Dienstag, 24. September 2019

Eine Falschübersetzung der hl. Schrift?

Eigentlich ist doch erwartbar, daß aus Respekt vor der hl. Schrift diese auch richtig übersetzt wird. Nun kann eingewandt werden, daß es bei Übersetzungen von einer in die andere Sprache differente Übersetzungsmöglickeiten geben kann, ja, es werden sich nicht zwei Übersetzungen etwa eines fremdsprachlichen Romanes in die deutsche Sprache finden, die 100 prozentig gleich ausfielen. Zur Veranschaulichung vergleiche man einmal die brillante Übersetzung von Arno Schmidt der Edgar Allen Poe Erzählung des Unterganges des Hauses Usher mit anderen im Buchhandel präsenten. Aber bei allen Differenzen, es sind nur sprachliche Ausdrucksdifferenzen.
Was erleben wir dagegen, wenn wir 2.Samuel 12,31 lesen? O, Graus!
Die Vulgataübersetzung Augustin Arndts (1903, Die heilige Schrift Alten und Neuen Testamtes, mit dem Urtexte der Vulgata) präsentiert uns eine angemessene Übersetzung:
"Die Bevölkerung derselben führte er [König David]   gleichfalls  herbei und ließ sie zersägen, mit Eisen beschlagenen Wagen über sie herabfahren, sie mit Messern zerhacken, und sie durch Ziegelöfen ziehen. So that er mit allen Städten Ammons; und David und das ganze Heer kehrten nach Jerusalem zurück." Hier wird ein Ausrottungskrieg geführt, in dem der König David auf grausamste Weise nun die Feinde Israels vernichtet. Die Bibel zeichnet sich eben oft durch einen erschreckenden, desillusionierenden Realismus aus. Denn nicht irgendein "Bösewicht", sondern der König David wütet hier so gegen die Feinde Israels.
Dem Kommentator war schon 1903 ein etwas Zuviel an Grausamkeit. So steht in der dazu gehörigen Fußnote: Nicht tat er so mit der Bevölkerung sondern: "Nur die Krieger, und diese wohl nicht einmal alle. David konnte, ohne ungerecht zu sein,dasselbe an seinen Feinden thun, was sie selbst gethan. 1.Kön 11,2. (Liest man nun die angegebene Stelle nach, 1.Samuel 11,2 also, findet man:"Aber Naas, der Ammoniter, antwortete ihnen: Unter der Bedingung will ich einen Bund mit euch machen, daß ich euch allen das rechte Auge aussteche,und euch zur Schande mache in ganz Israel." Das ist nun fürwahr auch eine Abscheulichkeit, aber wie viel grausamer verfährt David. Für die Behauptung, so habe David aber an den Kriegern gehandelt und dann auch nur an einigen von ihnen, für diese Behauptung gibt es im Text selbst und auch im Kontext keinerlei Legitimierung. Es wird einfach nur ausgesagt, weil der Text, so wie er da nun eindeutig steht, mit der Moral nicht vereinbar ist, mit unserer, und nur darum wird so "interpretiert". So unmoralisch könne der König David nicht gehandelt haben.
Nun lesen wir die Übersetzung der Einheitsübersetzung: "Auch ihre Einwohner führte er fort und stellte sie an die Steinsägen, an die eisernen Spitzhacken und an die eisernen Äxte und ließ sie in den Ziegelleien arbeiten." Hier zensiert die Moral den Text nicht einfach, er wird völlig umgeschrieben, damit das Tuen des Königs David moralisch erträglich dargestellt wird. J.Rothkranz (Die kommende >Diktatur der Humanität<, Band 3: Die vereinten Religionen der Welt im antichristlichen Weltstaat, S.166)verweist auf P.Eugen Henne als Urheber dieser "Neuübersetzung": "Zu dieser seiner völligabweichenden Übersetzung bemerkt Henne aber dann in der Fußnote folgendes: Die Übersetzung der Stelle in der obigen Form ist unsicher und würde im Vergleich zu den damaligen Kriegsbräuchen und Davids anderweitigem Vorgehen (vgl 8,1)eine verhältnismäßige große Milde bezeugen."Aber diese unsichere Übersetzung hat sich durchgesetzt!

Warum?Hier bedarf es keiner Verschwörungstheorien, weil die Sache klar ist. Soetwas dürfte wohl in einem Marquise de Sade Roman unanstößig so übersetzt werden, aber zeitgenössischen Bibellesern ist das nicht mehr zumutbar. So wie die Blutwurst nicht mehr Blutwurst heißen darf, sondern Rot- oder Fleischwurst, wie der Negerkuß nicht mehr Negerkuß heißen darf, so muß auch hier auf das verzärtelte Nervenkostüm der heutigen Leserschaft Rücksicht genommen werden. Die hl.Schrift muß eben konsumentenfreundlich  oder gar verfälschend übersetzt werden, wie es Papst Franziskus ja auch mit der Vaterunser Bitte: "Und führe uns nicht in Versuchung" praktiziert. 

Seltsam aber, daß das, was eine konsumentenfreundliche "Übersetzung" hier wegzensiert, in den massenhaft produzierten und auch gelesenen Horrorromanen, und nicht nur bei Marquise de Sade sehr lebendig ist.  
        

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