Donnerstag, 21. November 2024

Über den vergessenen Schatz im Himmel oder der sich selbst säkularisierende Christ

 

Über den vergessenen Schatz im Himmel oder der sich selbst säkularisierende Christ

Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo die Motten und der Rost sie fressen und wo die Diebe nachgraben und stehlen.Sammelt euch vielmehr Schätze im Himmel, wo weder die Motten noch der Rost sie fressen und wo die Diebe nicht nachgraben und stehlen!Denn wo euer Schatz ist, da wird auch euer Herz sein.“ So lehrt es uns Jesus Christus selbst in seiner Bergpredigt, Mt 6,19-21. Der Psalm 15 entfaltet die Bedingungen für den Eintritt in das Heiligtum, Jesus nun entfaltet nun, darauf aufbauend seine Unterweisung, wie hat ein Mensch zu leben, damit er in das Himmelreich eintreten darf. Der Himmelschatz ist nun eine bildliche Umschreibung für das Eintreten in das ewige Leben. Auf Erden sammeln Menschen sich Schätze, um damit etwas sich erkaufen zu können, aber auch, um ihre Kaufpotenz zu genießen. Wozu sammeln sich nun Menschen Schätze im Himmel. Auch hierfür gelten diese 2 Hinsichten, daß der angesammelte Himmelsschatz ihnen ermöglicht, in das Reich Gottes einzugehen und daß der Himmelsschatz etwas im Himmel zu genießendes ist.

So wird ganz deutlich, daß die Bergpredigt kein Programm zu Gestaltung des gesellschaftlichen Lebens ist schon gar kein Weltbeglückungsprogramm. Jesus stellt hier seine Leser vor die Frage, wo er sein Glück erhofft und wie er es erhofft, für sich zu erlangen. 2 Optionen stellt er so uns vor Augen: das irdische oder das himmlische Glück verbunden mit der These, daß zum Erlangen beider Ziele es von Nöten ist, sich dazu Schätze zu sammeln. Auf engste ist damit Jesu Christi Lehre vom Verdienst verbunden. Er untercheidet dabei ebenso eindeutig zwischen dem Streben nach dem irdischen und dem Streben nach dem himmlischen Lohn! Anthropologisch formuliert heißt dies, daß der Mensch stets nach einer Belohnung strebt in seinem Tuen und Unterlassen, aber daß die entscheidende Frage die ist, ob er nach dem irdischen oder ob er nach dem himmlischen Lohn strebt.

Jesu Christi Lehre lebt so ganz aus diesem Dualismus heraus, Jesu Lehre als Genitivus subjectivus, daß ER uns lehrt, nach dem, was oben ist zu streben und als Genitivus objectivus verstanden, daß er der von oben, vom Himmel herabgekommende Erlöser ist, der uns erlösen kann, weil er vom Himmel gekommen ist, um uns den Weg in den Himmel zu bahnen. Der Gedanke des Lohnes bzw des Schätzesammeln betont dabei die Aktivität des Menschen: Er hat etwas zu unternehmen, damit er das Ziel des Lebens im Himmel erreicht.Die uns durch den Erlöser gebahnte Weg ist kein alleiniges Emporgezogenwerden durch Gott auf dieser Bahn sondern auch ein aktives Gehen auf ihr, ein Voranschreiten auf das Ziel hin.

So wie im Regelfall ein Mensch seine Erdenschätze nicht geschenkt bekommt, wie er sich seinen Erdenlohn zu erarbeiten hat, so lehrt uns zumindest der göttliche Lehrer selbst haben auch wir das Unserige beizutragen, um dieses Ziel zu erreichen. Erst der Reformator Luther wird den Menschen zur völligen Passivität verurteilen, als ob er nichts Lohnwürdiges wirken könne, als wenn er für sich keine Himmelsschätze erwirken könne. Hätte Luther damit recht, bliebe dem Menschen nur noch eine Handlungsoption, die des Ansammelns irdischer Schätze, denn für das Ansammeln himmlischer Schätze wäre er ja völlig unfähig. Um es mit einem ganz aus der Kirchensprache außer Mode geratenen Vokabular zu sagen:Zu guten Werken sei der Christ nicht befähigt und darum könne er sich auch keinen Schatz im Himmeln erwirken. In dies Projekt seine Arbeitsenergie zu investieren ist deswegen eine völlige Fehlinvestition aber nicht nur das, sondern geradezu etwas Perverses, denn hier solle der Christ ganz allein auf die Gnade Gottes setzen, die ihn in den Himmel aufnähme, auch und gerade, wenn er es gar nicht erst versucht hätte, Himmelsschätze für sich anzusammeln.

Der bedeutende Soziologe Max Weber erforschte ja das Verhältnis des Geistes des Kapitalismus zum Protestantismus und kaprizierte sich dabei isb auf den reformierten Protetantismus englischer Ausprägung.So überzeugend ihm auch der Nachweis dieser Beziehung gelang, grundlegend für die Bestimmung dieses Verhältnisses müßte die Einsicht in den Zusammenhang der Verneinung der Möglichkeit eines Ansammelns von Himmelsschätzen zu dem Vorrang des Ansammelns von irdischen Schätzen sein: Wer keine himmlischen mehr erwirken kann, der wird nur noch investieren, um irdische Schätze für sich zu sammeln. Wenn der Mensch nur irdischen Lohn und irdische Schätze sich erwirken kann, aber es ihm unmöglich sei. Himmlische Schätze zu erwirken, wozu sollte er dann noch nach dem Himmlischen streben?

Jesus Christus lehrt uns, uns ganz auf das Himmlische, das Oben auszurichten, aber wenn dem Menschen gelehrt wird, daß er nichts dafür unternehmen könne, um dieses Ziel zu erreichen, wird er dann nicht, weil er ein aktiv Lebender sein will, sich ganz auf das Sammeln nach irdischen Schätzen kaprizieren und so sich ganz und gar verweltlichen? 

Anders formuliert: Wir exilierten Kinder Adams und Evas wollen, statt heimzukehren, in der Fremde sich beheimaten. 

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