Samstag, 24. August 2019

Ein paar Anmerkungen zum ideologischem Staatsapparat, dem öffentlich-rechtlichen Fersehen und den Talkshows

Am Anfang der kleinen Erwägung steht die Frage, wie die bei uns vorherrschende Ideologie vermittelt wird, sodaß sie als realer Machtfaktor des Zeitgeistes den öffentlichen Diskurs bestimmt. Die Talkshows scheinen dabei eine besondere Rolle zu spielen mit ihren inszenierten Dialogen zwischen Gästen, geleitet von einem Moderator. In diesem Fernsehformat finden natürlich keine Dialoge statt im platonischen Sinne, daß aus Rede und Gegenrede sich eine vertiefte Erkenntnis generiert.Die Kontrahenten reden widereinander, jeder verharrt bei seinen Positionen. Die Attraktivität entspringt allein der Meinungsverschiedenheit: Jeder meint zur behandelten Causa etwas anderes. Und es bleibt beim subjektivistischen Meinen.
Man möge sich dies mal vorstellen als Rechenunterricht: Die Lehrerin frägt, was 7 und 5 sei, und jeder Schüler äußerte dazu seine Meinung: 4, 10, 12, 75....Die Lehrerin resümiert dann: Schön, daß jeder sich so authentisch eingebracht hat mit seiner persönlichen Meinung. Was nun 7 plus 5 ergibt, das wüsse niemand so genau, aber jeder habe die persönliche Meinung der anderen dazu zu respektieren. Absurd? Ja, für den Rechenunterricht und die naturwissenschaftlichen Fächer- aber in den geisteswissenschaftlichen gilt dies als höchste Einsicht in die Unerkennbarkeit von allem Wesentlichen.
In den Talkshows wird also so diskutiert wie in den geisteswissensschaftlichen Fächern. Das Lernziel heißt, daß Niemand etwas Gewisses gewiß wissen kann, daß es nur beliebige Meinungen gibt.Diese Relativismus schließt nun jedes Insistieren auf: So ist es, das ist wahr! aus. Das Urteil, es gäbe erkennbare Wahrheiten, wird so perhorresziert als Fundamentalismus und Dogmatismus. Solche Überzeugungen können dann in der Talkshowkultur als zu Verurteilendes auftreten, über das man nur redet oder: Es wird  ein solcher nur dazu eingeladen, daß die anderen Diskutanten ihn und seine Position als völlig inakzeptabel bloßstellen.In dieser Dialogkultur soll also erlernt werden, was akzeptable Meinungen im Meinungspluralismus sind, und welche nicht öffentlich vertreten werden.
Eine Religionslehrerin frägt im Unterricht, was die Schüler den gern in ihrer Freizeit unternähmen, und was ihnen wichtig ist. In der Regel wissen Religionsunterrichtsschüler, was legitime Antworten auf diese Lehrerfrage sind. Etwa:für den Umweltschutz aktiv sein, den Vater fragen, ob sie ihren Familienurlaub nicht lieber mit der Bahn als dem Zuge antreten wollen, vielleicht auch, daß man mal unter einem Baume sitzend über den Sinn des Lebens nachdenkt...Beliebig vieles ließe sich nun noch hinzufügen. Gibt es auch unerlaubte Antworten? Natürlich! Nicht erlaubt ist auch im Religionsunterricht die Antwort,daß man gern zur hl. Messe ginge. Das ist zu fromm und evoziert den Verdacht, sich hier bei der Lehrerin ganz grobschlächtig einschmeicheln zu wollen. Auch ist die Antwort: auf Feten viel Alkohol trinken und mit Mädchen bzw Jungens flirten, unerlaubt.Wie haben die Schüler das so schnell erlernt, was hier eine erlaubte und was eine unerlaubte Antwort ist.
Für den öffentlichen Diskurs, wenn Menschen beieinander über etwas sich unterhalten, normiert gerade das Format der Talkshow, was eine erlaubte und was eine inakzeptable Meinung zu  etwas ist:
A) Die Frage, was ist wahr? wird dabei ersetzt durch die Frage: Was darf ich meinen im Vertrauen darauf, daß es als akzeptable Meinung toleriert oder gar gratifiziert wird, äußern? 
B) Die in den inszenierten Dialogen ausgeschlossenen und verurteilten Meinungen sind die, die Niemand auch im privaten Gespräch äußern darf, will er noch als Gsprächspartner akzeptiert werden: Wer so was Abwegiges vertritt,mit dem redet man nicht mehr. Gerade die Markierung des Nichterlaubten ist so die Kernaufgabe der Talkshowdialoge. 
Diese Funktion übernimmt das Format der Talkshow in den Medien als integraler Bestandteil des ideologischen Staatsapparates (Siehe dazu Louis Althusser: Ideologie und ideologische Staatsapparate)
Die öffentlich rechtlichen Medien aber auch die privaten nehmen diese Ideologiefunktion war, die der Unterscheidung von akzetabel und nichtakzeptabel im Verbund mit dem ideologischen Grundanliegen, das, was wahr ist,als grundsätzlich nicht erkennbar zu qualifizieren, sodaß es nur Meinungen über etwas geben kann.Das legitimiert die fast unbegrenzte Meinungsvielfalt, alles ist erlaubt, die aber immer auch das dann Unerlaubte aus dem öffentlichen Diskurs ausschließt.So darf etwa im synodalen Weg fast jede Reform der Kirche vorgeschlagen werden, aber nicht der Zusammenhang zwischen der Homosexualität und den Mißbräuchsfällen erwähnt werden, es darf über die Armut in Afrika alles gemeint werden, Beifall erhält jeder, der den Weißen Mann als Alleinschuldigen sieht, aber bestraft wird jeder, der einen Zusammenhang zwischen dem dortigen Bevölkerungswachstum und der dortigen Armut sieht.Als Fernsehgebildeter und Medienkonsument kann man so überall mitreden, weil man immer weiß, was akzeptabel und was nicht akzeptabel ist, was belohnt und was bestraft wird gerade in der Zivilgesellschaft, in der jede Meinungsäußerung den Vorgaben der inszenierten Fernsehdialoge  zu entsprechen hat. Die Talkshows geben nicht wieder, wie über eine Causa gedacht wird, sondern wie über sie zu denken ist, welche Meinungen dazu vertretbar sind, und was nicht mehr erlaubt ist. Da diese Inszenierungen sich gänzlich von der Wahrheit, wie ist es wirklich?, völlig emanzipiert haben, bestimmt allein die Medienmacht, was als Wirkliches zu gelten hat und was für Meinungen dazu verlautet werden dürfen. Der ehemalige Verfassungsschutzchef, in Unkenntnis dieser postmodernen Praxis, insistierte ja darauf, daß etwas, was nicht geschehen ist und nur von Medien als geschehen bezeichnet wurde, kein wirkliches Ereignis sei. Deshalb wurde er dann ja entlassen, denn was die Medien als wahr erscheinen lassen, nur das ist wirklich.
Das wird erkenntnistheoretisch legitimiert durch den Grundsatz, daß die Autorität allein bestimmt, was wirklich und wahr ist, denn die Wirklichkeit an sich ist nicht erkennbar. So lehrt es der philosophische Konstruktivismus, der dann aber das Soziale nicht hinreichend  genug als durch unterschiedich verteilte und ausgeübte Macht bestimmt sieht.  Autoritas, non veritas facit legem.  Diese Erkenntnis ist zu ergänzen durch die: Die Macht bestimmt, was im Diskurs als wahr und was somit als akzpetable Meinung vertreten werden darf. Wahr ist dann die Vielfalt der erlaubten Meinungen zu einer Causa, und nicht etwa, daß es eine Wahrheit gibt, die alle anderen Meinungen als Falschurteil diskriminiert.                        

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen