Dienstag, 8. Oktober 2019

Zum Menschen:Freiheit und Glaube.....Irritierendes

"Macht die Wahrheit frei oder die Freiheit wahr?" frägt der Theologe Karl -Heinz Menke, Magnus Striet respondiert dieser Anfrage an seine Theologie mit seinem Buch: "Ernstfall Freiheit". Bevor ich auf diese Kontroverse eingehen werde, erlaube ich mir, Vorfragen zu dieser Doppelfrage zu stellen, weil leider zu oft auch in dem theologischen Diskurs die einfachen Elemenatria der Freiheitsthematik nicht geklärt werden, der Diskurs verbleibt im: Ungefähr wüsse man doch,was Freiheit sei.
Freiheit und Wahrheit- zwei sehr gehaltvolle Begriffe, wobei zumindest der philosophisch oder theologisch Gebildete  vielerlei spontan assoziiert, isb dann auch die Zentralfrage der Reformation nach Luther, die Frage nach dem freien Willen.
Zu unterscheiden ist zuvörderst zwischen der Willens- und der Handlungsfreiheit: Will ich das, was ich will, freiwillig? von der Frage: Kann ich das, was ich will, auch tuen?  Die Freiheit des Willens ist die Fähigkeit, zu jeder indikativischen Aussage: Das wollte ich! die konjunktivische zu setzen: Das hätte ich auch nicht wollen können! Die Freiheit des Willens ist so durch den Raum der Sprache gegeben, denn in ihr gibt es nicht nur indikativische sondern auch konjunktivische Aussagen. Da die Freiheit des Willens uns immer nur als das Bewußtsein von unserer Freiheit ist, ist der Konjunktiv das Bewußtsein unserer Freiheit. 
Die Handlungsfreiheit setzt nicht diese Freiheit des Willens voraus, sondern frägt nur danach, ob das von mir Gewollte ich auch verwirklichen kann. So könnte von einem Suchtkranken geurteilt werden, daß die Sucht ihn so sehr beherrscht, daß er gezwungenermaßen eine Droge konsumieren will, daß er so über keine Willensfreiheit mehr verfügt, daß er aber über die Handlungsfreiheit verfügt, den  Willen,Drogen zu konsumieren, zu verwirklichen. So wäre er einerseits unfrei und andererseits frei. Frei etwas wollen zu können, aber es nicht realisieren zu können, ist dem gegenüber eine weit häufiger vorkommende  Realität, etwa, daß ich mir etwas kaufen möchte, es aber nicht kann, weil mein Portemonnaie es nicht zuläßt. 
Dies kann als anthropologische Wahrheit des Menschen bezeichnet werden. Nur eine Kaprizierung auf das indikativische Denken und dem Vergessen des Konjunktives kann dies Freiheitsbewußtsein zum Verlöschen bringen. Es sei daran erinnert, daß der Mensch nicht einfach unmittelbar in der Welt lebt sondern daß seine Lebenswelt immer schon eine durch sein Denken vermitteltes sein in der Welt ist, ja, daß ihm die  Welt erst zu seiner Lebenswelt durch die  Sprache wird, durch die er seine Individuuaität  mit der Wirklichkeit vermittelt.
Aber in welcher Relation soll  nun diese Willens- und Handlungsfreiheit zur Wahrheit sich befinden?  Der schwierigste Begriff ist nun der Wahrheit, auch wenn es naheliegt, daß im theologischen Diskurs die Wahrheit gleichgesetzt wird mit Gott, bzw. Jesus Christus oder auch dem Glauben der Kirche.  
Zu unterscheiden wäre dann die Frage: Macht Gott als die Wahrheit uns Menschen frei oder der Glaube an Gott als die Wahrheit? Gehört die menschliche Freiheit zur Schöpfungsordnung Gottes oder ist sie ein Produkt der Erlösungsordnung, daß der Mensch erst durch das Erlösungswerk Jesu Christi befreit wird, wenn er dies gläubig für sich aneignet. Nun ist es offensichtlich, daß jeder Mensch über eine Handlungsfreiheit verfügt, die aber von Mensch zu Mensch sehr verschieden groß ausfällt. Nur für Gott gilt, daß alles, was er will, er realisieren kann und daß er auch das, was er  nicht will, realisieren könnte.  Die menschliche Handlungsfreiheit ist so immer limitiert, weil der Mensch nicht allmächtig ist. Die Handlungsfreiheit ist so eine Frage meiner Macht: Wie mächtig ist der Mensch und wie unterschiedlich mächtig sind Menschen. So erfaßt Marquis de Sade die Handlungsfreiheit des Menschen adäquat, wenn er in seinen Romanen Gewaltherrscher als die wahrhaft freien Menschen schildert, weil sie(fast)alles realisieren können, was sie wollen, während der Sklave dazu den Gegenpol bildet, der unfrei ist, weil er fast nichts von dem, was er will, umsetzen kann. Aber das hat mit der Wahrheit überhaupt nichts zu tuen, wenn man die Erkenntnis der Wahrheit, oder den Glauben an die Wahrheit meint. Wenn nun aber auf Gott als den Schöpfer rekuriert wird, dann ist genau diese Freiheit die, mit der Gott den Menschen ausstattete als die Wahrheit.  
Anders sähe es auf, wenn die Frage der Handlungsfreiheit auf den postlapsarischen Menschen konzentriert würde: Besitzt der von der Erbsünde bestimmte Mensch die Handlungsfreiheit zu sündigen oder nicht zu sündigen? Nur, wenn diese Freiheit bestritten wird, ergibt die Aussage, daß durch den Glauben an Jesus Christus, die  offenbarte Wahrheit der Mensch wieder befreit wird zur Möglichkeit, nicht mehr zu sündigen, weil er nicht mehr sündigen muß. Das würde dann auch von der Willensfreiheit gelten, daß dann erst durch den Glauben an die Wahrheit der Wille des postlapsarischen Menschen zur Freiheit, nicht mehr sündigen  zu wollen, befreit wird. Daraus ergäbe sich dann ein Sinn für die Aussage,daß erst die Wahrheit, als erkannte und geglaubte den Menschen zur Freiheit befreie.
Was soll aber gedacht werden, daß erst die Freiheit, die des Wollens und der Handlungsfreiheit den Menschen wahr macht? Einsichtig ist die These, daß nur die Willensfreiheit das Wollen und das Tuen und Unterlassen des Menschen zu moralisch Qualifizierbarem macht. Wäre der Wille des Menschen determiniert,könnte der Mensch nicht in einem moralischen Sinne als Verantwortlicher für sein Wollen und Tuen beurteilt werden. So wäre er weder straf- noch lohnwürdig.  Es könnte so nur geurteilt werden, daß der Mensch wahrhaftig nur will und handelt, wenn er freiwillig handelt. Die Wahrheit des Menschen wäre so sein freies Wollen, etwas zu wollen, von dém  er aussagen kann, daß er das Gewollte auch nicht hätte wollen können.Die Willensfreiheit verhält sich zu den Grundordnungen  der  theoretischen Vernunft: Was ist wahr? der praktischen Vernunft: Was soll sein? und derästhetischen: Was ist das Schöne bzw. Erhabene? völlig indiffferent. Der freie Wille kann ja das Wahre wie das Unwahre, das Gute wie das Böse,das Schöne wie das Häßliche wollen,das ist seine wirkliche Freiheit. Dieser Tiefe hat der Radicalaufklärer Marquise de Sade grundlegend durchdacht und das qualifiziert ihn wirklich zu dem Freiheitsdenker schlechthin. Und durch seine Einsicht, daß es keine Handlungsfreiheit ohne Macht gibt, weist er den engen Zusammenhang von der Freiheit und der Macht auf.
Nach Kant hebt erst die praktische Vernunft diese Freiheit auf, indem sie in der Erkenntnis des kategorischen Imperatives den Willen die Möglichkeit zum heiligen Willen aufzeigt, aber der freie Wille des Menschen kann Nein sagen dazu, heiliger Wille werden zu wollen.Die Gebote Gottes sagen nun dem Willen, was und wie er zu wollen hat. Das ist rein formal gesehen eine Limitierung der Willensfreiheit, oder mit N. Luhmann gesagt eine Möglichkeit der Kontingenzbewältigung: So vieles könnte ich wollen, wie finde ich zu einer Entscheidung, was ich wollen will? Aber bloß weil etwas frei gewollt wird, ist das Gewollte ja noch nicht etwas Wahres, denn auch das Böse, das gewollt wird, ist ja nur etwas Böses, wenn und weil es freiwillig gewollt wird. Es könnte dann nur gesagt werden, daß erst durch die Freiwilligkeit das Wollen und Tuen des Menschen zu einem wahrhaft menschlichem Wollen wird. Er kann sich zum Heiligen oder zum Massenmörder entwerfen, beides sind wahrhaft menschliche Selbstbestimmungen, nur daß das Gesetz Gottes die eine Selbstbesimmung als gut und die andere als böse be- und verurteilt als menschliche Möglichkeiten des Menschen.  

Verdankt sich das Freiheitsbewußsein dem Imperativ (Kant): Der Imperativ: Du sollst! sagt mir erst, daß ich das Gesollte freiwillig kann, wenn ich respondieren kann: Ich kann das Gesollte wollen, ich könnte es aber auch nicht können wollen. Denn sonst funktinierte ich nur auf einen Eingabebefehl hin. Die menschliche Freiheit ist also im konjunktivischen Denken.  

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