Dienstag, 20. August 2019

Neuevangelisation- glaubwürdige Verkündigung?

Ab und zu, randständig wird in der Katholischen Kirche im deutschen Sprachraum auch mal die Vokabel: "Neuevangelisation" in den Mund genommen, und diese Vokabel verbindet sich dann gern mit dem Qualitätskriterium, daß diese Verkündigung glaubwürdig zu gestalten sei. Sicher, einen Vorrang genießt der Kampf gegen den Zölibat, für das  Frauendiakonat als Vorstufe zur Einführung des Frauenpriestertumes und daß endlich die unzeitgemäße Sexualmorallehre der Kirche abzuschaffen sei. Zudem ist das Projekt einer Neuevangelisation auch nicht von großer Dringlichkeit, da die Kirchensteuereinnahmen selbst im Jahre 2018 gestiegen sind, denn das ist ja der wichtigste Indikator der Lebendigkeit des Glaubenslebens in der Kirche.
Trotz der so gesehen einsichtigen Randständigkeit des Vorhabens einer Neuevangelisation, sollen doch hier ein paar kritische Anmerkungen zum Begriff der glaubwürdigen Verkündigung /Neu-evangelisation getätigt werden.
Es soll einfach angefangen werden, kompliziert wird es dann im Fortlauf des Durchdenkens dieser Vorstellung von selbst: Ein Liebesfilm mit glücklichem Ausgang. Der Mann bekennt: Ich liebe Dich! und die so Angesprochene antwortet. Da steht also ein Schauspieler vor laufender Kamera und spricht diese Liebeserklärung. Er liebt die so angesprochene Schauspielerin (im Regelfalle) nicht, er schauspielert nur dies Bekenntnis, weil es im Drehbuch so geschrieben steht. Aber für den Zuschauer erscheint diese Liebeserklärung glaubwürdig. Warum? Weil der Schauspieler sie so gut darbringt, daß sie glaubwürdig erscheint den Zuschauern. Wie schafft er das?  Das ist eben eines der vielen Geheimnisse der Schauspielkunst.Auf die richtige Rhetorik kommt es dabei an. Unter Rhetorik muß dann aber die gesamte Sprachhandlung im Verbund mit der Körpersprache verstanden werden.
Eines ist aber unzweifelhaft: Jeder gute Schauspieler kann dies Liebesbekenntnis so sprechen, daß es für die Zuschauer glaubwürdig erscheint.
Es ist weder für die so Angespochene noch für einen eventuellen Zuhörer möglich, eine im realen Leben gesprochene Liebeserklärung so zu erkennen, daß geurteilt wird: Diese Aussage ist wahr. Sie kann nur als glaubwürdig angesehen und so für wahr gehalten werden. Etwas kann nur als für glaubwürig erachtet werden, wenn seine Wahrheit nicht erkennbar ist. So ist die Aussage, wenn A größer als B ist und C größer als A ist, wahr , daß C größer als B ist. Das ist keine glaubwürdige Aussage sondern eine wahre. Als wahr könnte eine Liebeserklärung aber nur vom Adressaten erkannt werden, könnte der Adressat in das Herz des Bekennenden schauen.
Also: Eine glaubwürdig erscheinende Aussage ist deshalb noch lange nicht eine wahre. Jeder Schauspieler in einem Liebesfilm beweist das mit dem Schlußbekenntnis: "Ich liebe Dich!" 
Ja, die Glaubwürdigkeit einer Aussage ist in der Regel eine Ergebnis der Rhetorik im Zusammenspiel mit der Körpersprache.
Was besagt das aber für die Vorstellung einer glaubwürdigen Verkündigung? Meist wird respondiert, daß es hier doch nicht um diese Rhetorik ginge, sondern um den Lebenswandel des Zeugnisgebenden. Ein praktisches Beispiel: Ein Arbeitskollege von mir, aktiver Zeuge Jehvas erklärte, daß es eine Sünde sei, seinen Geburtstag zu feiern. Deshalb gratulierte er nie seinen Arbeitskollegen zum Geburtstag noch nahm er Gratulationen zu dem seinigen an.  Also war sein Zeugnis glaubwürdig, weil hier seine Lebenspraxis im Einklang mit seiner Verkündigung sich befand?Aber wer glaubte denn ihm, daß  das Geburtstagsfeiern eine Sünde sei? Niemand!
Wenn ein Alkoholiker bezeugt, daß zu viel Alkoholtrinken die Gesundheit ruiniert, ist dann diese Aussage nicht mehr wahr, weil sie von einem Alkoholiker getätigt wird? Man kann zwar urteilen, daß der Sprecher so selbst nicht gemäß der von ihm erkannten Wahrheit lebt, aber dadurch wird diese Aussage nicht unwahr und schon gar nicht unglaubwürdig. Da zeigt sich nur die triviale Erkenntnis, daß Menschen, obgleich sie die Falschheit ihres Tuens erkannt haben, trotzdem das weiter praktizieren können: Wer kann denn von mir verlangen, immer das Richtige zu tuen? 
Was kann dann die geforderte Glaubwürdigkeit bedeuten, wenn sie in der christlichen Verkündigung etwas anderes sein soll als ein Effekt guter Rhetorik im Verbund mit der Körpersprache und mehr sein muß als das Phänomen, daß etwas Gesagtes, Gelehrtes und Bekanntes auch so, wie es ausgesagt wird,  gelebt wird.  Merksatz: Gelebte Irrtümer werden durch ihre Praktizierung nicht wahr!  
Damit eine Aussage als glaubwürdig gelten kann,muß sie eine mögliche Wahrheit aussagen. Sagte ich, daß ich gestern einen schwarzen Schimmel gesehen habe, so muß diese Aussage unwahr sein, denn einen schwarzen Schimmel kann es nicht geben. Sagte ich dagegen, daß ein Ferrarisportauto vor meiner Türe parkte, ist das ein mögliches Ereignis, aber ein unwahrscheinliches, da in Deutschland Ferrarisportwagen sehr selten gefahren werden. 
Eine religiöse  Aussagen kann so nur als glaubwürdig angesehen werden, wenn die Theologie die Möglichkeit des Ausgesagten verifizieren kann. Nur was möglich ist,kann sich auch ereignen und so als wahrhaft Geschehendes ausgesagt werden. Noch so viel Rhetorik mit noch so viel Körpersprache verbunden kann Unmögliches als glaubwürdig erscheinen lassen. Die Aussage, daß das geschehen sei, daß es also deshalb auch möglich sein müsse, hilft da nicht viel weiter, weil es den nicht unberechtigten Einwand evoziert, daß etwas Unmögliches sich nicht ereignen kann und so das Ausgesagte, das habe sich ereignet, als Falschaussage entlarvt. 
Die Theologie muß also den Möglichkeitssinn verstärken, was alles möglich ist,um dann die Glaubenswahrheiten als möglich wahr darzulegen. Das ermöglichte dann eine glaubwürdige Verkündigung, daß zumindest das Geglaubte und Verkündete etwas Mögliches ist. Das ist weniger als von einer glaubwürdigen Verkündigung sich erhofft wird, aber es ist doch auch mehr als nichts.  

Zusatz: 
Warum frug Maria, die zukünftige Mutter Gottes, als ihr der Engel ihre Mutterschaft verkündigte:"Wie soll das geschehen, da ich keinen Mann erkenne?" (Lk 1,34). Maria glaubt dem Engel nicht einfach sondern sie frägt nach der Möglichkeit des ihr Verkündeten. Und der Engel respondiert ihre Frage, indem er Gottes Allmacht als den Ermöglichungsgrund dieser Verheißung ihr benennt.    
     
 
 
     

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