Freitag, 31. Januar 2025

Ein äußerst gewichtiges aber fast vergessendes Problem der Glaubwürdigkeit der Evangeliumsverkündigung- oder gibt es doch Neues unter der Sonne?

 

Ein äußerst gewichtiges aber fast vergessendes Problem der Glaubwürdigkeit der Evangeliumsverkündigung- oder gibt es doch Neues unter der Sonne?


Wer heutigen Tages das Problem der Theodizee anspricht, warum gibt es Böses in der Welt, wenn doch ein guter und allmächtiger Gott die Welt regiert, wird kaum noch einen Hund vom warmen Offen damit weglocken können. Dabei galt das mal als das gravierndste Problem der Kirche, wie sie denn angesichts dieser Problematik noch das Evangelium glaubwürdig verkündigen könne. Albert Camus meisterliches Werk: „Die Pest“ gehörte so wohl zur faktischen Pflichtlektüre zumindest des gymnasialen Religionsunterrichtes.

Aber diese einst als so relevant beurteilte Frage scheint jetzt fast nur noch einen musealen Charakter zu besitzen: „Einst frug man so!“ Die Gründe dafür liegen auf der Hand, daß nämlich die Vorstellung eines allmächtig und gut die Welt regierenden Gottes so sehr verblaßt ist, daß dies Problem kaum noch verstanden wird. Darüberhinaus leidet der Diskurs über dies Thema an dem typisch postmodernistischen Erschöpfungsproblem: Alle möglich denkbaren Lösungen sind zigfach durchgespielt worden, und keine erwies sich als überzeugend, sodaß eine ewige Wiederholung des zigfch schon dazu Geschriebenem nur noch Langeweile hervorruft. Auch die Theologie muß in der Ägide der Postmoderne innovativ sein, Neues hervorbringend, um ihre Leserschaft nicht zu langweilen.

Aber könnte es nicht doch in dieser Causa Problemlösungen geben, die bisher noch nicht mitbedacht worden sind, trotz des Votums des Prediger Salomons, daß es nichts Neues unter der Sonne gäbe? Das Genre der Zukunftsromane gilt nun im theologischen Diskurs als viel zu unseriös, als daß Gedanken aus diesem Genre in dem theologischen Diskurs zitiert werden könnten. Wie nun aber, wenn das in Zukunftsromanen immer wieder mit viel Leidenschaft debattierte Thema der Zeitparadoxien für das Problem der Theodizee fruchtbar gemacht werden könnte?

Die theologische Frage hieße dann: Kann Gott geschehene Ereignisse, also auch die, die nicht hätten geschehen dürfen, wenn ein guter und allmächtiger Gott die Welt regiert, ungeschehen machen lassen? Das Zeitparadoxproblem soll nun deshalb veranschaulichend an einem Beispiel erklärt werden: Gesetz den Fall, Herr Maier ist vor 3 Tagen bei seiner Aufnahmeprüfung durchgefallen und beschließt nun, 4 Tage in die Vergangenheit zu reisen – mittels einer Zeitreisemaschine- und er legt dann einen Zettel mit all den Prüfungsfragen und den richtigen Antworten, die in 4 Tagen gestellt werden, auf den Schreibtisch, wo er sich auf die Prüfung vorbereitet, und kehrt dann in seine Gegenwart zurück. Wie sieht dann die Gegenwart aus, in der er nun zurückkehrt?

Die erste Möglichkeit: Er kehrt in die Gegenwart zurück, in der er vor 3 Tagen die Prüfung nicht bestanden hat und er hat sie auch nach dieser Zeitreise in die Vergangenheit nicht bestanden. Die Erklärung dafür lautet: Das, was Herr Maier in die Vergangenheit gereist getan hat, ist in die Vergangenheit miteingeflossen, sodaß die Gegenwart, daß er die Prüfung nicht bestanden hat, schon mitbewirkt war durch sein Tun in der Vergangenheit als aus derZukunft kommend da so Handelnder. Er mußte also 4 Tage nach der nicht bestandenen Prüfung in die Vergangenheit reisen, damit die Gegenwart, wie sie 4 Tage nach der gepatzten Prüfung ist, sich ereignen konnte.

Die zweite Möglichkeit: Er kehrt in eine Gegenwart zurück, die nicht identisch ist mit der, aus der er heraus in die Vergangenheit gereist ist: Er kommt nun in einer Gegenwart an, in der er vor 4 Tagen die Prüfung bestanden hat. Die Erklärung dazu: Es existiert neben der Wirklichkeit, in der er die Prüfung nicht geschafft hat eine mögliche Wirklichkeit, in der er die Prüfung bestanden hat. Durch seine Reise in die Vergangenheit gabelt sich die Zukunft, von dem Punkte seines Agierens in der Vergangenheit in zwei mögliche Wirklichkeiten auf, der einen, in der er die Prüfung nicht bestehen wird und der anderen, in der er sie bestehen wird. Indem er nun den Zettel auf den Schreibtisch legte, verwandelte sich die realisierte Gegenwart der nicht bestandenen Prüfung in eine mögliche Gegenwart und die nicht realisierte Möglichkeit verwandelte sich in die realisierte. Nun existiert eine neue Gegenwart, in der nie die Prüfung nicht bestanden worden ist.

Ob je mit einer wie auch immer gearteten Zukunftstechnologie Reisen in die Vergangenheit möglich sein werden, diese für uns nicht beantwortbare Frage wird keinem Zukunftsromanleser die Freuden an den Zeitreisen verderben, die Perry Rhodan Serie bietet dazu geradezu meisterliche Erzählungen, aber theologisch kann kein Grund angeführt werden, warum dem allmächtigen Gott solche Zeitkorrekturen unmöglich sein sollten. Als Allmächtiger könnte er es, aber es ist nicht beantwortbar, ob er das auch einmal wollen wird. So könnte aber Gott in seiner Allmacht all das Böse, was nicht hätte geschehen sollen, er ungeschehen machen könnte.

Eine weniger radicale aber doch damit vergleichbare Lösung scheint Plotin uns anzubieten, wenn er schreibt: „Und was Mord und Totschlag aller Art betrifft...,so soll man es anschauen wie auf den Gerüsten der Schaubühne,es ist alles nur Umstellen der Kulisse und Wechsel der Szene, und dazu gespielte Tränen und Wehklagen.“ (Enneade iii,2,15,44ff)1 Würde so das Erdenleben als ein großes Theaterstück vorgestellt, bedeutete das auch seine Entwirklichung, der Mensch, stirbt er, träte dann ab von der Weltbühne, die ihm dann postmortal nur noch ein unwirliches Traumtheaterleben wäre. Nicht eine Zeitreise sondern das Aufwachen aus der Theaterwelt ließe so das geschehene und erlittende Leid verschwinden.


Es darf aber weiterhin gemutmaßt werden, daß die ungelöste Theodizeeproblematik zu dem Glaubwürdigkeitsverlust Gottes und damit auch des Evangeliumes geführt hat und zwar so sehr, daß jetzt schon die Theodizeefrage nicht mehr in ihrer Bedeutsamkeit verstanden werden kann.










1Zitiert nach: Norbert Fischer,Die philosophische Frage nach Gott, 1995, S.70f. Man unterschätze die plotinische Philosophie nicht in ihrer Relevanz für die Theologie.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen