Donnerstag, 17. Oktober 2019

Mutter Erde: Einstieg in eine Verheidnisierung der Katholischen Kirche?

"Unsere Mutter Erde“ heißt der Titel des neuen Buches von Papst Franziskus, das am kommenden 24. Oktober kurz vor Ende der Amazonassynode in Italien und Frankreich in den Buchhandel kommen wird." Kath info meldet das am 16.10.2019. Auch wenn dieses neue Papstbuch noch nicht erschienen ist, so darf doch schon etwas spekuliert werden, indem die Vorstellung der  "Mutter Erde" als der unsrigen hier betrachtet werden soll.
Soll diese Vorstellung begriffen werden, ist wohl eine  Zeitreise in die Vergangenheit, als unsere Vorfahren noch Jäger und Sammler waren, also vor unserer Seßhaftwerdung, von Nöten. Als Jäger und Sammler war der Zusammenhang zwischen dem Geschlechtsverkehr und der Schwangerschaft der Frauen noch nicht bekannt und so wußte man auch noch nichts vom Säen, damit dann geerntet werden konnte. Wie die Frau quasi göttlich die Nachkommen hervorbrachte, so brachte die Erde das Leben hervor: Es kroch aus ihrem fruchtbaren Schoß. Wie eine Frau gebar die Erde das Leben. Deshalb hieß sie "unsere Mutter Erde".Es ist zu vermuten, daß deshalb auch weibliche Gottheitheiten in den Religionen dieser Zeit die vorherrschenden waren.
In der Zeit der Seßhaftwerdung erkannte der Mensch dann den Zusammenhang vom Säen und Ernten, zumal er anfing, Tiere zu züchten: Nun wurde die Frau, wie auch die Erde als ein Behältnis gedacht, indem der Same eingepflanzt wird und ausgewachsen dann wieder sein Behältnis verläßt.Diese Neuerkenntnis beendete nun die Vorstellung von der "Mutter Erde", denn nun brachte sie ja nicht mehr das Leben hervor sondern wurde vorgestellt als Gefäß für den Samen, der sich dann in ihr entwickelt, bis er sein Gefäß verläßt, geboren wird, bis er zu sprießen anfängt.
Warum will nun die Theologie oder Kirche an diese mythologische Vorstellung der Jäger-und Sammlerzeit wieder anknüpfen? Die christliche Religion ist ja erstmal eine Entmythologisierung der Vorstellung von der Erde als "unserer Mutter", indem die Theologie die Schöpfung als das Werk Gottes distinkt von dem Schöpfergott unterscheidet. Die christlliche Religion säkularisiert die Welt, indem sie Gott als außerhalb der Schöpfung als ihren Kreator begreift. (So verkürzt der evangelische Theologe Friedrich Gogarten.)  Daraus resultiert dann auch die exzeptionelle Stellung des Menschen der Natur gegenüber. Als Ebenbild des Schöpfers steht er der Natur gegenüber,um sie so zu gestalten, ja sie sich ihm zu unterwerfen. Genau diese Stellung des Menschen in der christlichen Religion ließ dann die abendländische Kultur mit dem sie auszeichnenden Willen zur Naturbeherrschung entstehen. Aber gerade diese Technikkultur steht nun unter der Anklage, für die Naturzerstörung verantwortlich zu sein. Der Mensch müsse sich also neu verstehen als Eingebundener in der Natur.

Carl Amery vertritt in seinem 1972 erstmals erschienenen Werk »Das Ende der Vorsehung« die These: »Wir, das heißt die Christen, haben dengegenwärtigen Krisenzustand der Welt verursacht - zumindest an führenderStelle mitverursacht.« Christen werden als »Fachleute für die Ausbeutung der Welt«eingestuft. Es ist Amerys erklärte Absicht,diesen Befund als Folge der Nachwirkung der »Verinnerlichung einiger Leitvorstellungen der judäisch-christlichen Tradition« auszuweisen. Präzisierend stellt er in seinem 1985 veröffentlichten Nachwort klar, er habe »keinerlei Bibel-Exegese beabsichtigt« ; es sei ihm ausschließlich oder doch in erster Linie um die Wirkungs- und Erfolgsgeschichte des Christentums im Blick auf die Umweltkrise gegangen. Diese Versicherung ist einigermaßen erstaunlich angesichts der von Amery gemachtenAussagen zu biblischen Texten. Seine Deutung der atl. Schöpfungsberichte und der nachfolgenden Kapitel des Buches >Genesis< liest sich jedenfalls wie eine generelle Anweisung, ja Anstiftung zur systematischen Naturbeherrschung und -ausbeutung.  (zitiert nach:

Pointiert formuliert: Die christliche Religion steht mit ihrem Glauben an einen Schöpfergott, der den Menschen als Beherrscher der Natur eingesetzt hat, auf der Anklagebank.Als Gegenmodell werden dann eben pantheistische Konzept präfiguriert, in denen der Mensch als Teil der quasi göttlichen Natur gedeutet wird, der so ihr Hüter und Bewahrer sein soll, der eben im Einklang mit der Natur zu leben habe und nicht als ihr Gegenüber als Ebenbild des extramundalen Schöpfergottes. Eine neue neoheidnische Religion der "Mutter Erde" soll so konzipiert werden, da diese für die jetzigen Herausforderungen der ökologischen Krise sinnvoller sei als die zur Naturbeherrschung tendierende christliche Religion mit ihrem Glauben an einen Schöpfergott, statt daß an die "Göttlichkeit" der Natur geglaubt wird, die aus sich heraus autopoietisch das Leben hervorbringt.   
Soll nun die Amazonassynode eine Umformung der christlichen Religion in eine irgendwie geartete neue Naturreligion einleiten mit dem Herzstück des Glaubens an die "Mutter Erde" als der Quelle alles Lebens? Das mag auf den ersten Blick als maßlos überzogene Befürchtung angesehen werden, aber wer sagt, daß das nicht das Fernziel der Modernisierer ist, eben eine zeitgemäße Religion zu konzipieren, da die christliche als nicht mehr zeitgemäß erscheint?   

Daß im Zentrum der Amazonassynode der Kampf gegen das Priestertum steht, daß aus katholischen Priestern protestantische Pfarrer werden sollen, ist sicher unverkennbar, aber das darf nicht dazu führen, den anderen Angriff auf die christliche Religion zu übersehen, den Willen zur Verheidnisierung der Kirche, die als Verindianisierung verkauft werden soll.  

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