In der "Erklärung der Wahrheiten in Bezug auf einige der häufigsten Irrtümer im Leben der Kirche unserer Zeit" (Kardinal Burke, Kardinal Pujats, Erzbischof Peta, Erzbishof Lenga und Weihbischof Schneider findet sich unter dem Punkt 6 eine doch sehr diskussions- und kritikbedürftige These (sie wird hier vollständig wiedergegeben nach: Theologisches Juli/August 2019, Sp.318):
"Spiritualitäten und Religionen, die irgendeine Art von Götzenverehrung oder von Pantheismus fördern, können weder als "Samen" noch als "Früchte" des Göttlichen Wortes angesehen werden, weil sie Trugbilder sind, die die Evangelisation und das ewige Heil ihrer Anhänger ausschließen, wie es in der Heiligen Schrift gelehrt wird: "Denn der Gott dieser Weltzeit hat das Denken der Ungläubigen verblendet.So strahlt ihnen der Glanz des Evangeliums von der Herrlichkeit Christi, der Gottes Bild ist, nicht auf" (2 Kor.4,4)
Fragwürdig ist die Ineinssetzung von den Religionen der Götzenverehrung und dem Pantheismus.Denn in der Götzenverehrung verehrt der religiöse Mensch etwas von ihm als Verschiedenes als Gott oder Götter Imaginiertes, wohingegen der Pantheismus, wenn er konsequent zu Ende gedacht wird, gar keine Gottesverehrung mehr zulassen kann, weil dann ja Gott nur sich selbst verehren würde. Jede Verehrung setzt die Differenz von dem Verhrenden und dem Verehrten, aber eine solche Differenz will ja der Pantheismus nichten, um ein Einerlei Gottes zu lehren.
Der reformiere Theologe Calvin schreibt zu dieser Causa in seiner Institutio, daß die natürliche Gotteserkenntnis so stark den Menschen präge, daß er selbst im Götzendienst noch an der Wahrheit festhält, daß sein Schicksal von Gott abhängig ist, daß er also auf das Wohlwollen des Gottes oder der Götter angewiesen ist und daß so der Götzendienstkult entstand. Der Götzendienst ist so eine unwahre Gottesverehrung, in der doch ein Moment der Wahrheit enthalten ist, daß der Mensch Gott zu verehren habe. Dies negiert aber der Pantheismus.
Die Götzenverehrung schließe eine Evangelisation und das ewige Heil dieser Gläubigen aus. Was sagt Paulus aber dazu? Der Gott dieser Welt, also der Teufel verblendet die Menschen, die Götzen verehren und so können sie das Evangelium nicht annhmen. Also nicht die Götzenverehrung verunmöglicht es, daß die so vermeintlich Gott oder die Götter Verehrenden die Wahrheit annehmen, sondern der Teufel selbst.Der Teufel verblendet das Denken der Götzendiener, sodaß sie nicht die Wahrheit des Evangeliumes erkennen können.
Wie verhält sich denn nun aber der Götzendienst zur Wahrheit des Evangeliumes? Hier gibt uns der Apostelfürst eine sehr komplexe Antwort:
"Itaque lex paedagogus noster fuit in Christo, ut ex fide justificemur". (Gal 3,24) Das Gesetz ist unser Pädagoge auf Christus hin. Diese Aussage ist nun sehr bedeutsam: Es gibt keine unmittelbare Erkenntnis Jesu Christi, des Evangeliumes und der Wahrheit, sondern nur eine vermittelte. Diese Vermittelung leistet das Gesetz, dessen Kenntnis allen Menschen gemein ist, den Juden im geschriebenen Gesetz, den Heiden im Gewissen als dem Ort des gewußten Gesetzes und in der natürlichen Gotteserkenntnis. Paulus arbeitet sich ja in seinem Römerbrief an dem heidnischen Einwand ab, daß die Heiden, wenn sie nichts wissen konnten von dem wahren Gott und von dem, was er durch sein göttliches Gesetz vom Menschen fordere, sie gegenüber diesem ihnen völlig unbekannten Gott und seinem ihnen ebenso unbekannten Gesetz keine Sünder sein könnten. Denn ein ihnen zurechenbares Sündersein setzte voraus, daß sie von dem Gesetz Gottes und so von Gott wissen können mußten. Wäre das nicht gegeben, könnten sie auch Jesus Christus nicht als für ihre Sünden am Kreuze zu ihrem Heile Gestorbenen nicht annehmen.
Paulus entfaltet so seine Gesetzeslehre als die der notwendigen Vermittelung durch das Gesetz auf Christus hin.Wo erkennt aber der Heide faktisch dies göttliche Gesetz? Und darauf kann und muß wohl respondiert werden: in seiner heidnischen Religion. Denn in ihr erkennt er, daß er für sein Wohlergehen auf das Wohlwollen der Götter oder des Gottes angewiesen ist, daß er so gemäß dem Willen Gottes oder der Götter zu leben hat und daß von ihm eine Verehrung des Göttlichen so verlangt wird.Dies in jeder heidnischen Religion gegebene Wissen ist nun selbst der Pädagoge auf Christus hin. Es ist nicht selbst schon die Wahrheit aber es ist der Weg zur Wahrheit,die eben nicht unmittelbar erkannt werden kann.
Zur Unwahrheit wird so die heidnische Religion erst, wenn sie sich ihrer Aufhebung in die wahre Religion verweigert, weil sie in Christus nicht die Wahrheit erkennt, auf die sie die heidnische Religion hinzuführen hat. Sie gleicht so einem Johannes, dem Täufer, vor dem Jesus steht und der dann verkündete: Bleibet bei mir, denn dieser Jesus ist nicht die Wahrheit Gottes.
Wie sollte denn auch ein Heide die christliche Verkündigung; Jesus ist der Sohn Gottes, annehmen können, wenn er in völliger Unkenntnis von Gott, diese Aussage gar nicht verstehen könnte: Wer oder was ist Gott? Und wozu soll diesem Wesen namens Gott ein Sühnopfer dargebracht werden? Wie soll diese Aussage verstehbar sein, wenn der Adressat nichts wüßte von der kultischen Gottesverehrung?
Die heidnischen Religionen präparieren so den Menschen durch diese Religion auf die Erkenntnis der wahren Religion. Aber diese göttliche Pädagogik auf Christus hin kann auch ihr Ziel verfehlen,indem der religiöse Mensch sich der wahren Religion verschließt, indem er in seiner heidnischen sich bewahren will. Denn die wahre Religion ist nicht nur die Bewahrung der heidnischen Religion sondern auch ihre Negation. Sie bewahrt die Wahrheit jeder Religion, daß der Mensch zur Gottesverehrung bestimmt ist, daß sein Wohl abhängig ist von der Gunst Gottes, aber sie negiert auch die heidnische Religion,indem sie das Kreuzaltaropfer Jesu Christi als das einzig wahre Opfer zu erkennen gibt, indem sie Jesus Christus als den einzigen Weg zum wahren Gott verkündet.Diese dialektische Einheit von Bewahren und Negieren, dies ist der aufhebende Charakter der wahren Religion, die in sich erst alle Wahrheit der heidnischen Religionen vollendet und so zu ihrer Wahrheit bringt. Die heidnischen Religionen sind also dazu bestimmt, in der einzig wahren aufzugehen und das genau ist ihre Wahrheit, die sie zu Pädagogen auf Christus hin werden läßt. Unwahr werden sie erst, wenn sie sich gegen die Wahrheit selbst behaupten und bewahren wollen: Sie glichen so Raupen, die nicht sich in Schmetterlinge verwandeln möchten.
Zusatz:
1.Das hier über die heidnischen Religionen Ausgesagte gilt nicht für die Religionen, die antithetisch zur wahren Religion gegründet wurden:für die jüdische wie die islamische Religion, denn ihre Substanz ist ja die Negation der christlichen Religion. So konstituierte sich ja die jüdische Religion erst durch das Nein zu Jesus als dem Messias und Sohn Gottes. So kann diese Religion nicht selbst mehr eine pädagogische Funkion hin zu Jesus Christus haben. Ganz anders die vorchristliche Gnosis, die mit ihrer Vorstellung vom Erlöser, der von "Oben" kommt, um die Menschen aus der gefallenen Welt zu befreien, mithalf, das Ereignis der Menschwerdung Gottes in Jesus Christus theologisch zu begreifen, indem dieser Erlösermythos rezipiert wurde und durch das historische Ereignis der Menschwerdung Gottes in Jesus Christus dann auch verändert werden mußte, wie es Rudolf Bultmann in seinem Johanneskommentar so gediegen herausarbeitet.
2. Die heidnischen Religionen und schon gar nicht die jüdische oder die islamische ermöglichen aus sich heraus das Heil des Menschen. Aber die Stellung dieser Religionen zur einzig wahren Religion ist verschieden, einerseits als Pädagoge hin zu Christus und andererseits als Antithese zur wahren Religion, als Wegführung von der Wahrheit.
Weitgehende Übereinstimmung. Ich fürchte aber, Ihnen ist im letzten 2. Punkt des "Zusatzes" unbeabsichtigt ein "nicht" unter den Tisch gefallen.
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