Donnerstag, 15. August 2019

Irrwege zur Heimat- Gedanken zu Mariä Himmelfahrt

"Auf Besuch sein ist schön,aber zu Hause ist es doch am besten", urteilt Konstantin Ljewin. (Tolstoi, Anna Karenina, 1.Teil, 26.Kapitel) Aber wo ist der Mensch Zuhause, wo ist seine Heimat?, das muß wohl gefragt werden angesichts des Hochfestes der Himmelfahrt Mariae. Eine weitverbreitete Antwort: in der Natur, wenn der Mensch natürlich lebt.Der Brauch der Segnung von Kräuter-büscheln an Maria Himmelfahrt verleitet dann ja auch manchen Prediger zur Ausmalung von Naturidyllen: die schöne und gute Natur, in der der Mensch so gut leben könnte. (Das Vorbereitungspapier zur Amazonassynode schwelgt geradezu in solchen Naturidyllenbildern.)
Aber ist dies Naturbild nicht das Produkt des apollinischen Blickes, durch den uns die Natur erst zur Idylle wird. (Vgl: Camille Paglia, Die Masken der Sexualiät) Eine einfache Szene aus dem Naturleben: Die Hauskatze Mizie erlebt einen Freudentag. Im häuslichen Garten hatte es ein Vogelnest entdeckt, voller kleiner Jungvögel. Welch eine Delikatesse! Sie schmauste und schmauste. Wäre sie religiös veranlagt, hätte sie sicher ihrem Schöpfergott ein Dankgebet dargebracht für dies Festmenü. Aber, welch ein Entsetzen für die Vogelmutter, wenn sie die Überreste ihrer Kleinen im eigenen Blut schwimmen sieht! Wenn ein Gott diese Welt geschaffen hat, dann muß das ein böser sein, daß er Raubtiere erschuf, die Vogelkinder zum Fressen gern haben.
Euphemistisch wird das die Nahrungskette genannt, daß die Großen die Kleinen und die Noch-größeren die Großen fressen. Paglia urteilt gar: "Der Judaismus, der Glaube, aus dem das Christentum entsprang, ist die machtvollste aller Protestbewegungen gegen die Natur." (Masken der Sexualität, 1992, S.20) Das irritiert. Aber dem liegt etwas feinsinnig Erkanntes zu Grunde, daß nämlich die Natur a) entgöttlicht wird durch die Aussage, daß Gott sie geschaffen hat, also sie nicht selbst göttlich ist und daß b) das ist hinzuzufügen, der Mensch durch Gott dazu berufen ist, sie sich zu unterwerfen, sie ist also sein Objekt seines Unterwerfungswillens und c) ist die Natur nicht mehr so, wie Gott sie ursprünglich wollte, denn ob des Sündenfalles des Menschen hat er sie selbst (und nicht nur die Schlange) verflucht: Sie steht unter dem Zorne Gottes.Der manifesteste Ausdruck davon ist, daß alles, was ist, der Vergänglichkeit unterworfen wurde durch Gott, daß alles Leben sterben muß.  
So urteilt deshalb der Apostelfürst Paulus über die Schöpfung, die Natur nach dem Sündenfall in Römer 8: 
20 Gewiss, die Schöpfung ist der Nichtigkeit unterworfen, nicht aus eigenem Willen, sondern durch den, der sie unterworfen hat, auf Hoffnung hin:21 Denn auch sie, die Schöpfung, soll von der Knechtschaft der Vergänglichkeit befreit werden zur Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes. 22 Denn wir wissen, dass die gesamte Schöpfung bis zum heutigen Tag seufzt und in Geburtswehen liegt.
Wie kann dann diese Natur, der Nichtigkeit unterworfen noch die gute schöne Natur sein, in der der Mensch so gern lebte, wäre er nicht ein Gefangener der modernen Technikzivilisation?Hölderlin bingt die romantische Utopie der Natur, pantheistisch verklärt, in seinem "Hyperion" zum Ausdruck:
"Es wird nur Eine Schönheit seyn; und Menschheit und Natur wird sich vereinen in Eine allumfassende Gottheit."  (1.Band 2.Buch, letzter Satz). Das Leiden des Einzelmenschen, sein Abgesondertsein vom anderen Mitmenschen und von der Natur, das Erleiden seiner Indiviualität, daß er als Ich allem anderen als Nichtich nur ein Gegenüber ist, aber nie eins werden kann mit den Anderen, das läßt die Vorstellung einer pantheistisch vorgestellten Natur, in der alle Vereinzelung aufgelöst wird, als Hoffnung erscheinen.(Ganz frei von solch pantheistischen Ent-indiviualisierungswünschen ist das Vorbereitungspapier der Amazonassynode nicht.)
Aber die Natur ist nicht selbst göttlich, noch kann der Mensch seine Heimat in ihr finden, denn sie ist für ihn das Andere, weil er  Seele und Geist ist, das der Natur Entgegengesetzte. Der Mensch vergeistigt die Natur in und durch die Kunst erst zur Naturschönheit (vgl Caspar David Friedrich), bzw. gestaltet sie zu etwas Schönem, etwa dem Park. Auch kultiviert sich der Mensch selbst: Er frißt und säuft nicht sondern ißt und trinkt, was aber nicht Rückfälle ins natürliche Verhalten des Fressens und Saufens ausschließt.
Wo, wenn eben nicht in der Natur ist der Mensch beheimatet? Eine große Versuchung droht ihm hier: Da Gott ihn aus dem Nichts geschaffen hat, als creatio ex nihilo, kann er auch zum Nihilisten werden, der in der Verneinung alles Lebens und Seienden seine Erlösung sucht. Der Feminismus mit seinem Nein zum Leben ist da heutzutage die wirkkräftigste Macht im Verbund mit der Homosexbewegung. Es sei auch an Cioran: Vom Nachteil, geboren zu sein erinnert.
Der Glaube der Kirche gibt uns nun eine ganz andere Antwort: Auf Erden, auch und gerade in der Natur leben wir fern der Heimat als verbannte Kinder Evas. Das Erdenleben ist unser Exilsleben, aber es ist uns auch die Hoffnung der Heimkehr gegeben, da wo unsere Mutter, Maria ihre Kinder schon erwartet. Nur, der Weg zur Heimat ist umgeben von Irrwegen, die uns wegführen von unserem Zuhause, daß wir auf Besuch auf Erden da etwas suchen, was es da für uns nicht geben kann.          
     

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