Ein Verdacht: Wenn in der Kirche von der Sünde des Menschen gelehrt und gepredigt wurde und noch wird, dann wird da der Archetypus des Hochmütigen entfaltet, dem Gott und seine Gebote eine Beschneidung seiner Freiheit sind, sodaß er als Freiheitsrebell gegen sie verstößt. Die Insubordination ist so der Akt des Sündigens, daß er mehr sein will, als ihm zukommt. Ja,Luther konnte einmal sagen, daß der Mensch nicht an Gott glauben kann, weil er selbst Gott sein wolle. Aber wie nun, wenn das nur eine mögliche Form des Sündigens erfaßt? Ergänzend könnte erwogen werden, ob in der heutigen Leistungsgesellschaft das Gefühl, nicht genug zu leisten, nicht genug leisten zu können, die Selbstwahrnehmung mehr prägt als daß sich Menschen als zur Hybris Neigende wahrnehmen.
In einer Zusammenfassung der diesbezüglich bedenkenswerten Sündenlehre Karl Barths (https://www.reformiert-info.de › Die_Lehre_von_der_Suende-212-0-56-3) liest sich das so:
Des Menschen Trägheit
"Der Unglaube, bzw. die Gottesvergessenheit, setzt aber noch eine zweite
Gestalt sündigen Verhaltens aus sich heraus. K. Barths hat diese andere
Gestalt in seiner Sündenlehre nachdrücklich in Erinnerung gebracht (vgl.
KD IV, 2, 452-545). Sie ist gleichsam die Kehrseite des Hochmuts,
nämlich des Menschen "Trägheit". Seine Selbstabgespaltenheit von Gott
treibt den Menschen nicht nur in einen Allmachts-, sondern ebenso in
einen Ohnmachtswahn. Ohnmachtswahn, das bedeutet: Der Mensch bleibt
hinter seinen Möglichkeiten zurück. Er bläht sich nicht nur auf, er
macht sich auch klein. In seinem Unglauben vergisst er, dass er von Gott
wunderbar gemacht ist (Psalm 139,14), dass er wenig niedriger gemacht
ist als Gott (Psalm 8,6). Er vergisst, dass er in Gott einen starken
Bundespartner hat, der ihm, dem Menschen viel zutraut. Er vergisst
schließlich, dass sein Bruder Jesus an seiner Stelle und ihm voran nicht
nur der Gekreuzigte, sondern auch der Auferweckte, der von Gott gegen
die Macht der Sünde ein für alle Mal aufgerichtete und erhöhte ist."
In der aktuellen Moraltheologiediskussion manifestiert sich diese Haltung in der These, daß die Kirche mit ihrer Morallehre auch die gläubigen Christen überfordere, daß so die Verbindlichkeit der Lehre in Frage zu stellen sei.Das individuelle Gewissen zeige dann dem Einzelnen an, inwieweit er die Lehre praktizieren könne und wo sie ihn wirklich überfordere, sodaß er sich von ihrer Verpflichtung für sich freisprechen könne. Ein Ehemann ist eben von der Ordnung der Ehe überfordert, wenn er seine Frau nicht mehr liebt, und mit ihr weiterhin ehelich zusammen zu leben habe, obzwar er eine andere Frau liebt.Läßt er dann seine nicht auflösbare Ehe durch ein weltliches Gericht scheiden, heiratet darauf die Frau, die er liebt, dann könne ihm die Kirche das nicht dauerhaft als Sünde anrechnen. So ist er dann trotz seines dauerhaften Lebens im Ehebruch zur hl. Kommunion wieder zulaßbar- so die Intention des jetzigen Papstes. Schon Dostojewskis Großinquisitor kritisiert so die Morallehre Jesu, daß es eben die wichtigste Aufgabe der Kirche sei, die von Jesu Überforderten eine für sie praktizierbare Moral zu lehren. Die Kirche habe eben die Lebensrealität als Norm der kirchlichen Morallehre zu bejahen, um so moralistischen Überforderungen zu vermeiden.
Der Christ ist eben, trotz seines Glaubens und des Empfanges der hl. Sakramente der alte Adam geblieben, der eben nicht nur ein Rebell wider Gottes Gebote ist sondern genau so einer, der diese als ihn Überforderndes ablehnt. Er fühlt sich für zu klein geraten für ein heiliges Leben. Er will als Christ so weiter weltlich leben.
In der aktuellen Debatte kapriziert sich diese Grundhaltung der Trägheit in dem Urteil, daß der Zölibat auf jedem Falle die Priester überfordere und so nur noch als freiwilliger geboten werden sollte. Der, der Priester werden möchte, gar meint, sich dazu berufen zu fühlen, aber ein zölibatäres Leben sich nicht zutraut, soll so auch ein Priester werden können. Dieser Tendenz korrespondiert so die Selbstwahrnehmung des Menschen in der Leistungsgesellschaft, daß er sich von ihn Überforderndes bedrängt sieht und so auch die Gebote Gottes und die Morallehre der Kirche als nicht lebbar verwirft.
Dem korrespondiert dann auch ein postmodernes Menschenbild, daß der Mensch selbst nicht Herr sei im eigenen Hause. Könnte Freuds Theorie des Unterbewußten auch noch aufklärerisch gelesen werden als Appell, hier diese Region des menschlichen Lebens zu erforschen, zu erhellen, damit das Ich die Estriebe und das im Unterbewußtsein Vitalem lerne zu beherrschen, so scheint sich in der Postmoderne das Bild des sich selbst nicht beherrschen könnenden Menschen durchzusetzen. Der Aufgeklärte bildet sich selbst nur ein, sein eigener Herr zu sein oder sein zu können.Und so müsse fast jede Morallehre scheitern, die an die Vernunft des Menschen glaubt, daß er fähig zu einem vernünftigen Handeln sei. Die Lebenswirklichkeit als neue Norm der kirchlichen Morallehre anzuerkennen, wie es so jetzt nicht nur Bischof Bode verlangt, setzt eben die Bejahung dieses Menschenbildes voraus. So kann eben der von Geburt an homosexuell Orientierte nicht anders als daß er seine "natürliche" Neigung lebt, denn Niemand sei ein Herr über seine ihn bestimmenden Leidenschaften, besonders der sexuellen. Das wußte eben Jesus Christus noch nicht und so müsse nun im Geiste des Goßinquisitors die Morallehre der Kirche der natürlichen Trägheit des Menschen und auch des Gläubigen angepaßt werden.
Dem korrespondiert dann auch ein postmodernes Menschenbild, daß der Mensch selbst nicht Herr sei im eigenen Hause. Könnte Freuds Theorie des Unterbewußten auch noch aufklärerisch gelesen werden als Appell, hier diese Region des menschlichen Lebens zu erforschen, zu erhellen, damit das Ich die Estriebe und das im Unterbewußtsein Vitalem lerne zu beherrschen, so scheint sich in der Postmoderne das Bild des sich selbst nicht beherrschen könnenden Menschen durchzusetzen. Der Aufgeklärte bildet sich selbst nur ein, sein eigener Herr zu sein oder sein zu können.Und so müsse fast jede Morallehre scheitern, die an die Vernunft des Menschen glaubt, daß er fähig zu einem vernünftigen Handeln sei. Die Lebenswirklichkeit als neue Norm der kirchlichen Morallehre anzuerkennen, wie es so jetzt nicht nur Bischof Bode verlangt, setzt eben die Bejahung dieses Menschenbildes voraus. So kann eben der von Geburt an homosexuell Orientierte nicht anders als daß er seine "natürliche" Neigung lebt, denn Niemand sei ein Herr über seine ihn bestimmenden Leidenschaften, besonders der sexuellen. Das wußte eben Jesus Christus noch nicht und so müsse nun im Geiste des Goßinquisitors die Morallehre der Kirche der natürlichen Trägheit des Menschen und auch des Gläubigen angepaßt werden.
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