Dienstag, 21. Januar 2025

Eine eindeutige Aussage: „Es ist nicht erlaubt,etwasSchlechtes zu tun, damit dabei etwas Gutes entsteht“ - eine Kritik

 

Eine eindeutige Aussage: „Es ist nicht erlaubt,etwasSchlechtes zu tun, damit dabei etwas Gutes entsteht“ - eine Kritik


Es war ein ehrliches Anliegen der Pharisäer, das Sabbatheiligungsgebot Gottes ernst zu nehmen. Dabei versuchten sie dies Gebot mit den Realien des Lebens in Einklang zu bringen: Wie kann ein Arzt das Sabbatgebot halten, ohne daß er dabei gegen seine Pflichten als Arzt verstößt, denn auch für diesen Berufsstand galt ja, daß sie am Sabbat nicht arbeiten sollen. Eine doch recht kluge Regel besagte nun, daß am Sabbat der Arzt nicht solche Patienten heilen dürfe, bei denen eine Verschiebung der ärztlichen Behandung auf den nächsten Tag problemlos dem Patienten zumutbar ist. Warum sollte etwa ein von Geburt an Blinder am Sabbat geheilt werden? Wenn nun aber jemand an einem Sabbat einen Herzinfakt erleidet, darf ein Arzt sein Eingreifen nicht auf den Folgetag verschieben.

Wenn also ein Arzt einen chronisch Kranken am Sabbat medizinisch behandelt, tut er Unerlaubtes, verbindet er einen Verletzten am Sabbat, handelt er aber erlaubt. Wenn das stimmen sollte, dann handelte Jesus schlecht, wenn er an Sabbaten Kranke heilte, denn es gilt nun nach dem Katechismus Nr. 1761: „Es ist nicht erlaubt, etwas Schlechtes zu tun, damit etwas Gutes entsteht.“ Das Schlechte ist in diesem Falle eine unerlaubte Heilung am Sabbat und der gute Zweck, daß der Patient geheilt wird, rechtferigt nicht die unerlaubte und somit schlechte Handlung.Denn es heißt ausdrücklich: Nr 1753: „Der Zweck rechtferigt die Mittel nicht.“


Aber es wird noch komplizierter:Einen anderen Menschen eine Körperverletzung beizufügen ist etwas Schlechtes. Wenn nun ein Chirug einem Patienten gar ein Bein amputiert, ist das eine schwere Körperverletzung und somit etwas Schlechtes. Der Zweck, dadurch dem Patienten das Leben zu retten, kann dann nicht diese an sich schlechte Tat der Körperverletzung rechtfertigen. Das ist nun völlig absurd.Also darf die Körperverletzung nicht immer als eine schlechte Tat angesehen werden, sondern der Zweck dieser Handlung qualifiziert erst diese Tat: Begeht sie ein Chirug, ist es eine gute Tat, da sie der Heilung des Patienten dient, begeht sie ein Räuber, um den Verletzten dann auszuplündern, ist es eine schlechte Tat. Aber damit wird nun der Handlungszweck zu dem Kriterium der Qualifizierung der Tat, ob die Körperverletzung eine erlaubte oder eine unerlaubte sei.

Es gibt Katholiken, die urteilen, daß sich zu tätowieren eine Sünde sei, da jeder Tätowierung eine Körperverletzung sei und der Zweck der Verschönerung durch eine Tätowierung, die sich tätowieren Lassenden erachten das ja als eine Schönheitsoperation, diese Körperverletzung nicht rechtfertigen könne.

Nehmen wir ein weiteres Beispiel: Gesetz den Fall, zwei Kosmonauten auf der Rückfahrt zur Erde entdecken, daß in der Folge eines technischen Defektes der Sauerstoffvorat nur noch für 5 Stunden reicht, aber die Rückfahrtszeit zur Erde noch 10 Stunden beträgt. Wenn nun einer der Kosmonauten sich das Leben nimmt, um dem Anderen das Leben zu retten, dann sündigt er nach der Lehre des Katechismus, denn der gute Zweck der Lebensrettung eines Mitmenschen kann nicht den Freitod rechtfertigen, auch dann nicht, wenn so nur das Leben des anderen gerettet werden kann. Hierbei wird nun die Tat als die der Selbsttötung und der Zweck als außerhalb der Tat sich befindend, als die Lebensrettung des Anderen verstanden.

Aber es könnte die Tat auch als ein Opfer, ein Selbstopfer verstanden werden, die in sich das Moment des Sichaufopferns und das für einen Sichaufopfern enthält. Somit hieße nun die moraltheologische Frage: Ist es erlaubt, sich zu opfern? Da im Zentrum der christlichen Religion der Sühnopfertod Jesu Christi steht, er opferte sein Leben für uns Menschen, kann ein Sichopfern nicht als ein schlechtes, also unerlaubtes Tuen qualifiziert werden.

So simpel auf den ersten Blick die Unterscheidung zwischen der Tat und dem Zweck auch daherkommen mag, sie dann faktisch auf einen Handlungskomplex zu beziehen, bereitet größte Probleme. Wer einen Meineid schwört,um so einem Unschuldigen das Leben zu retten, da nur so er im Gerichtspozeß nicht zu Tode verurteilt werden wird, sündigt, wenn man die Tat als einen Meineid und den Zweck als die Rettung des Unschuldigen versteht, wenn man dagegen die Tat als die der Rettung eines Unschuldigen in einem Gerichtsprozeß versteht, ist diese Tat eine erlaubte, denn dann wäre der getätigte Meineid gleich zu setzen mit der schweren Körperverletzung einer Beinamputation durch den Chirugen.

Der Zweck rechtfertigt die Mittel nicht“ (1753) klingt aber in dieser rigoristischen Schärfe unkatholisch. Die zwei bedeutendsten Kirchenlehrer, der hl. Augustin und der hl Thomas urteilten nämlich in der Causa: „Soll die Prostitution verboten werden?“ daß sie als ein kleineres Übel zu tolerieren sei, um so die Frauen vor dem sexuellen Begehren der Frauen zu schützen, also um ein größeres Übel, etwa die Vergewaltigungen zu vermeiden, bzw es zu verringern. Der hierarischen Struktur des Katholischen korreliert diese Haltung mehr als ein bloßes: entweder oder! Es gibt eben Handlungen, die an sich schlecht sind, wie das Stehlen, das aber toleriert werden kann, wenn der Dieb etwa nur durch das Stehlen von Lebensmitteln sich vor dem eigenen Hungerstod retten kann. Daraus entsteht eine Hierarchie der Güter, daß eben in jeder Handlung ein Gut erstrebt wird, so Aristoteles, und daß es möglich ist, daß um ein sehr wertvolles Gut eine im Vergleich dazu geringer wertige schlechte Tat erlaubt sein kann. So ist das Gut des Überlebens höherwertig als das Gut des Eigentumes, das durch einen Diebstahl mißachtet wird.

So hat die Kirche bis zum 2.Vaticanum ein Recht auf die freie Ausübungen anderer als der christlichen Religion nicht anerkannt, aber die Praktizierung der anderen Religionen als ein kleineres Übel toleriert um des Gutes des Friedens willen, daß es zu keinen Religionskriegen kommt.Der Rigorismus, daß nichts Schlechtes toleriert werden dürfe auch nicht um eines guten Zweckes willen, hätte diese Toleranz den anderen Religionen gegenüber verboten, da ja die Ausübung einer falschen Religion per se etwas Schlechtes ist, zumindest galt das bis zum 2.Vaticanum.



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