Sonntag, 19. Januar 2020

Der vergessene Lehrer Jesus Christus- oder warum sind wir Jünger?

Warum lesen wir in deutschen Übersetzungen des Neuen Testamentes stets von "Jüngern" Jesu, wenn doch der griechische Urtext wie auch die Vulgata die Überstzung mit "Schüler" viel näher legt? Daß Jesus selbst als Lehrer bezeichnet wird und daß er als solcher angesehen wird, kann auch nicht überlesen werden. Jesus lehrte. Sein Verhältnis zu seinen "Jüngern" war ein Lehrer-Schüler-Verhältnis. So stellt ein Lehrer Lehrerfragen, also er prüft damit, ob die Schüler das wissen, was sie zu wissen haben. Ein Lehrer frägt nicht: "Wann begann der 30 Jährige Krieg?, weil er das nicht wüßte, sondern er prüft so, ob seine Schüler in den Geschichtslehrstunden aufgepaßt haben. So frägt auch der Lehrer Jesus nie etwas, weil er etwas nicht wüßte. 
Stattdessen belehrt er sie. So heißt es bei Markus: Et docebat eos in parabolis multa, et dicebat illis in doctrina sua (4,2)= Und er lehrte sie vieles in Gleichnissen, und sprach zu ihnen in seiner Lehre. Da lehrte Jesus also eine doctrina
Für Luther ist der Fiduzialglaube das allein Seligmachende. Zu solch einem Vertrauensglauben paßt nun das Lehren Jesu Christi nicht so recht. Lehren werden als wahr erkannt und so bejaht, würde man nur auf sie vertrauen, hieße das, das man nicht sicher ist, ob die Lehre wahr ist, aber man setzt seine Hoffnung darauf, daß sie wahr ist. Für den Protestantismus wie für die nachkonziliare Theologie gilt nun, daß die Lehre Jesu, sowohl das, was er lehrte und was die Kirche dann über ihn lehrte (die Christologie) als Ansammlung von Satzwahrheiten abqualifiziert wird, um stattdessen ein persönliches Vertrauensverhältnis zur Person Jesu als das Eigentliche des christlichen Glaubens herauszuschälen. 
So  gehört es heute zum guten Ton, das sogenannte instruktionstheoretische Offenbarungsverständnis abzulehnen, daß uns durch Gott Wahrheiten offenbart wurden, die in Aussagesätzen ausformulierbar sind, bis hin zur Entwickelung zu Dogmen, um stattdessen die Offenbarung als ein Inbeziehungsetzen Gottes mit uns Menschen zu deuten. Genaugenommen offenbart Gott nur sich als den uns Liebenden. Da ist dann kein Platz mehr für ein Lehren oder gar für eine Doktrin. Zu so einem Verständnis paßt dann der Jüngerbegriff. 
Luther hat dazu mit seinem Fiduzialglauben das Fundament gelegt, aber so gerade Jesus als den göttlichen Lehrer entwertet. Dabei wird dann aber auch ausgeblendet, daß schon Jesus Christus ein Aussagesatz ist, nämlich, daß Jesus der Christus ist und daß der christliche Glaube auf dies Fundament auferbaut ist, daß diese Aussage wahr ist. Im Glauben an Jesus verhalten wir uns nicht einfach zu einer Person vertrauend, sondern wir glauben, daß er der Messias, der Christus, der Sohn Gottes ist.   

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