Freitag, 31. Januar 2020

Was macht christliche Musik zu christlicher? Ein Fragment

Was macht eigentlich christliche Musik zu einer christlichen Musik?  Anlaß für diese mich schon des längeren umtreibende Frage ist, daß ich mir gestern Abend Konzerte von "Veronika Lohmer plus Band" angehört habe, Lobpreismusik. Unbestreitbar: die gute musikalische Qualität, gesanglich über-
zeugend und sehr gut auf der Bühne glänzend inszeniert (Augsburger-Mehr-Veranstaltung).Aber es stellt sich mir die Frage: Ist das auch christliche Musik? Von den Texten her wäre die Frage eindeutig mit Ja zu respondieren.
Wenn ich aber die Gestimmtheit dieser Musik in ein Evangelium zu versprachlichen hätte,käme eines ohne das Kreuz Christi heraus, so als wenn Jesus nachdem er seine Botschaft ausreichend verkündet und seine Kirche gegründet gen Himmel aufgefahren wäre, zurück zum Vater. Es fehlt in dieser Musik das, was Mel Gibson in seinem Passionsfilm so genial in den Vordergrund stellt, daß wir durch das Leiden Jesu Christi erlöst wurden, daß er eben nicht einfach in die Welt kam, um zu proklamieren, daß Gott uns alle lieb hat und dann wieder zu gehen.
Das Kreuz Christi müßte also in der Musik, nicht einfach nur als Textaussage präsent sein.Es müßte etwas von der Heiligkeit Gottes erspürbar sein... Wie das aber nun musikalisch ausdrücken? Ich meine zumindest, daß die Musik nicht so harmonisch lieblich daherkommen dürfte. Die Musik müßte gewaltig sein, aber auch Härte aufzeigen. Auch wenn das nun zuvörderst sehr befremdlich klingen mag, wenn man Gott im Sinne von Rudolf Otto als Einheit von tremendum und fascinosum denkt, dann ist dies Begegnungsgeschehen auf einem Friedhof, das die Musikgruppe Black Sabbat: Black Sabbat musikalisch gestaltet ein religiöses Ereignis (nicht spezifisch christlich), aber doch religiös im Sinne Ottos.
Die heutige "christliche Musik", gerade die Lobpreismusik ist mir eine zusehr ohne das Kreuz und das gibt ihr so einen faden süßlichen Beigeschmack. In Orchestermessen gibt es diese Zuckerwattensüßlichkeit nicht ob der gewaltigen Instrumentenstimmen (gewaltig-Gewalt-Kreuz).Sicher gehört das Harmonische und Schöne als Vorgriff auf das Reich Gottes mit in die christliche Musik, aber es müßte doch auch das Noch-Nicht der Erlösung miterklingen.

Was macht religiös christliche Musik zu religiös christlichen?Die vulgäre Meinung: Der religiöse Text. Also, wenn gesungen wird,Gott liebt Dich!, dann könnte dazu eine Marschmusik, ein Schlager oder was auch immer gespielt werden, der Satz: Gott liebt Dich! könnte völlig beliebig gesungen werden,allein durch diese Aussage konstituierte sich das Musikstück als religiös-christlich.Nur, kann denn das Musikalische (Instrumente und Gesang) völlig gleichgültig sein für die christliche MUSIK, weil es allein auf die Textaussage ankäme? Dann wäre ja die Musik nur ein Transportmittel zur Vermittelung eines christlichen Gehaltes, sodaß der Hörer dann den Text, die Textaussage aus der Musik herausholen müßte, um den Gehalt des Musikstückes wahrzunehmen. Das ist nun wirklich eine absurde Vorstellung.

Der Musiker und sein Verhältnis zum Kunstwerk- hat das auch eine Bedeutung für die christliche Musik?
Meine Frage lautet: Ändert sich die Musik dadurch, daß die Musizierenden selbst zum Bestandteil des Musikwerkes werden?Einfach könnte man sich dies so vorstellen: Die Musizierenden- das Musikwerk -und die Hörer. Das Musikwerk wäre dann das Kunstwerk( das auch aufgenommen werden kann auf LP oder CD) und dann immer wieder anhörbar ist. Die Musiker verschwinden dabei ganz, es bleibt nur das Werk- so wie ein Gemälde bleibt, präsentisch ist, auch wenn der Maler schon längst verstorben ist. Das Werk ist eigentlich unabhängig vom Künstler, er ist nicht selbst ein Element des Werkes.
Ganz anders beim Schauspiel: hier gehört der Schauspieler konstitutiv zum Werk dazu- ohne ihn kann es kein Schauspiel geben, während ein Musikwerk wie ein Kunstbild dann auch ohne den Künstler präsent sein kann.

Nun wird Musik auch live gespielt.
1. Möglichkeit: Die Musiker spielen, verstehen sich selbst aber nicht als Teil des Kunstproduktes, sie bringen es nur hervor.
2. Möglichkeit: DerMusiker versteht sich als Teil des Kunstwerkes- er tritt auf einer Bühne auf auf der er sich selbst als Teil des Kunstwerkes versteht. Der Anfang dafür ist die "Bühnenshow".Anspruchsvoller, wenn die Musik auf der Bühne inszeniert wird- sodaß sie wie eine Oper aufgeführt wird, daß die Sänger auch als Schauspieler fungieren in einem Bühnenbild.
Nun dient das Licht etwa nicht einfach nur dazu, daß der Künstler die Noten sehen kann, das Licht soll jetzt gemäß der Gestimmtheit der Musik sein, die Musik also in Licht umsetzen. Der Musiker bewegt ich auf der Bühne zur oder besser in der Musik; selbst die Kleidung hat nun zur Musik zu passen, wie bei Schauspielern das Kostüm.


Ist es dann nicht so, daß dadurch die Musik sich ändert, weil nun die Musiker selbst zum Teil des Kunstwerkes werden? In Miniatur kann das an Musikvideos erlebt werden, die so doch auch die Musik ändern, weil sie nun verbildert wird. So wird anschaubar, was einst nur hörbar war. Nirvana - Smells Like Teen Spirit ist m.E. eines der gelungensten Musikvideos- weil es hier gelang, die Musik in athmosphärische Bilder umzusetzen, daß das Auge nun sieht, was das Ohr hört. Man könnte meinen, daß so sich die Musik einer Operninszenierung annähert, weil nun die Musiker auch als "Schauspieler" auf eine Bühne auftreten, die selbst wieder künstlerisch gestaltet ist.
Es hat etwas Erschreckendes an sich, daß über etwas so Schönes wie die Musik so wenig nachgedacht wird. Dies wäre auch eine theologische Aufgabe!
 

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