Sonntag, 19. Januar 2025

Ist der Glaube eine oder die Antwort des Menschen an Gott? Eine Kritik

 

Ist der Glaube eine oder die Antwort des Menschen an Gott? Eine Kritik



Im jetzigen Katechismus heißt es: „Der Glaube ist die Antwort des Menschen an Gott, der sich dem Menschen offenbart“. (Nr.26) Da der Mensch aber auch auf das Sichoffenbaren Gottes mit: „Ich glaube nicht“ respondieren kann, dürfte der Glaube nur eine Antwortmöglichkeit sein, oder es müßte diese Aussage so verstanden werden, daß „die Antwort“ hier die wahre Antwort bedeutet. Das Glaubensbekenntnis, das dann der Katechismus im zweiten Abschnitt des ersten Teiles auslegt, von Nr.185 bis Nr.1065 wäre dann die Explikation des Gehaltes des antwortenden Glaubens.

Frägt der Deutschlehrer: „Wer verfaßte den Roman: „Der Mann ohne Eigenschaften“ und die gefragte Schülerin antwortet: „Thomas Bernhard“ dann ist das die Antwort dieser Schülerin und es ist eine falsche Antwort.Wenn Gottes Offenbaren und die Antwort des Menschen als zwei sich gegenüberstehende Tatsachen verstanden werden, dann kann nicht mehr ausgeschlossen werden, daß die gegebene Antwort eine unwahre ist.Daß Thomas Bernhard nicht der Autor dieses Romanes ist, ist allseits bekannt, bzw leicht nachprüfbar, sodaß die gegebene Schülerantwort als eine falsche erkannt werden kann.Um die Wahrheit des antwortenden Glaubens erkennen zu können, müßte also ein vom Glauben unabhängige Zugang zu der Offenbarung Gottes möglich sein, von woher dann die Wahrhaftigkeit der Glaubensantwort überprüft werden könnte. Wenn nun aber alle möglichen Reaktionen auf die Offenbarung Antworten sind, entweder die des Glaubens oder die des Nichtglaubens, dann gäbe es keinen unmittelbarem Zugang zur Offenbarung.

Wird nun das Glaubensbekenntnis als die Antwort auf die Offenbarung Gottes verstanden, dann fällt dies Bekenntnis sofort unter das Messer der historischen Kritik, daß die getätigte Antwort mehr über den Glaubenden als über die Offenbarung Gottes aussage, daß das Glaubensbekenntnis selbst in seiner Ausformulierung zeitgeschichtlich bedingt sei. Es ist dann kein weiter Weg mehr, bis Gottes Offenbarung zu dem kantischen „Ding an sich“ wird, das den Menschen dann dazu veranlaßt, eine Gotteserkenntnis hervorzubringen, die so sehr philosophisch formuliert durch das Erkenntnisvermögen des Menschen determiniert ist, bzw durch den kulturgeschichtlichen Kontext des Gott erkennen wollenden Menschen, daß nicht mehr geurteilt werden kann, daß das Glaubensbekenntnis mit dem Gott, wie er wirklich an sich ist, übereinstimmt.Gott wird zu einem Unerkennbaren, von dem wir uns nur menschlich allzumenschliche Vorstellungen produziert haben. Die Offenbarung Gottes beläßt somit Gott in seiner Unerkennbarkeit, da wir Menschen nicht einen direkten Zugang zur Offenbarung haben sondern nur über schon getätigte Antworten, in denen, da sie nur Antworten sind, das Offenbarte selbst nicht enthalten ist.

Für das Kirchenverständnis zeitigt dies die fatalsten Folgen, denn nun kommt die Kirche nur noch als eine organisierte Antwort auf die Offenbarung Gottes zu stehen. Sie vermittelt deswegen nicht mehr die Offenbarung Gottes, sondern degradiert sich zu einer kontingenten Antwortgemeinschaft, die auch anders hätte antworten können.Die verschiedenen Confessionen wären dann die differenten Antworten auf die eine Offenbarung und da es keinen direkten Zugang zur Offenbarung gibt, stehen sie vor uns als eine Pluralität von Wahlmöglichkeiten, wie man auf die Offenbarung antworten könnte.

Für die Lehre der Sakramente zog der reformierte Theologe K. Barth die Konsequenz, daß die Sakramente nichts vermittelten, sondern als die Antworthandlungen auf Gottes Heil neu zu konstruieren seien.Die materiale Durchführung gelang diesem Theologen altersbedingt nur noch als die Destruktion des Taufsakramentes, daß es als die Selbstverpflichtung zu einer christlichen Lebensführung in den Bereich der Ethik gehöre, ja sie konstituiere. Die Kirche vermittelt nichts und schon gar nichts durch die Sakramente, denn sie ginge ganz darin auf, ein Antwortereignis zu sein.

Wenn man nun die Entfaltung des Glaubensbekenntnisses im Katechismus bedenkt, drängt sich aber ein ganz anderer Eindruck auf, daß hier nämlich offenbarte Glaubenswahrheiten expliziert werden.Der in seiner Bedeutung sehr oft unterschätzte Philosoph Fichte sah in einem evidenten Grundsatz das Fundament der Wissenschaft, von dem her sich alle anderen Wahrheiten als Deduktionen zu verifizieren haben. In der wissenschaftlichen Theologie wären das von Gott offenbarte Wahrheiten, die dann die Theologie expliziert und aus denen weitere wahre Erkenntnisse konstruiert werden durch die deduktive Methode.So verstanden ist das Glaubensbekenntnis nicht eine Antworthandlung der Kirche sondern das Medium, durch das sich die offenbarten Wahrheiten den Menschen vermitteln.Die Kirche ist dann das Heilsvermittelungsinstitut, durch das, wie es der hl. Cyprian so treffend auf den Punkt gebracht hat, daß keiner Gott zu seinem Vater haben könne,der nicht die Kirche zu seiner Mutter habe,die Offenbarung Gottes vermittelt wird, sie vermittelt sich selbst durch den Dienst der Kirche. Diese Selbstvermittelung ist die Tätigkeit des Hl.Geistes.

Dann kann aber der Glaube nicht mehr einfach die Antwort des Menschen sein, sondern es müßte so differenziert werden: Die Offenbarung Gottes vermittelt sich durch den Glauben der Kirche, sodaß die Wahrheit im individuiertem Glauben, den je meinigen angeeignet wird.Der Glaube ist nämlich, wie der Katechismus es selbst dann praktiziert, ein ganzes System von Glaubensaussagen, das dann von den Gliedern der Kirche als die Wahrheit anerkannt und bekannt werden soll. Der ganze Gehalt des Glaubens ist ja umfassender als der der Selbstoffenbarung Gottes in Jesus Christus sondern resultiert aus der Geschichte Gottes mit den Menschen, wozu auch die natürliche Gotteserkenntnis zählt. Die Verzeichnung des Glaubens als einer Antworthandlung dagegen trennt die Kirche und ihr Glaubensbekenntnis so sehr von der Offenbarung Gottes, daß nicht mehr einsehbar wird, mit welchem Recht die getätigte Antwort die wahre ist oder ob sie nur eine von vielen kontingenten möglichen wäre, die alle weder verifiziert noch falsifiziert werden können.

 Corollarium

Die Gotteserkenntnis muß so begriffen werden als die Selbstvermittelung Gottes im Denken des Menschen als seine Erkenntnis,die von Gott im Denken.









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