Versuchungen er zu dem wahrhaft Gläubigen sich entwickelte? Ja, es drängt sich der Verdacht auf, daß das Vernünftige nur ist in seiner Differenz zum Unvernünftigen, das selbst sein muß, damit das Vernünftige wirklich sein kann.
Das Johannesevangelium bezeichnet den göttlichen Logos,Jesus Christus als das Licht, das den finsteren Kosmos erhellen sollte. Nur ein Narr zündet ein Licht an, um am helligen Tage sehen zu können. Jesus Christus konnte ja nur das Licht für die Welt sein, weil sie ganz in der Finsternis eingehüllt war.Wenn dem Menschen schon alles klar und einsichtig gewesen wäre, wenn die damals schon existierenden Religionen für das Heil der Menschen ausgereicht hätten, wozu hätte dann das Licht in der Welt erscheinen sollen, wenn sie schon völlig aufgeklärt gewesen wäre?
Damit das Positive sein kann, muß so das Negative sein und als Nichtiges, von der Vernunft Verneintes ist es doch, aber nur um des Positiven willen.Der „Krieg“, die Differenz macht so erst das Vernünftige zum Vernünftigen denn ohne diese Differenz versinkte alles in einem grauen Einerlei,ohne daß dann noch etwas Bestimmtes sein könnte.
Deshalb könnte geurteilt werden, daß es vernünftig ist, daß das Nichtvernünftige ist, aber es ist nur um des Anderen willen und ist deshalb nicht ein wirklich Seiendes. Das ist nur das, was um seiner selbst willen ist.Kein Mensch könnte eine moralische Handlung vollziehen, wenn es nicht die Möglichkeit zu einem nichtmoralischen Handeln gäbe. Hätte Gott eine Welt geschaffen, in der es keine Möglichkeit zum Bösen gäbe, hätte er eine ohne die Möglichkeit der Moralität erschaffen. Dabei ergibt sich diese Paradoxie: Das Nichtmoralische mußte in der Welt sein, damit es als eine Möglichkeit auch realiserbar ist und es mußte freiwillig entstehen, denn nur freiwillig gewollt und gewirkt ist es ein moralisch qualifizierbar Böses. Ansonst wäre es nur eine Fehlfunktion in einer dann nicht ganz perfekt erschaffenen Welt. Genau das erzählt uns der Mythos vom Sündenfall Adams und Evas. In der Welt nach dem Sündenfall war das Unmoralische ja notwendig da, wie es die Erbsündenlehre expliziert. Aber die Sünde ist nur, damit der Erlöser uns von ihr befreit, damit wir wieder zu wirklichen Menschen werden. In dem Urteil Jesu ist der Mensch der Sünde ja kein wirklicher Mensch mehr, denn er sagt ja: „Lasse die Toten die Toten begraben!“
Zusatz:
Die Königsherrschaft Christi kann nicht reduziert werden auf die Differenz zwischen wie wir leben sollten und wie wir faktisch leben, als könne die Herrschaft Gottes sich nur durch unser moralisches Handeln realisieren als hätte Jesus nur unsere Hände, durch die er seine Königsherrschaft realisieren könnte.
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